Ausgabe

Die Neue Neologische Synagoge in Lucˇenec/ Slowakei

Nahir Günel

Der Baukörper ist einer von insgesamt drei in Lucˇenec errichteten Synagogen, zugleich auch der einzige heute noch erhaltene.

Inhalt

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Virtuelle Rekonstruktion der Neuen Neologischen ­Synagoge in Lucˇenec (Slowakei) Strassenseite – Blickrichtung Nordost (links)
Virtuelle Rekonstruktion der Neuen Neologischen Synagoge in Lu
cˇenec (Slowakei) – Blickrichtung Thoraschrein (seitlich) (rechts)

Gebaut im Jahre 1925, wurde der Sakralbau nur wenige Jahre für seinen ursprünglichen Zweck verwendet und konnte aufgrund der vorhandenen gesellschaftspolitischen Gegebenheiten über Jahrzehnte hinweg keine richtige Nutzung mehr erfahren. Gezeichnet von den Folgen des Krieges, den Plünderungen und Verschmutzungen schien eine dem Gebäude gerecht werdende Nutzung aussichtlos. Jedoch änderte sich dies im Jahre 2016, als mittels Förderung vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung die ehemalige Synagoge zu einem multikulturellen Zentrum umgebaut wurde. Des Weiteren wurde der Innen- und Aussenbereich der Synagoge im Jahr 2017 virtuell rekonstruiert.

Parallel zur Entwicklung des Judentums in der Slowakei beziehungsweise Lucˇenec und zu den sich ständig ändernden gesellschaftspolitischen Bedingungen und Verhältnissen, erfuhren auch die jüdischen Sakralbauten einen dementsprechenden Wandel in Bezug auf ihren Erhalt und baulichen Zustand. Gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in der heutigen Slowakei einen regelrechten Synagogen-Bauboom. Aufgrund der späteren Umstände ist heute eine Vielzahl dieser Sakralbauten nicht mehr vorhanden: Zur Zeit des kommunistischen Regimes wurden insgesamt 85 Synagogen in der Tschechoslowakei zerstört und dem Erdboden gleichgemacht.1

Als nach 1800 die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder noch zu gering für die Errichtung einer eigenen Synagoge war, bedienten sich diese angemieteter Gebetshäuser zur Ausübung ihrer religiösen Dienste. In Lucˇenec selbst wurden insgesamt drei Synagogen errichtet. Die jüngste von ihnen ist bekannt als die Orthodoxe Synagoge. Die beiden anderen werden als die Alte beziehungsweise Neue Neologische Synagoge bezeichnet.

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Historische Innenraumaufnahme der Neuen ­Neologischen Synagoge (Blickrichtung Ost)

Die Neue Neologische Synagoge wurde ab dem 31. März 1924 bis 8. September 1925 nach den Entwürfen von Leopold (Lipót) Baumhorn verwirklicht.2 Dieser prächtige Bau von Leopold Baumhorn erfüllte nur neunzehn Jahre lang (1925–1945) seinen ursprünglich angedachten Zweck: Eine Synagoge mit über tausend Sitzplätzen für die dementsprechend gross gewordene jüdische Gemeinde. In den darauffolgenden Jahrzehnten verliert sie immer mehr an Glanz, wird in weiterer Folge geplündert und beschädigt, bis sie im Jahre 2016 doch noch gerettet und für neue Zwecke genutzt, wieder zu einem gern gesehenen Standort der Stadt wird.

Die Stadt Lucˇenec konnte in den vergangenen zwei Jahren mit finanzieller Unterstützung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung den jahrelangen Wunsch der dortigen Bevölkerung nach einer sinnvollen Nutzung für die ehemalige Synagoge letztendlich erfolgreich umsetzen.

Im Zuge der Recherchen und des Zusammentragens aller wesentlichen Informationen für die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Lucˇenec waren die Kombination und der gegenseitige Abgleich von verschiedenen Quellen ein ausschlaggebendes Kriterium für ein wirklichkeitsgetreues Resultat.

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Vergleich der ­Synagoge Lucˇenec 2014 und 2017 – Aussen

Alle Abbildungen ohne Quellenangabe sind vom Verfasser dieser Arbeit erstellt.

 

Nachlese:

DI Nahir Günel: Virtuelle Rekonstruktion der Neuen Neologischen Synagoge in Lučenec (Slowakei).
TU Wien: Diplomarbeit 2017.

Link:
https://publik.tuwien.ac.at/files/publik_260191.pdf

 

Quellenverzeichnis

1 VITTI Vanda, (Trans-)Formationen jüdischer Lebenswelten nach 1989, Eine Ethnografie in zwei slowakischen Städten. transcript Verlag Bielefeld, Bielefeld, 2015, S. 119

2 DORFMAN Ben-Zion, DORFMAN Rivka, Synagogues Without Jews. Jewish Publication Society of America; First Edition (Third Printing), 2001, S. 243