In der Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS), die von den Staats- und Regierungschefs der EU im Dezember 2003 einstimmig angenommen wurde, findet sich nicht die unbedeutende Ansage, dass „die EU bereit sein [sollte], Verantwortung für die globale Sicherheit und für eine bessere Welt zu tragen“ bzw. an anderer Stelle: „Wenn es der Europäischen Union gelingt, zu einem handlungsstarken Akteur zu werden, dann besitzt sie das Potential, einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Bedrohungen wie auch zur Nutzung der Chancen zu leisten. Eine aktive und handlungsfähige Europäische Union könnte Einfluss im Weltmaßstab ausüben“.1
Liest man diese Zeilen genau, so findet sich in diesen auch viel Vorbehalt und Realitätssinn: „Die EU sollte…“, „Wenn…es…gelingt“, „…könnte Einfluss…ausüben…“. Die Realität zeigt, dass es tatsächlich viele strukturelle, konzeptionelle sowie institutionelle Probleme und Schwierigkeiten gibt, eine gemeinsame Sicherheitspolitik zu schaffen, mit deren Hilfe die EU als handlungsstarker aktiver Akteur agieren könnte. Dies zeigt sich klar in der Rolle der EU im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Im Folgenden wird zunächst das Phänomen Internationaler Terrorismus skizziert und daran anschließend ein Überblick über verschiedene Maßnahmen, die die EU im Kampf gegen diese Herausforderung gesetzt hat, gegeben. Abgeschlossen wird der Beitrag mit einer Darstellung der Grenzen der EU im Kampf gegen den Internationalen Terrorismus.
Der internationale Terrorismus als zentrale sicherheitspolitische Herausforderung: Umfassende Sicherheit als Antwort
In der Zeit des Kalten Krieges vermochte der nationalstaatliche Einsatz von Mitteln und Institutionen die Sicherheitsbedürfnisse in ihrer klassischen Dimensionierung „innere Sicherheit“ und „äußere Sicherheit“ bis zu einem gewissen Grade abzudecken; dies traf somit auch für den Terrorismus zu. Dieser und dessen Abwehr wurden grundsätzlich als „eigenes“, internes Problem der jeweiligen Staaten gesehen.
Der 11. September 2001 hat diese Konstellation ins Wanken gebracht. Die EU und ihre Mitgliedstaaten stehen heute einer Ausprägung des internationalen Terrorismus gegenüber, der eine entsprechende Anpassung, insbesondere eine verstärkte Vernetzung sowohl der nationalen als auch der europäischen Sicherheitsstrukturen erfordert.2
Herfried Münkler hat den internationalen Terrorismus als „die offensive Form der strategischen Asymmetrisierung von Gewaltanwendung“ bezeichnet.3 Der internationale Terrorismus zeichnet sich sowohl durch ein geändertes Täter- als auch Tatprofil aus, die Anwendung von Gewalt folgt nicht mehr einer begrenzten Rationalität, sondern unbegrenzt und umfassend („nihilistische Gewaltanwendung“) und richtet sich vor allem gegen zivile Ziele („soft targets“). Eine besondere Gefahr geht von der Möglichkeit aus, dass terroristische Gruppierungen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen kommen könnten. Über die Zielsetzungen ist kaum beziehungsweise gar nicht verhandelbar. Die neue internationale Form des Terrorismus ist weiters dadurch gekennzeichnet, dass sie grenzüberschreitend und ohne sichtbare Organisationsformen agiert. Letztlich verschwimmen die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Terrorismus ist somit nicht mehr nur ein Problem der inneren Sicherheit, sondern eine transnationale bzw. internationale sicherheitspolitische Herausforderung strategischer Bedeutung.
Wenn man nun davon ausgeht, dass die EU den Anspruch erhebt, ein aktiver sicherheitspolitischer Akteur zu sein, der Sicherheit nicht nur konsumiert, sondern auch produziert, gibt es keinen Zweifel, dass der internationale Terrorismus eine der grundlegenden Herausforderungen für die Handlungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten geworden ist. Es zeigt sich, dass Europa, insbesondere Westeuropa von besonderer Attraktivität für den internationalen Terrorismus sowohl als Stützpunkt des Terrorismus (Rekrutierungsbasis, Ruhe- und Rückzugsraum) als auch Angriffsziel, wie nicht zuletzt die Anschläge in London im Juli 2005 gezeigt haben, ist bzw. wird.
Grundsätzlich ist die Terrorismusbekämpfung zu einer zentralen, alle Politikbereiche umfassenden Aufgabe geworden, die sich nicht mehr nur auf den engen, klassischen Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit den Instrumenten der inneren und äußeren Sicherheit (das heißt Exekutive und Streitkräfte) beschränkt, sondern alle dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente umfasst. Vom theoretischen Aspekt her betrachtet, kann somit argumentiert werden, dass der Begriff der „Umfassenden Sicherheit“ in der Terrorismusbekämpfung seine inhaltliche Ausfüllung erfahren hat. Ein Grundgedanke von „Comprehensive Security“ angesichts der gegebenen strategischen Lage, dass den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen, insbesondere dem internationalen Terrorismus, nicht mehr nur mehr im nationalstaatlichen Rahmen beizukommen ist, sondern nur mehr in Kooperation mit anderen Akteuren, seien es nun andere Nationalstaaten oder Institutionen wie die Europäische Union.
Die Antwort der EU auf den internationalen Terrorismus: Programme, Konzepte, Pläne….
Auf Ebene der EU findet sich eine Vielzahl von Programmen, Konzepten und (Aktions-)Plänen, die mehr oder minder direkt, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus zum Inhalt haben.4 Als zentral hierbei sind der Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus, das Haager-Programm, die Deklaration zur Solidaritätsklausel sowie das „Framework document on the role of the ESDP in the fight against terrorism“ zu nennen.
Bereits am 21. September 2001, also nur zehn Tage nach den terroristischen Anschlägen in den USA, wurde von den Staats- und Regierungschefs auf Grundlage der UNO-Resolution 1368 der „Aktionsplan zur Terrorismusbekämpfung“ (EU Plan of Action on Combating Terrorism“) beschlossen. Dieser Aktionsplan wurde mittlerweile durch den sogenannten „Revised Action Plan“ ersetzt, der unmittelbar nach Madrid 2004 beschlossen wurde. Dieser nennt sieben strategische Ziele, wie beispielsweise eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung oder die Stärkung der Mechanismen zum Schutz und Vermeidung von Terrorattacken. Betrachtet man diese Zielsetzungen, die durch rund 150 Einzelmaßnahmen umgesetzt werden sollen, so zeigt sich klar der umfassende Ansatz, den die EU im Kampf gegen den Terrorismus verfolgt.
Ebenfalls unmittelbar nach Madrid wurde vom Rat am 25. März 2004 die so genannte „Deklaration zur Solidaritätsklausel“ verabschiedet. Grundsätzlich wurde also nicht die Solidaritätsklausel als solche beschlossen, sondern nur eine Deklaration „dass im Geiste der Solidaritätsklausel, wie sie in Art. 43 des Verfassungsentwurfes festgehalten ist, alle Mitgliedstaaten im Geiste der Solidarität handeln“. Diese Deklaration hat politisch und moralisch verbindlichen, nicht aber rechtlich verpflichtenden Charakter und stellt keine partielle Implementierung eines Teils der Verfassung dar, sondern läuft parallel zur weiteren Bearbeitung des Verfassungsvertrages. Bemerkenswerterweise ist diese Deklaration das einzige Dokument der EU im Bereich Antiterrorismus, welches über alle drei Säulen verortet ist. Auslöser für die Solidaritätsklausel sind nichtstaatliche terroristische Angriffe sowie Katastrophen natürlichen als auch menschlichen Ursprungs.5
Ein weiteres zentrales Dokument stellt das Haager-Programm dar (vom Rat im November 2004 beschlossen), welches als Ansatz für eine Strategie der Inneren Sicherheit der EU verstanden werden kann. Das Haager Programm umreißt durch verschiedenste Maßnahmen den so genannten „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ der EU. Auch wenn in diesem Dokument der Kampf gegen den Terrorismus nur ein Teilbereich ist, so wird doch die zentrale Rolle der Verhütung und der Bekämpfung des Terrorismus, herausgestrichen. Eine gemeinsame Herangehensweise in diesem Bereich, die wiederum einem umfassenden Verständnis von Sicherheit folgt, soll auf dem Grundsatz beruhen, dass die Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung der nationalen Sicherheit auch der Sicherheit der Union insgesamt uneingeschränkt Rechnung zu tragen haben. Der Europäische Rat betont deshalb auch, dass der Terrorismus unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte nur wirksam verhütet und bekämpft werden kann, wenn die Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten nicht auf die Aufrechterhaltung der eigenen Sicherheit beschränken, sondern auch auf die Sicherheit der Union insgesamt abstellen.
In der so genannten zweiten Säule der EU verortet ist das “Framework document the role of ESDP contribution in the fight against terrorism” vom Dezember 2004, welches die Rolle der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) im Kampf gegen den Terrorismus definiert. Das Dokument an sich, wie auch die darin enthaltenen zwölf Einzelmaßnahmen („action points“) streicht den solidarischen und freiwilligen Beitrag der Mitgliedstaaten heraus und betont die komplementäre Rolle der ESVP, d.h. also, dass der Kampf gegen den Terrorismus primär als zivile Aufgabe gesehen wird.
In Ergänzung bzw. als Folge zu den genannten Dokumenten entwickelten sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten verschiedene weitere Konzepte und Maßnahmen, wie etwa das Europäische Sicherheitsforschungsprogramm (European Security Research Programm). Weiters zu erwähnen sind verschiedenste Konzepte zum Schutz der kritischen Infrastruktur (z.B. European Programm for Crtitical Infrastructure Protection/EPCIP, EU Critical Infrastructure Warning Information Network/ EUCIWIN) oder verschiedenste Ansätze zum Aufbau von Datenbanken zur Erfassung militärischer und ziviler Kapazitäten, die im Falle eines terroristischen Anschlages bzw. zu dessen Bewältigung eingesetzt werden könnten.
Die Antwort der EU auf den internationalen Terrorismus: Institutionen….
Im Rahmen der EU haben sich zudem, selbst für den mit der Thematik beschäftigten Experten in kaum mehr überschaubarer Anzahl, verschiedenste Gremien, Arbeitsgruppen und Institutionen gebildet, die sich alle mit der Bekämpfung des Terrorismus in all seinen Dimensionen beschäftigen. Viele agieren im Rahmen der Mitgliedstaaten der EU, wie z.B. die Ratsarbeitsgruppe Concil Terrorism (COTER), die Ratsarbeitsgruppe Terrorismus (RAG TE), das European Satellite Centre in Torrejon (EUSC), Situation Centre (SITCEN ) oder der Counter Terrorism Coordinator (CTC), aber nicht alle in der EU, d.h. es gibt eine Reihe multilateraler Zusammenarbeitsformen (z.B. Europol, Eurojust, Police Working Group, Middle European Conference, Berner Club). In den vorhandenen multilateralen Kooperationsformen, die zumeist informeller Natur sind (eine Ausnahme diesbezüglich ist Europol), sind zumeist alle Staaten der EU sowie auch Norwegen und die Schweiz eingebunden. Schwerpunkt dieser Zusammenarbeitsformen ist vor allem der Informationsaustausch. Grundsätzlich kann die multilaterale Kooperation, die zwischen den Staaten der EU aber nicht im institutionellen Gefüge der EU selbst stattfindet, als Indiz dafür gewertet werden, dass die Staaten zwar die Notwendigkeit der Kooperation erkannt haben, jedoch sehr zurückhaltend sind, Kompetenzen an europäische Institutionen abzugeben.6 Dies zeigt sich sowohl darin, dass bestehende europäische Institutionen kaum bzw. keine operative Kompetenzen haben oder nicht alle Staaten in gleicher Weise darin mitwirken7 oder auch beim Counter Terrorism Coordinator in der Person von deVries, der nahezu keine Kompetenzen für die Erfüllung der ihm zugedachten Aufgaben hat. Zudem folgt diese Zusammenarbeitsform auch der Erkenntnis, dass sich diese als unbürokratischer erweisen, somit schneller in der Reaktion sind und zudem, auf Grund des informellen Charakters, kaum Änderungen der nationalen Gesetzeslage erfordern.
Während sowohl auf Ebene der EU als auch multilateraler Ebene der gemeinsame Konsens zur Entscheidungsfindung oft sehr lange dauert, wird auf bilateraler Ebene derzeit der Großteil der faktischen Terrorismusbekämpfung abgewickelt. Bilaterale Kooperationen sind mittlerweile Standard im sicherheitspolizeilichen und nachrichtendienstlichen Bereich geworden.
Die Antwort der EU auf den internationalen Terrorismus: Möglichkeiten, Grenzen und Barrieren….
Grundsätzlich folgt die EU einem umfassenden, auf Kooperation und Solidarität basierenden, Ansatz, um den Terrorismus zu bekämpfen. Die Anstrengungen der EU auf dem Gebiet von Antiterrorismusmaßnahmen beziehen sich vor allem auf die konzeptionelle, programmatische und koordinierende Ebene. Die Phase der konzeptionellen und programmatischen Entwicklung ist nunmehr im Wesentlichen abgeschlossen (auch wenn diese permanent weiterentwickelt werden, wie beispielsweise der EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des Terrorismus); jetzt sollte die Phase der Operationalisierung bzw. konkreten Umsetzung der verschiedenen Konzepte sowohl auf nationalstaatlicher als auch europäischer Ebene folgen.
Und gerade hier in der Operationalisierung zeigt sich, dass die EU in ihren Maßnahmen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus an Grenzen stößt. Denn auch wenn beispielsweise die Europäische Sicherheitsstrategie oder das Haager-Programm den internationalen Terrorismus als europäisches Problem definieren, zeigt sich, dass ein europäischer Grundkonsens hinsichtlich der Terrorismusbekämpfung weit weniger homogen ist, als die immer wieder beschworenen Konzepte, Maßnahmenkataloge, Aktionspläne oder Strukturen, vermuten lassen würden. Dies ist zum einen auf unterschiedlichste nationale Erfahrungen und Bedrohungsperzeptionen hinsichtlich der Bedrohung durch den Terrorismus und zum anderen durch divergierende politische Einschätzungsunterschiede hinsichtlich verschiedener Terrororganisationen zurückzuführen. Dies erklärt auch, warum beispielsweise viele Ansätze zu einem EU-einheitlichen Definitionsansatz zu „Terrorismus“ zu finden, vor den Anschlägen in den USA aus unterschiedlichen Interpretationen und Betrachtungsweisen sowie Einschätzungen gescheitert sind und erst kurz nach 09/ 11 eine europäische Definition gefunden werden konnte. Der Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Gert René Polli, dazu: „Die Gründe liegen auf der Hand – nämlich politische Erwägungen und Argumentationen…..mit der Frage, welche Organisation als terroristisch zu klassifizieren ist, [wird] Politik gemacht“.8 Und es zeigt sich, dass die gefundene Definition letztlich doch nur einen kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt und auch, dass sie für die politische Bewertung von Gewaltanwendung keine Klarheit bringt.9 Nationale Ansätze sind größtenteils wesentlich präziser,10 was in weiterer Folge selbstverständlich auch Auswirkungen hat, welche Antiterrorismusmaßnahmen gesetzt werden und somit auch welchen Stellenwert der internationale bzw. europäische Kooperation beigemessen wird.
Neben den mentalen Differenzen können auch verschiedene strukturelle Grenzen der EU, die einem kohärenten Vorgehen der EU an sich im Kampf gegen den Terrorismus entgegenstehen, festgestellt werden. Die Europäische Union ist in ihrer Gesamtheit an sich kein völkerrechtliches Subjekt, wie beispielsweise ein Bundesstaat, das heißt, eine Definition der EU als Akteur muss immer die unterschiedlichen Interessenslagen von 25 Mitgliedstaaten berücksichtigen. Wesentliche Bereiche der 2. und 3. Säule werden intergouvermental geregelt, wodurch die Rolle der EU als kollektives Organ massiv eingeschränkt wird. Die Trennung des EU-Gebäudes in drei Säulen macht es fast unmöglich, auf Erkenntnisse und Ergebnisse der verschiedenen Gremien und Institutionen zentral zugreifen zu können.
Und letztlich stößt die Zusammenarbeit auch an Grenzen durch nationale Gegebenheiten, wie etwa die Organisation der Sicherheitsbehörden, Fragen der Kompetenzen und Befugnisse der Streitkräfte im Inneren, Eigenarten der Nachrichtendienste oder die sicherheitspolitische Ausrichtung verschiedener Staaten generell.
Zusammenfassung
Aufgrund der Komplexität und Vernetztheit des internationalen Terrorismus auf der einen und der Komplexität und Vernetztheit der Gesellschaften auf der anderen Seite ergibt sich, dass die Herausforderung durch diese neue Form des Terrorismus nur in einem umfassenden Sinn angenommen werden kann. Dies umfasst sowohl den Einsatz aller zur Verfügung stehenden staatlichen Instrumente und Mittel, proaktives beziehungsweise präventives Handeln, als auch die Kooperation mit anderen Akteuren.
Hauptträger, insbesondere auf operativer Ebene, im Bereich Antiterrorismusmaßnahmen sind die einzelnen Nationalstaaten; die Zusammenarbeit findet primär im intergouvermentalen Rahmen statt. Alle Strukturen der EU sowie auch im multilateralem Rahmen sind in extrem hohem Ausmaß von den Mitgliedstaaten abhängig. Grundsätzlich wird auch weiterhin die Auffassung dominierend sein, dass Maßnahmen auf EU-Ebene gegen den Terrorismus nationale Sicherheitsmaßnahmen wohl ergänzen, nicht aber ersetzen können. Die Mitgliedstaaten werden in diesem politisch hochsensiblen und die Souveränitätsrechte berührenden Bereich der inneren Sicherheit nur immer dann wirklich für tief greifende Kooperationen bereit sein, wenn die nationalen Kapazitäten offenkundlich nicht ausreichen. Die EU wird sich nicht als eigenständiger Akteur im Kampf gegen den Terrorismus entwickeln, kann jedoch durch eine verstärkte koordinierende Funktion wesentlich zu einer Effizienzsteigerung in diesem Bereich beitragen. Die Situation im Bereich der Terrorismusbekämpfung unterscheidet sich somit weder von der Sicherheitspolitik im Speziellen oder von der Realpolitik im Allgemeinen.
1 Javier Solana, A secure Europe in a better world. European Security Strategy, Brüssel 2003, S. 3 bzw. S. 16
2 Dies bedeutet jedoch nicht, dass klassische Formen des Terrorismus nicht mehr in Erscheinung treten.
3 Herfried Münkler, Die neuen Kriege, Reinbeck 2002, S. 54.
4 Es zeigt sich, dass es sich tatsächlich kaum mehr ein Dokument der EU findet, in welchem nicht direkt oder indirekt auf den internationalen Terrorismus Bezug genommen wird.
5 Diese Deklaration wurde im Übrigen von der britischen Regierung nach den Anschlägen in London nicht angerufen.
6 Dies erklärt auch die ablehnende Haltung beispielsweise der Errichtung einer „European Intelligence Agency“ nach Vorbild der US-amerikanischen CIA gegenüber. Ein entsprechender Vorschlag wurde beim Sondertreffen der Innenminister im März 2004 von Österreich vorgebracht.
7 Nach wie vor tauschen im Rahmen von Europol nicht alle Staaten Informationen miteinander aus.
8 Polli Gert Rene/ Gridling Peter, „Der 11. September 2001 und seine Auswirkung auf die Terrorismusbekämpfung. Aus der Perspektive der Staatspolizei und des Staatsschutzes“, Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 4/ 2002; S. 405- 414; S. 406
9 Schätz Alfred, „Der transnationale Terrorismus nach dem 11. September. Sicherheitspolitische und nachrichtendienstliche Konsequenzen“, Österreichische Militärische Zeitschrift Nr. 3/ 2002; S. 279- 288; Fußnote 6. Es zeigt sich dies unter anderem auch darin, dass von den zwölf Anti-Terrorismus-Konventionen der UNO lediglich fünf von allen EU-Staaten angenommen worden sind.
10 So beispielsweise § 278 des österreichischen Strafgesetzbuches