Ausgabe

Lexikon der Wiener Strassennamen

Content

Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Strassennamen. Bedeutung - Herkunft - Frühere Bezeichnungen 

Pichler Verlag: Wien 2012

8. überarbeitete Ausgabe, zahlreiche Farb- und Schwarz-weiss-Abbildungen

340 Seiten, Euro 19,99

ISBN: 978-3-85431-599-5

Strassennamen sind nicht nur unverzichtbare praktische Orientierungshilfen im städtischen Alltag, sie bilden auch einen wesentlichen Teil der öffentlichen Erinnerungskultur und des kollektiven Gedenkens: Strassen, Gassen, Plätze, Wege, Alleen, Brücken, Stege - insgesamt 6.638 Verkehrsflächen hat die Stadt Wien mit Stichtag 1. Mai 2012 erfasst. Sie werden in der neuen, völlig überarbeiteten 8. Ausgabe des Lexikons der Wiener Strassennamen ausführlich dokumentiert.

Der Historiker Peter Autengruber erläutert unter Mitarbeit von Manfred A. Fischer und Ingrid Autengruber im „Lexikon der Wiener Strassennamen" die Benennung aller Wiener Verkehrsflächen von A bis Z (Abbégasse bis Zypressenweg) und gibt Antworten auf viele Fragen nach deren Herkunft und Bedeutung.

Der Band ist wie folgt gegliedert: Inhaltsverzeichnis (S. 5), Abkürzungsverzeichnis (S. 6), Vorwort zur 8. Auflage (S. 7), Erläuterungen historischer Begriffe (S. 8), Einleitung (S. 9-22): Benennung von Verkehrsflächen, Lobbying im öffentlichen Raum, Orientierungshilfe versus politische Symbolik, Statistik, Stadterweiterung und Bezirksgrenzen, Beschluss des Gemeinderates über die Vergabe von Orientierungsnummern für Strassen, Gassen und Plätze in Wien, die neue Rechtschreibung bei Strassenamen. Den Hauptteil bildet das Verzeichnis der Strassennamen von A bis Z (S. 23-312), gefolgt von einem Literaturverzeichnis (S. 313-316), dem Bildnachweis (S. 317-318) sowie einer Konkordanzliste der früheren Bezeichnungen und ihrer heutigen Entsprechungen (S. 319-340).

In der Einleitung werden unter anderem die Umbenennungen von Verkehrsflächen thematisiert. Umbenennungen erfolgen primär im Zuge politisch-gesellschaftlicher Veränderungen und sind zugleich mit hohen Kosten für Stadtverwaltung und Anrainer (insbesondere für Firmen) verbunden. Jüngere Beispiele hierfür sind die Jägerstätterstrasse, seit 1993 (vormals Ottokar-Kernstock-Gasse), benannt nach dem Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (1907-1943) (S. 9. u. 141), und die Simon-Wiesenthal-Gasse, seit 2006 (vormals Ichmanngasse), benannt nach dem bekannten Holocaust-Überlebenden und „Nazi-Jäger" Ing. Simon Wiesenthal (1908-2005) (S. 9 u. 267). Eine kreative Lösung wurde im Falle des Schlesingerplatzes gefunden, dessen Namen man aus verschiedenen Gründen nicht ändern wollte: 2006 erfolgte die Zuordnung nicht mehr nach dem ehemals christlichsozialen Reichsratsabgeordneten Josef Schlesinger, der durch Antisemitismus aufgefallen war, sondern nach der Politikerin Therese Schlesinger (1863-1940), die sich engagiert für Frauenrechte eingesetzt hatte (S. 10 u. 254-255).

Im April 2012 sorgte die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings in „Universitätsring" für Schlagzeilen und machte abermals deutlich, wie brisant und politisch aktuell die Namensgebung von öffentlichen Verkehrsflächen sein kann. Der beliebte Wiener Bürgermeister Dr. Karl Lueger (1844-1910), zugleich einer der profiliertesten politischen Gestalten des Fin de Siècle, war auch durch seinen programmatischen und populistischen Radau-Antisemitismus in die Geschichte Österreichs eingegangen. Das Lexikon erläutert die Vorgänge, die zur Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Ringes führten. Der Entscheidung war eine ausführliche öffentliche Diskussion mit allen politischen Parteien, unterstützt von namhaften Fachhistorikern vorausgegangen (S. 10).

Die Bezeichnung „Universitätsring" sei hier zugleich als Beispiel für die Lexikon-Eintragungen herangezogen: „Universitätsring, 1., seit 2012 (urspr. Franzensring, 1919 Ring des 12. November = Tag der Ausrufung der 1. Republik, 1934-2012 Dr.-Karl-Lueger-Ring)" (S. 289). Die Bezeichnung „Dr.-Karl-Lueger-Platz" mit dem Lueger-Denkmal blieb im Übrigen unverändert (S. 69).

Das „Lexikon der Wiener Strassennamen" ist jedenfalls ein spannendes Wien-Buch zum Nachschlagen und Nachlesen, zum Nachdenken über Menschen und Ereignisse, die das Schicksal Österreichs und unserer Bundeshauptstadt mitgestaltet haben.