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Tibet

Elisabeth ZIMMERMANN

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Ende Mai 2012 besuchte der Dalai Lama Österreich. Damit rückte ein Land wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, um das es seit den Olympischen Spielen in Peking relativ ruhig geworden war: Tibet.

Schneeland, geheimnisvolles Land, Shangri-La,  Paradies - Tibet hat viele Beinamen. Die Wirklichkeit ist leider viel profaner - und viel trauriger.

Tibet ist seit 1950 von China besetzt. Die Auswirkungen sind dramatisch: Die tibetische Kultur wird gewaltsam zerstört, die tibetische Sprache an den Schulen nicht mehr gelehrt, Klöster werden niedergerissen. Am 10. März 1959 kommt es zum Volksaufstand, der von der chinesischen Armee blutig niedergeschlagen wird. Der Dalai Lama flieht ins indische Exil. 1965 verkündet Peking die „Autonome Region Tibet" (TAR), eine Region, die nur etwa die Hälfte des Territoriums Tibets umfasst.

Nahezu alle Klöster zerstört

Die „Grosse Proletarische Kulturrevolution" von 1966 bis 1976 bringt weitere Gewalt und Elend über Tibet. Es sterben 1,2 Mio. Menschen. Auch die verbliebenen Tempel und Klöster werden nun zerstört. Nach der Kulturrevolution sind nur noch 12 Klöster erhalten.

Auch heute sind die Lebensbedingungen für Tibeter in Tibet äusserst schlecht. In den Schulen wird chinesisch gelehrt, die tibetische Sprache, vor allem die regionalen Dialekte, sind damit vom Aussterben bedroht. Durch den massiven Zuzug von Han-Chinesen werden die Tibeter in ihrem eigenen Land an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Die wirtschaftlich attraktiven Jobs erhalten Chinesen, den Tibetern bleiben die schlecht bezahlten.

Das Gesicht Tibets hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv verändert: Aus schönen alten Städten und Dörfern sind gesichtslose Moloche mit Plattenbauten geworden, jede Stadt schaut ähnlich aus. Nur die grossen Klöster wurden nach der Kulturrevolution wieder aufgebaut, von den kleineren sieht man manchmal noch Ruinen - wenn man sehr genau schaut.

Katastrophale Umweltpolitik

Dramatische Auswirkungen hat auch die zwangsweise Umsiedlung der Nomaden in fixe Bauten. Die umherziehenden Nomaden waren jahrhundertelang der Garant für das ausgewogene Klima und die Erhaltung des Graslandes Tibets. Die ökologischen Auswirkungen der „Umweltpolitik" Chinas sind nicht zu unterschätzen: Das tibetische Hochland wird von Wissenschaftern als der „dritte Pol" der Erde bezeichnet. Die Gletscher geben ihr Schmelzwasser in die grossen Flüsse Asiens ab und garantieren damit die Wasserversorgung von Hunderten von Millionen Menschen. Seine Heiligkeit, der 14. Dalai Lama, warnte auch bei seinem Österreich-Besuch massiv vor der ökologischen Zerstörung Tibets.

Das Bild des Dalai Lama und die tibetische Fahne sind die bekanntesten optischen Zeichen für Tibet. Doch in Tibet selbst darf die tibetische Fahne nicht gehisst und das Bild des Dalai Lama nicht gezeigt werden. Beides führt zu langjährigen Haftstrafen - Folter inklusive. Klöster und andere religiöse Einrichtungen unterliegen massiven Überwachungsmassnahmen seitens der chinesischen Sicherheitsbehörden. Viele Nonnen und Mönche fliehen, weil sie gezwungen werden, den Dalai Lama zu kritisieren und zu dämonisieren.

Die Protester der Tibeter werden von der chinesischen Besatzung gewaltsam unterdrückt. Allein in diesem Jahr starben bei friedlichen Demonstrationen bereits acht Tibeter. Die Verzweiflung der Tibeter ist so gross, dass sie als letzten Ausweg, die Weltöffentlichkeit auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen, den Tod durch Selbstverbrennung wählen. Mehr als 40 Tibeter sind seit vergangenem Jahr durch Selbstverbrennung gestorben. „In den chinesischen Gefängnissen sterben wir aufgrund der Folter, ohne dass die Welt es weiss. Durch die Selbstverbrennungen schaut die Welt zumindest einen Augenblick auf unser Schicksal", so ein junger Tibeter.

Der Dalai Lama besucht Österreich

Am 26. Mai fand am Wiener Heldenplatz die "Europäische Solidaritätskundgebung für Tibet" statt. Mehrere tausend Menschen zeigten ihre Solidarität mit Tibet. Unter anderem sprachen bei der Veranstaltung: YeshiDolma (ehemalige politische Gefangene), Madeleine Petrovic (Grüne Österreich), Eva Lichtenberger (Grüne EU-Parlament), Francesca von Habsburg (langjährige Tibet-Unterstützerin), Bianca Jagger (international bekannte Verfechterin der Menschenrechte) und Maximilian Schell. Die Eröffnungsrede unmittelbar vor dem Auftritt S.H. des Dalai Lama hielt  Prof. Heinz Nussbaumer.

Der ehemalige französische Aussenminister Bernard Kouchner forderte bei dieser Veranstaltung, dass eine unabhängige EU-Delegation nach Tibet reisen sollte, um sich ein umfassendes Bild über die dortige Lage zu machen. Der Premierminister der tibetischen Exil-Regierung, Dr. Lobsang Sangay, betonte ebenfalls die verzweifelte Situation der Tibeter. Die Tibeter in Tibet bräuchten daher die Unterstützung der Welt mehr denn je.

Der Höhepunkt der Veranstaltung war die Rede Seiner Heiligkeit, des 14. Dalai Lama. In tibetischer Sprache wandte er sich an seine Landsleute und erinnerte sie an die jahrtausende alte tibetische Kultur, die vom Untergang bedroht sei. Der Dalai Lama forderte den Schutz der tibetischen Kultur.

Wien war die letzte Station des Österreich-Besuches des Dalai Lama. Begonnen hatte seine Visite in Kärnten, in Hüttenberg. Heinrich Harrer, der dort lebte und auch begraben ist, war ja der Lehrer des jungen Dalai Lama in Tibet gewesen. Eine weitere Station war Salzburg, den Abschluss bildete neben dem Aktionstag am Heldenplatz eine grosse Veranstaltung in der Wiener Stadthalle. 10.000 jubelnde Menschen empfingen den Dalai Lama mit Standing Ovations.

Aussenminister und Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger zeigte sich am Ende der Veranstaltung gemeinsam mit S.H auf der Bühne der Wiener Stadthalle. Bundeskanzler Werner Faymann traf den Dalai Lama gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn zu einem Frühstück. Die Reaktion aus China liess nicht lange auf sich warten: Derzeit erhalten Österreicher kein Visum für die Einreise nach Tibet.

  

Save Tibet unterstützt tibetische Anliegen

Bereits seit vielen Jahren unterstützt Save Tibet die Anliegen der Tibeter bei der Verwirklichung ihres Rechtes auf Selbstbestimmung sowie auf eine echte Autonomie. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten ist die Information der Öffentlichkeit über die Situation in Tibet. Noch immer sind viel zu wenigen Menschen das Drama auf dem Dach der Welt, die unerträglichen Menschenrechtsverletzungen, die verzweifelte Situation der Tibeter bewusst. Systematisch werden Kultur, Sprache und Religion zerstört. In den grossen Städten werden die Tibeter zu Minderheiten im eigenen Land.

Ein zweiter Schwerpunkt ist die Vermittlung von Patenschaften für tibetische Kinder, die unter grössten Mühen aus ihrer Heimat fliehen, um in tibetischen Kinderdörfern in Indien ihre Sprache und Kultur zu lernen und ihre Religion ausüben zu können. Save Tibet verwaltet bereits mehr als 1.000 Patenschaften. Darüber hinaus finden zahlreiche Aktivitäten zur Erhaltung der tibetischen Kultur statt bzw. werden diese von SAVE TIBET finanziell und ideell unterstützt.

Nähere Informationen erhalten Sie auf der Webseite von Save Tibet, www.tibet.at oder direkt im Büro:

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