Ausgabe

Die Synagoge von Frauenkirchen

Benjamin SCHWAB

Inhalt

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Der jüdischen Gemeinde wurde kurz nach ihrer Ansiedlung 1670 in Frauenkirchen ein herrschaftliches Zimmer, für welches 5fl Miete verlangt wurden, als Gebetsraum zur Verfügung gestellt1. 1740 dürfte die erste Synagoge errichtet worden sein. 

Der Friedhof an der Strasse nach St. Andrä wurde auch zu dieser Zeit eingerichtet. Des Weiteren gab es noch eine koschere2 Fleischerei (Fleischbank) mit einem Schächter3.

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Die ehemalige Judengasse, vor 1930. Abbildungsnachweis: Naama G. Magnus: Auf verwehten Spuren

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Schnitt längs durch die Synagoge, virtuelle Rekonstruktion.

 

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Innenaufnahme: “Rohfassung” für Zeitzeugen, virtuelle Rekonstruktion.

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Schnitt quer durch die Synagoge, virtuelle Rekonstruktion.

 

Die Synagoge wurde 1749 das erste Mal urkundlich in Form einer Zinsabgabe – sie betrug damals 30fl für Synagoge und Friedhof – erwähnt4. Dieser Tempel wurde 1778 durch einen Brand vollkommen zerstört und auch dessen Nachfolger erlitt durch ein Feuer 1840 grosse Schäden5. Zunächst wurde die Synagoge nur behelfsmässig mit einem Bretterdach auf dem fast zerfallenen Gemäuer wiederhergestellt. Dieses Notprovisorium hielt allerdings nicht recht lange. Folglich musste ein neues Gebäude errichtet werden6.

Der zweigeschossige, im Biedermeierstil gehaltene Tempel, welcher nach dem Vorbild der Eisenstädter Synagoge7 errichtet werden sollte8, wurde 1843 fertiggestellt. Die Einweihungsansprache hielt der damalige Oberrabbiner Israel Aaron Landesberg und er ging darin auch näher auf die Beweggründe und Umstände des Synagogenbaus ein9. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im Jahr 1938 wurde die jüdische Gemeinde vertrieben. In den nächsten Jahren wurden 350 Menschen deportiert. Im Jänner 1939 liess die Gemeinde die Synagoge abreissen.

Alle Abbildungen aus: B. Schwab, Die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Frauenkirchen. Diplomarbeit, TU Wien 2016, mit freundlicher Genehmigung B. Schwab.

 

Zum Titelbild: Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Frauenkirchen, nach dem Vorbild der Synagoge in Eisenstadt, Aussenansicht.

 

Fortsetzung dieses Textes auf Seite 6ff

Siehe auch den Hauptartikel zur Geschichte der jüdischen Gemeinde Frauenkirchen auf Seite 14ff

 

1  BRETTL 2008, S.28

2  Nach den jüdischen Speisegesetzen ausgerichtet

3  SHIRION, SCHWARZ, S.17,18

4  BRETTL 2008, S.40

5  SHIRION, SCHWARZ, S.18

6  BRETTL 2008, S.40,41

7  Der Eisenstädter Tempel wurde von Charles Moreau (Karl Moreau), dem Architekten des Fürsten Esterházy, entworfen und 1843 fertig gestellt. Die sehr zeitnahe Erbauung und bestimmte Hinweise in diversen Dokumenten lassen auf eine starke Ähnlichkeit zwischen dem Eisenstädter Tempel und der Synagoge in Frauenkirchen schliessen.

8  MAGNUS 2013, S.54

9  Wiener Morgenzeitung vom 23. Februar 1927, S.4