Ausgabe

Be‘te-avon und Le‘chaim!

Christian RAPP, Hannes ETZLSTORFER

Content

Dass Brot und Wein in vielen Religionen einen besonderen Stellenwert haben, liegt auf der Hand. Wenigen ist allerdings bewusst, dass in diesen heute so alltäglichen Nahrungsmitteln 8.000 Jahre spannende Kulturgeschichte stecken. Ungewohnte Blicke auf „Brot & Wein" bietet die Niederösterreichische Landesausstellung unter dem gleichnamigen Titel von 27. April bis 3. November 2013 - genau dort, wo wichtige Kapitel dieser Geschichte stattgefunden haben: im Weinviertel.

Im Urgeschichtemuseum Niederösterreich in Asparn an der Zaya wird die Kul-turgeschichte des Brotes „aufgeschnitten" und in der Weinstadt Poysdorf die Kulturgeschichte des Rebensaftes in all seinen Facetten „eingeschenkt". Dabei werden natürlich auch die Werte beleuchtet, die Brot und Wein in verschiedenen Kulturen und Religionen haben.

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Ein eigener Raum in Poysdorf widmet sich dem Thema des koscheren Weins, Copyright: NÖLA.

Mazzot

Alle Kulturen, die von Ge-treide lebten, wozu im erweiterten Sinn auch Reis und Mais zu zählen sind, entwickelten besondere Rituale rund um den Ackerbau, beteten Gottheiten an, die für die Ernte verantwortlich waren und sprachen bestimmte Tabus aus, was mit den Getreideerzeugnissen zu geschehen oder was zu unterbleiben hat. In dieser Hinsicht haben übrigens Christentum und Judentum einiges gemeinsam; zum Beispiel die Bevorzugung von ungesäuertem Teig, wenn es um religiös aufgeladenes Brot geht: Im Christentum ist das die Hostie, im Judentum die Mazzot. In beiden Fällen spielt vermutlich auch der Umstand eine Rolle, dass man G´tt nicht mit einem Lebensmittel gedenken könne, das sich im Zustand der Gärung befindet.

In der Ausstellung ist unter anderem eine prunkvolle Seder-Schüssel aus dem Jüdischen Museum in Wien zu sehen sowie ein sehr berührendes Exponat aus dem Jüdischen Museum in Berlin - die Verpackung einer so genannten Heppner-Matze. Bis zum November 1938 betrieb Isidor Heppner im schlesischen Breslau eine Mazzot-Fabrik. Die industrielle Erzeugung von Mazzot garantierte gleichmässige Qualität und reduzierte die Gefahr des Säuerns. Auf massiven Druck der Nationalsozialisten musste Heppner seine Fabrik Ende 1938 schliessen. Eine Schachtel mit fünf Mazzot nahm er mit und gab sie seinen Söhnen. Heppner blieb in Deutschland, er wurde von den Nationalsozialisten ermordet. Seine Söhne konnten rechtzeitig flüchten, sie überlebten die Shoa und mit ihnen die fünf Mazzot.

Weingärten aus jüdischer Hand

Die jüdische Bevölkerung leistete einen wichtigen Beitrag zur Weinwirtschaft und Weinkultur in Österreich, wobei Erfolg und Gefahren für die Juden dabei immer eng mit dem jeweiligen Wohlwollen des Landesherrn verknüpft waren. Die Juden von damals sicherten ihren Unterhalt laut Quellen des 14. Jahrhunderts als Pfandleiher und mit dem Verkauf von Grundstücken. In dieser Periode zählte auch der Kauf von Weingärten in Niederösterreich aus jüdischer Hand zu den damals gepflegten Usancen. So hat etwa Propst Heinrich IV. aus dem fernen Prämonstratenserstift Schlägl (1381-1388/89) aus jüdischer Hand Weingärten in Niederösterreich erworben. Bürgerlicher Grund und Boden gelangte zu dieser Zeit auf diese Weise sehr oft über den Umweg jüdischer Pfandleiher in Besitz der katholischen Kirche.

Im Gegensatz zu den Her-zogtümern Steiermark und Kärnten, wo seit 1496 keine Juden mehr geduldet wurden, lebten in Niederösterreich in zahlreichen ländlichen Gemeinden Juden. Bis zu ihrer Ausweisung in den Jahren 1670/71 unter Kaiser Leopold I. gab es in Niederösterreich in mehr als 50 Orten auf dem Land Juden. Trotzdem gestaltete sich für sie auch die Versorgung mit koscherem Wein problematisch, obgleich der Import von grossen Mengen nach Niederösterreich im 17. Jahrhundert belegt ist. Selbst produziert wurde koscherer Wein, wie dies im Privileg von 1656 ausdrücklich erlaubt worden war, wohl nur in kleineren Mengen.

Koscherer Wein

In der Ausstellung widmet sich ein Raum anschaulich dem Thema der Produktion koscheren Weins unter den festgelegten strengen Kriterien. Gemäss Talmud musste der Wein beispielsweise frei von „Kontamination" durch Götzenkulte sein und durfte auch nicht für solche Aktivitäten vorgesehen werden. Bis heute müssen für die Herstellung koscheren Weins entsprechende Vorschriften für geniessbare Früchte berücksichtigt werden. So darf gemeinsam mit dem Wein nichts anderes angepflanzt werden. Weiters darf der Wein nicht von einem Weinstock stammen, der jünger als vier Jahre ist. Kommt der Wein aus Israel, dann dürfen die Trauben nicht in einem siebten Jahr geerntet werden, denn dieses entspricht einem Brachjahr bzw. einem „Schabbat für die Erde".

 

Das Weinviertel entdecken

Neben den Ausstellungsstandorten Asparn an der Zaya und Poysdorf sind Schloss Wolkersdorf, das Museumszentrum Mistelbach, die Thermenstadt Laa an der Thaya, das Museumsdorf Niedersulz und das Regionalmuseum in Mikulov (Tschechien) Partner der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013. Sie bieten neben einem thematisch passenden Programm auch Ermässigungen mit dem Landesausstellungs-Ticket an. 138 Betriebe, unter ihnen Bäcker, Beherbergungsbetriebe, Direktvermarkter, Gastronomiebetriebe, regionalwirtschaftliche Betriebe und Winzer, haben sich zu „Regionspartnern Weinviertel" zusammengeschlossen. Sie wollen die Gäste der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013 gebührend empfangen. Mit der Ausstellung „Brot & Wein" macht auch das Viertelfestival Niederösterreich im Weinviertel Station und sorgt für ein vielfältiges und umfangreiches kulturelles Programm in der Region. Nicht nur ein Ausflug zur Niederösterreichischen Landesausstellung 2013 ist also gefragt: ein Weinviertel-Urlaub wäre aufgrund des vielfältigen touristischen und kulturellen Angebots die ideale Variante.

  

  

  

Niederösterreichische Landesausstellung 2013

27.04. bis 03.11.2013, täglich 9:00 bis 18:00 Uhr

Urgeschichtemuseum Niederösterreich

Schlossgasse 1, 2151 Asparn an der Zaya

Ausstellungsgelände Poysdorf

Brünnerstrasse 28, 2170 Poysdorf

Tel.: +43 2552 3515-30,

Email: info@noe-landesausstellung.at

    Homepage: www.noe-landesausstellung.at