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Eine Fahne für Tibet

Lobsang GYALPO

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Im Jahre 1950 wurde der souveräne Staat Tibet von der Volksrepublik China gewaltsam besetzt und 1951 völkerrechtswidrig annektiert. Bis zu diesem Zeitpunkt war Tibet ein de-facto unabhängiges Land.

Zwischen 1951 und 1959 gab es eine unbehagliche Koexistenz zwischen Tibetern und chinesischen Besatzern. Ähnlich wie beim Ungarn- Aufstand 1956 und dem Prager Frühling 1968 kulminierte der verzweifelte Widerstand des Tibetischen Volkes gegen die brutale Invasion und Besetzung ihres Landes durch China am 10. März 1959 in einem Aufstand in der Hauptstadt Lhasa.


Die von der Volksrepublik China verbotene tibetische Nationalflagge. Auch die Wiedergabe von Abbildungen des Dalai Lama ist verboten

Am 9. März 1959 um 8 Uhr morgens forderten 2 chinesische Offiziere den Kommandanten der Leibwache des Dalai Lama auf, zu Brigadier Fu im chinesischen Militärhauptquartier in Lhasa mitzukommen. Dort wurde er angewiesen, dass am nächsten Tag die bewaffnete Leibgarde den Dalai Lama nicht begleiten dürfe, wenn dieser der Einladung in das chinesische Armee-Hauptquartier Folge leiste. Die übliche Zeremonie werde nicht stattfinden und alles sei streng geheim.

Die Einladung bewirkte, dass also am 10. März 300.000 Tibeter den Norbulingka-Sommerpalast umstellten und ein Menschenmeer zum Schutz des Dalai Lamas bildeten. Sie befürchteten, dass er nach Peking entführt werden sollte, um dort an der Chinesischen Nationalversammlung teilzunehmen. Diese Mobilisierung der Massen zwang den Dalai Lama, die Einladung des Armeeführers abzusagen. Statt dessen wurde er nun als Gefangener des Gewissens gehalten.

Am 12. März marschierten 5000 tibetische Frauen durch die Straßen von Lhasa. Sie trugen Spruchbänder, auf denen „Tibet den Tibetern" gefordert wurde, und riefen: „Ab heute ist Tibet unabhängig!" Sie richteten ein Hilfsersuchen an das indische Generalkonsulat in Lhasa. Mitglieder und Anhänger der Volksversammlung hatten in den engen Straßen von Lhasa Barrikaden errichtet, während die chinesische Miliz auf den flachen Dächern Maschinengewehre in Stellung gebracht hatten.

Am 15. März verließen 3000 der Leibwächter des Dalai Lama Lhasa und bezogen Stellung an einem vorbereiteten Fluchtweg, der zusätzlich durch Zivilisten getarnt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren die Tibeter den Chinesen zahlenmäßig im Verhältnis zwei zu 25 unterlegen. An die 50.000 chinesische Soldaten umstellten die Stadt mit 17 schweren Kanonen. Es gab Gerüchte, dass weitere Truppen aus China eingeflogen werden.

Am 17. März feuerten die Chinesen auf den Norbulingka. Nun hatten die chinesischen Granatwerfer das Warnzeichen des Todes gegeben. Jeder innerhalb des Palastes dachte jetzt nur daran wie das Leben des Dalai Lama geschützt werden konnte. „Und das hieß, dass ich den Palast und die Stadt sofort verlassen musste", erinnert sich Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama in seiner Autobiographie „Mein Leben und mein Volk". „Wohin sollte ich gehen? Wie und wo konnte ich ein Asyl finden? Alles war ungewiss." Am Abend machte sich der Dalai Lama, gekleidet in eine Soldatenuniform und mit einem Gewehr über der Schulter, auf den gefahrvollen Weg nach Indien in die Freiheit, wie seine Mutter und ältere Schwester schon vor ihm.

Am 19. März spät abends brachen in Lhasa Kämpfe aus. Zwei Tage lang kämpfte der hoffnungslos unterlegene tibetische Widerstand Mann gegen Mann. 800 Granaten wurden am 21. März auf den Norbulingka gefeuert. Tausende von Männern, Frauen und Kindern, die rund um die Palastmauer kampierten, wurden abgeschlachtet und die Wohnungen von 300 Beamten innerhalb der Palastmauern wurden zerstört. Anschließend wurden 200 Angehörige der Leibwache des Dalai Lama entwaffnet und öffentlich durch MG-Feuer erschossen. Die größeren Klöster in Lhasa - Ganden, Sera und Drepung - wurden beschossen, die letzteren beiden irreparabel, und die Klosterschätze und wertvolle Schriften wurden zerstört. Tausende von Mönchen wurden entweder auf der Stelle getötet oder in die Stadt zu Zwangsarbeit verschleppt oder deportiert. Bei Razzien wurden die Bewohner aller Häuser, in denen Waffen gefunden wurden, nach draußen getrieben und an Ort und Stelle erschossen. In diesen Tagen wurden über 86.000 Tibeter in Zentraltibet von den Chinesen umgebracht.

Seither wird der 10. März von den Tibetern und ihren Freunden in aller Welt als Tag des Widerstandes begangen.

Trotz der unter chinesischer Herrschaft seit Jahren kontinuierlich fortschreitenden Verschlechterung der Lebensumstände seiner Landsleute in ihrer Heimat Tibet, vertritt der Dalai Lama, dem 1989 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, konsequent eine Politik der Gewaltlosigkeit und Toleranz. In diesem Geiste und um das Überleben seines Volkes und der Tibetischen Kultur zu sichern, ist der Dalai Lama sogar bereit, auf die Tibet völkerrechtlich zustehende Unabhängigkeit zu verzichten und sich mit einer echten Autonomie innerhalb des Chinesischen Staatsverbands zu bescheiden. Gleichwohl wurden seine Versuche, China zu einem Dialog über die Zukunft Tibets zu bewegen, immer wieder zurückgewiesen. Im offiziellen chinesischen Sprachgebrauch gegenüber dem Dalai Lama hat sich bislang nichts geändert. Nach wie vor wird der Mann des Friedens demagogisch als Separatist und Volksverhetzer verteufelt.

Am 10.März 2007 wurde in Mitteleuropa Frankreich, Italien, Luxemburg, Ungarn, Tschechien, Österreich, Deutschland in mehr als 2.000 Städten für Tibet die Fahne gezeigt. Die Unterstützung durch die demokratisch gewählten Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Landräte und Landrätinnen zählt um so mehr, als diese für Tausende von Bürgern sprechen. Das sollte für die nationalen Regierungen, aber auch für die EU, ein deutliches Zeichen sein, der Tibetfrage endlich einen vorrangigen Platz auf ihrer Agenda einzuräumen und die legitimen Rechte des tibetischen Volkes anzuerkennen. Sie müssen ihren Druck verstärken, damit China sich endlich zu einem Dialog ohne Vorbedingungen über den künftigen Status Tibets bereiterklärt. 

SAVE TIBET – Gesellschaft zur Hilfe an das Tibetische Volk in Österreich unterstützt das Tibetische Volk in seinem gewaltlosen Kampf für Selbstbestimmung und Menschenrechte. Der Verein verwaltet derzeit mehr als 800 Patenschaften von tibetischen Flüchtlingen, großteils Kindern. Es werden Spendengelder für Sozialprojekte im indischen Exil gesammelt. Elisabeth Zimmermann ist Präsidentin des Vereines „Save Tibet". www.tibet.at

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