Ausgabe

Gedenkstätte zur Erinnerung an eine vernichtete Gemeinde

Ilan BERESIN

Eröffnung in Mattersburg

 

Inhalt

Michael Feyers Initiative ist es zu verdanken, dass am 5. November 2017 in Mattersburg eine Gedenkstätte zur Erinnerung an die vernichtete jüdische Gemeinde eröffnet wurde. Seine positiven Erfahrungen mit dem Denkmal in einer der anderen Schewa Kehilot, der Sieben Heiligen Gemeinden des Burgenlands, Deutschkreutz, hatten ihn ermutigt, die Stadtverantwortlichen um ihre Unterstützung zu fragen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch der Pogromnacht vom 9. November 1938 gedacht.

Die viel zu früh verstorbene Gertraud Tometich war es, die mit ihren jahrelangen intensiven Recherchen und Bemühungen um die Erinnerung an die Mattersburger Juden den Weg bereitet hatte, um eine solche Gedenkstätte Wirklichkeit werden zu lassen. Der Verein wir erinnern - Begegnung  mit  dem jüdischen Mattersburg, dessen Obmann Michael Feyer ist, wird von engagierten Mitgliedern weiter getragen und hat nun zum Gelingen der neuen Initiative beigetragen. Der Mattersburger Bürgermeisterin und dem Amtsleiter der Gemeinde Mattersburg ist es zu verdanken, dass das Kunstwerk schliesslich im Zentrum der Stadt, an der Stelle der ehemaligen Synagoge, errichtet werden konnte.

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Die neue Gedenkstätte in Mattersburg. Foto: Peter Diem, mit freundlicher Genehmigung.

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Bürgermeisterin Ingrid Salamon mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Landeshauptmann Hans Niessl und Ehrengästen. Foto: Stadtgemeinde Mattersburg, mit freundlicher Genehmigung.

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KR Michael Feyer und Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Steinniederlegung. Mit freundlicher Genehmigung: Stadtgemeinde Mattersburg.

 

Die drei Stelen der Gedenkstätte beziehen sich auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Vergangene ist die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mattersdorf/Mattersburg, während die Gegenwart die Erinnerung an die Vergangenheit aufrechterhält. Die Zukunft mahnt, dass das Böse triumphieren kann, wenn die Mehrheit schweigt. Der symbolische Torbogen ist eng und niedrig, um beim Durchschreiten ein Gefühl von Beklemmung beim Verlassen des Heims und die beginnende Shoah zu vermitteln. Die Sitzbänke sollen zum Innehalten und Verweilen einladen. Die Vergänglichkeit wird durch das verwendete Material, gerosteter Stahl, angedeutet. 

An der Eröffnungsfeier, bei der zahlreiche Gäste anwesend waren, nahmen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Oskar Deutsch, Talya Lador-Fresher, Botschafterin des Staates Israel, Gert Tschögl, Historiker der burgenländischen Forschungsgesellschaft und der Enkel des letzten Rabbiners von Mattersburg, Oberrabbiner Isaac Ehrenfeld teil. Durch die Veranstaltung führte Michael Feyer, Initiator der Gedenkstätte.

Im Rahmen seiner Ansprache betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Wichtigkeit des Erinnerns: „Ich bin überzeugt, dass der Blick zurück uns hilft, den einzig richtigen Weg in die Zukunft zu gehen – nämlich für eine Kultur des friedlichen, respektvollen Miteinanders, das auch zu leben, für die Freiheit und die Einhaltung der Menschenrechte, der Bürgerrechte, der Minderheitenrechte einzutreten. Das ist nicht nur die Zukunft Österreichs. Darin sehe ich auch die Zukunft Europas, jedenfalls jenes Europas, das sich Europäische Union nennt.“ Landeshauptmann Hans Niessl erklärte, dass die Erinnerung die Voraussetzung dafür sei, dass man wachsam bleibe, denn wer die Vergangenheit nicht sehe, bleibe auch blind für die Zukunft. Die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon fasste das Anliegen der Stadt zusammen: „In der Gegenwart, bedeutet das Mahnmal, die Erinnerung an Vergangenes aufrechterhalten. In der Vergangenheit verweist es auf die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Mattersdorf. Für die Zukunft muss immer darauf hingewiesen werden, dass das Böse triumphieren kann, wenn die Mehrheit schweigt.“

In seiner Rede bedankte sich Michael Feyer bei der Stadtgemeinde Mattersburg, dem Land Burgenland, beim Nationalfonds und beim Zukunftsfonds der Republik Österreich für die Förderung. Ohne diese finanzielle Unterstützung wäre eine Umsetzung nicht möglich gewesen. Etwas mehr als die Hälfte der Kosten wurde von der Stadtgemeinde Mattersburg getragen. Die Israelitische Kultusgemeinde, die im Besitz des Grundstücks ist, hat dieses für die Gedenkstätte zur Verfügung gestellt. 

Als musikalische Untermalung spielten Aliosha Biz, Geige, und Sasha Danilov, Klarinette. Der Oberkantor des Wiener Stadttempels, Shmuel Barzilai, sang das Totengebet El Maleh Rachamim.

Vor den mehreren hundert Festgästen erinnerte Oberrabbiner Ehrenfeld an das Schicksal der Vertriebenen und daran, dass einige von ihnen in Jerusalem, in Kirjat Mattersdorf, eine neue Heimat fanden: „Ich stehe heute mit grossen Emotionen hier. In Mattersburg liegen meine Wurzeln. Sechs Generationen lang waren meine Vorfahren Rabbiner von Mattersburg.“

 

Für die kommende Pessach-Ausgabe der Zeitschrift DAVID (Frühjahr 2018) sind ein Beitrag über das jüdische Mattersdorf/Mattersburg sowie ein Interview mit Michael Feyer geplant.