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Interview mit Mag. Gabi Burgstaller

Ilan BERESIN

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Lebenslauf von Salzburgs erster Landeshauptfrau

Gabi Burgstaller wurde am 23. Mai 1963 in Penetzdorf/Niederthalheim bei Schwanenstadt in Oberösterreich geboren. Nach der Matura am Gymnasium in Gmunden und einem Jahr Auslandsaufenthalt in England studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg. Von 1987 bis 1989 war sie Assistentin am Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht bzw. Institut für Rechtssoziologie. Ab 1989 arbeitete Mag. Burgstaller als Konsumentenberaterin in der Arbeiterkammer Salzburg. Dort machte sie sich als Spezialistin in der Wohn- und Mietrechtsberatung und als Vertreterin von 25.000 durch den WEB-Bautreuhand-IMMAG-Konzern geschädigten Anlegern einen Namen.

Ihre politische Laufbahn begann Burgstaller 1994 als Abgeordnete zum Salzburger Landtag, wobei sie von Anfang an als Klubvorsitzende der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion politisch aktiv war.

Der Salzburger Landtag hat die Sozialdemokratin am 27. April 1999 zur Landesrätin gewählt. In der Regierung war Burgstaller bisher für Frauen, Bauen, Gewerbe, Konsumentenschutz und Verkehr zuständig.

Am 31. März 2001 wurde Burgstaller als erste Frau an der Spitze der Salzburger SPÖ mit 98% Zustimmung zur Landesparteivorsitzenden gewählt. Am 25. April 2001 wurde Burgstaller vom Landtag zur ersten Landeshauptmann-Stellvertreterin in Salzburg bestimmt. Sie übernimmt neu die Ressorts Gemeinden, Gesundheit und Jugend. Für Frauen und Konsumentenschutz ist Gabi Burgstaller wie bisher politisch verantwortlich.

Seit 28. April 2004 ist Gabi Burgstaller Landeshauptfrau von Salzburg.

Interview

DAVID: Sie sind seit heuer Landeshauptfrau von Salzburg.

Welche sind Ihre politischen Schwerpunkte für die laufende Legislaturperiode?

G. Burgstaller: Ganz allgemein soll Salzburg moderner, weltoffener und gerechter werden. Vollbeschäftigung und Anspruch auf flexible, bedarfsgerechte Kinderbetreuung sind die wichtigsten Ziele. Die Wettbewerbsfähigkeit der Salzburger Wirtschaft soll gestärkt werden. Das Gesundheitssystem, dessen Qualität, das flächendeckende Angebot muss gesichert werden. Gleichzeitig musste auch das Budget stabilisiert werden – das hat zu den bisher größten Einsparungen in der jüngeren Salzburger Geschichte geführt.

DAVID: Welche Auswirkungen auf Ihr Land hat der Eintritt Österreichs in die EU?

G. Burgstaller: Österreich war selbstverständlich schon immer Teil Europas, nicht nur geographisch, sondern auch historisch, kulturell, ökonomisch und in vielfacher sonstiger Weise. Die Auflösung der Blöcke nach den Umwälzungen in den Jahren ab 1989 hat es dann ermöglicht, diese denkbar enge Bindung auch institutionell durch die Mitgliedschaft Österreichs zu vollenden. Unsere Beziehungen zu den übrigen europäischen Staaten sind seither in jeder Hinsicht weiter vertieft worden. Die EU-Erweiterung vom 1. Mai, die auch vier weitere Nachbarländer Österreichs in die EU geführt hat, ist in jeder Hinsicht eine logische Fortführung des beispiellos erfolgreichen europäischen Integrationsweges. Die EU ist aber auch – und das ist mir besonders wichtig – ein Friedensprojekt nicht nur kontinentalen, sondern auch globalen Zuschnitts, an dem wir seit 10 Jahren aktiv Anteil nehmen. Hier kann Österreich aufgrund seiner langjährigen erfolgreichen Praxis einer aktiven Neutralitätspolitik sehr viel einbringen.

DAVID: Wie beurteilen Sie das Verhältnis bzw. die Zusammenarbeit mit Ihren politischen Gegenspielern?

G. Burgstaller: Wir haben ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP, das die gemeinsamen Ziele für die nächsten Jahre vorgibt. Koalitionen sind "Arbeitsgemeinschaften", keine "Ehen". Die Bevölkerung erwartet von uns nichts anderes, als dass wir gemeinsam Salzburg moderner, offener machen und die Chancen, die sich für unser Land in allen Bereichen bieten, auch wahrnehmen. Beide Koalitionspartner wissen das sehr genau. In der Anfangsphase ist es natürlich für die ÖVP, die ja jahrzehntelang die Nummer eins war, nicht leicht sich mit der neuen Rolle anzufreunden.

DAVID: Wie beurteilen Sie das Verhältnis der Salzburger Bevölkerung zu den Juden seit 1945?

G. Burgstaller: Aus meiner Wahrnehmung ist in die Beziehung zwischen der jüdischen und der nicht-jüdischen Bevölkerung Salzburgs längst Normalität eingekehrt. Man respektiert und achtet einander. Ich persönlich sehe die kleine Salzburger jüdische Gemeinde als Bereicherung für unsere pluralistische Gesellschaft. Wobei die Bedeutung gerade der jüdischen Tradition für das Kunst- und Kulturland Österreich kulturhistorisch gesehen kaum überschätzt werden kann. Das strahlt selbstverständlich in die Gegenwartskultur aus, wie nicht zuletzt auch die mehrjährige Schwerpunktsetzung der Salzburger Festspiele auf sog. "Exilkünstler" belegt (Heuer: Erich Wolfgang Korngold) und wird sicher auch weiterhin Bedeutung haben.

DAVID: Welche Aktivitäten setzt Ihre Regierung landesweit zum Abbau antisemitischer Vorurteile? Was geschieht in den Schulen?

G. Burgstaller: Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der jüdischen Kultur und Geschichte erfolgt meist im Rahmen des regulären Geschichteunterrichtes an den Schulen. Darüber hinaus werden im Bundesland Salzburg immer wieder spezielle Schul- und Klassenprojekte durchgeführt und dabei werden auch externe ReferentInnen (z.B. auch der IKG) eingeladen. Im Sinne der Friedenserziehung als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip werden an allen Schulen Projekte abgewickelt, die auch auf die Aufarbeitung von antirassistischen und antisemitischen Vorurteilen abzielen. Auch in der Lehrerbildung und Fortbildung werden immer wieder Seminare angeboten, die sich mit dieser Thematik befassen.

Laut Auskunft der Salzburger Sicherheitsdirektion Abt. Landesamtes für Verfassungsschutz hat es in den letzten Jahren keine antisemitischen Vorfälle gegeben.

DAVID: Wie sehen Sie die Zukunft der jüdischen Gemeinde in Salzburg?

G. Burgstaller: Zur Salzburger jüdischen Gemeinde, insbesondere zu Herrn HR Marko Feingold, hatte ich in all den Jahren meiner politischen Tätigkeit immer wieder persönlichen Kontakt. Die Salzburger Kultusgemeinde war stets aktiv und unterstützend tätig, wenn es darum ging, auch von Salzburg aus das tragische Geschehen vergangener Jahrzehnte vor dem Vergessen bzw. Verdrängen zu bewahren. Die Gemeinde hat sich aber auch als Brückenbauer in eine neue Zeit und hin zu einem neuen Miteinander verstanden und dies auch in überzeugender Weise gelebt.

Es würde mich überaus freuen, wenn die Maßnahmen der hiesigen Kultusgemeinde zur Erhöhung der Zahl an Gemeindemitgliedern von Erfolg gekrönt wären.

DAVID: Wie sieht es mit den Städtepartnerschaften, wirtschaftlichen Kontakten und den Fremdenverkehrsaustauschprogrammen mit Israel aus?

G. Burgstaller: Die Wirtschaftskontakte beginnen schon am Flughafen in Tel Aviv – dort kann man nämlich Mozartlikör der Salzburger Firma H.C. König kaufen. Auch die Produkte der Salzburger Wirtschaft verkaufen sich gut in Israel, natürlich auch traditionellere Süßigkeiten – z.B. in Kugelform. Aber auch die Salzburger Industrie liefert Kräne, Werkzeugmaschinen, Schi etc. Es sind 45 Salzburger Firmen, die Waren und Dienstleistungen im Wert von mehr als 21 Mio Euro nach Israel exportieren. Viele Israelis sind auch Gäste bei den Salzburger Festspielen oder kommen im Winter zum Schifahren nach Salzburg.

Abgesehen von Salzburg erhoffen wir uns für ganz Österreich von den hochrangigen israelischen Besuchen im Herbst (Parlamentspräsident Rivlin im September und der erste Besuch eines israelischen Staatspräsidenten Katsav im Oktober) eine Intensivierung nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der politischen Beziehungen. Salzburg hat seinen jüdischen MitbürgerInnen – nicht nur im Bereich der Kultur - viel zu verdanken.

Das Interview führte Ilan Beresin im August 2004.