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Ist Israel an allem schuld?

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Georg M. Hafner, Esther Schapira: Israel ist an allem schuld, warum der Judenstaat so gehasst wird

Köln: Eichborn, 2015

320 Seiten, gebundene Ausgabe

Euro 19,99

ISBN: 978-3847905899

„Ob es regnet, ob es hagelt, ob es schneit oder ob es blitzt, ob es dämmert, ob es donnert, ob du frierst oder ob du schwitzt, ob es schön ist, ob‘s bewölkt ist, ob es taut oder ob es giesst, ob es nieselt, ob es rieselt, ob du hustest oder ob du niest: an allem sind die Juden schuld..."
Friedrich Hollaender, 1931

Mit diesem Motto wird das Buch von Georg M. Hafner und Esther Schapira eingeleitet. Wer so naiv war und gedacht hat, nach dem Massenmord an Juden wird es keinen Antijudaismus mehr geben, der hat sich getäuscht. Schapira bringt es mit ein paar Sätze auf den Punkt: „Im Sommer 2014 empörte sich Deutschland über die Ungerechtigkeit des verregneten Sommers, die Mautpläne des Verkehrsministers und den Gazakrieg. In einem Land, in dem über die Helmpflicht für Radfahrer diskutiert wird, wurde die Angst der Israelis vor dem andauernden Raketenbeschuss und den Terrortunneln aus Gaza als überzogen abgetan. Menschen, die weder über militärisches Wissen noch über existentielle Erfahrungen verfügten, in denen ein solches Wissen nötig war, wussten ganz genau, dass alles was Israel tat, falsch und unverhältnismässig war. Eine Idee, wie der Staat seine Bürger schützen sollte, hatten sie nicht und brauchten sie auch nicht. Und vorsorglich sprachen sie sich selbst von jedem Verdacht frei, ihre Israelkritik könne von unbewussten antisemitischen Gefühlen geleitet sein". Das Buch beinhaltet ausser den Vorworten und einer Einleitung folgende Kapitel: Israel, der gemeinsame Feind, „Der Traum, so zu leben wie alle anderen" zu Besuch bei Levi Salomon, „Juden ins Gas" - Deutschland im Sommer 2014, Tut mir Leid, dass ich so skeptisch bin - zu Besuch bei Ahmad Mansour, Der multikulturelle Antisemitismus, „Hier zu leben, ist wirklich nicht einfach" - zu Besuch bei Eldad Beck, die Rolle der Medien, „Judenhass, da weiss man doch sofort, woran man ist" - zu Besuch bei Raphael Gross, Die kühnste Staatsgründung des Jahrhunderts, „Man hat den Juden einen Staat gegönnt" -zu Besuch bei Louis Lewitan, Die intellektuelle Elite als Taktgeber, „Sie können ruhig Jude zu mir sagen" - zu Besuch bei Majer Szanckower, Die politische Elite als Taktgeber, „Ich bin nicht der israelische Botschafter" - zu Besuch bei Rabbi Andrew Steiman, Alltags-Antisemitismus in Deutschland, „Sie halten einfach einen starken Juden nicht aus" - zu Besuch bei Anetta Kahane, Israel, das Stiefkind in der Gemeinschaft der Völker, „Ob jemand ein Antisemit ist, will ich gar nicht wissen" - zu Besuch bei Cilly Kugelmann, Beide Seiten, „Wenn die Seele ohnmächtig wird" - zu Besuch bei Trude Simonsohn, Heimatschutz und Chanukka und eine Nachbetrachtung. Die AutorInnen betreiben keine Agitation gegen Palästinenser, sondern lassen sie auch zu Wort kommen, sie nehmen aber die antiisraelische Argumentation auseinander und scheuen auch nicht davor zurück, aufzuzeigen, wie internationale Behörden den jüdischen und demokratischen Staat diskriminieren. Zum Beispiel der jährliche Bericht der OECD zur Lage der Frauenrechte im Nahen und Mittleren Nahen Osten und Nordafrika. „Im jüngsten Bericht 2014 findet Israel einfach gar nicht statt. Auf der Landkarte ein kleiner grauer Fleck, „not ranked", nicht im Wettbewerb, ausser Konkurrenz sozusagen... weil es unter der Besatzung keine Demokratie geben könne. Davon abgesehen, dass es für die Spekulation, dass ohne israelische Besatzung Freiheit, Frieden und Demokratie in Palästina einziehen, kaum Anhaltspunkte gibt, ist dies eine bequeme Entschuldigung dafür, die Menschenrechtsverstösse in Gaza und der Westbank heute gelassen auszublenden, die willkürlichen Hinrichtungen von vermeintlichen Kollaborateuren, die Verfolgung von Lesben und Schwulen, die zahllosen Ehrenmorde." Die AutorInnen, beide Fernsehjournalisten, setzen sich mit der Realität in Deutschland und in Israel ehrlich und intelligent auseinander. Das glänzend geschriebene Buch enthüllt zahlreiche, bisher unbekannte Tatsachen und wird hoffentlich vielen Menschen die Augen öffnen.