Ausgabe

Wunderliche Tränen, spanischer Rotwein und Madonnen made in Taiwan

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Susanne Falk: Das Wunder von Treviso.

München: Kindler Verlag 

253 Seiten , Euro 17,50,- 

ISBN 978-3-463-40600-8

Ein zweijähriger Italienaufenthalt hat wohl die Germanistin zu ihrem Debutroman „Das Wunder von Treviso" inspiriert. Schauplatz der Handlung ist das ärmliche, weithin unbekannte norditalienische Dörfchen Treviso, das seinen Bewohnern nichts ausser einem einfachen Supermarkt, einer Trattoria, einem Friseurladen und einer bescheiden ausgestatteten, da im Krieg von den Deutschen geplünderten Kirche bietet. Dorfpfarrer Don Antonio, der in seiner Pfiffigkeit an seinen Amtskollegen Don Camillo erinnert, stösst eines Tages im Keller des Pfarrhauses, das er mit seiner resoluten Schwester Maria bewohnt, auf eine beschädigte blaue Marienstatue. Schnell ist der Plan, der das Dorf und seine Kirche aus ihrem betrüblichen Zustand befreien soll, geboren. Kunsttischler Salvatore wird konsultiert, und dank dessen handwerklichem Geschick gelingt nicht nur die Restaurierung der
Statue, sondern er verhilft der Madonna auch zu blutigen Tränen. Dass diese aus billigem spanischen Rotwein bestehen, bleibt ein Geheimnis zwischen  den beiden Männern und tut dem Wunder, das sich rasch über alle Medien verbreitet, keinen Abbruch. Im Gegenteil, sehr bald kommen die ersten Pilgergruppen ins Dorf, und mit ihnen beginnt ein wirtschaftlicher Aufschwung, von dem alle Dorfbewohner profitieren. Über der Trattoria werden Fremdenzimmer ausgebaut, der Supermarkt wird vergrössert und verkauft bald Unmengen blauer Madonnenstatuen - importiert aus Taiwan. Eine Vinothek wird eröffnet, in der die Pilger Rotwein minderer Qualität, jedoch  mit dem Etikett „Tränen der Madonna" versehen, erstehen können.
   So sind alle glücklich, auch der Bürgermeister sonnt sich in neuer Wichtigkeit, und Friseur Luigi und des Pfarrers Schwester entdecken nach Jahren  des Alleinseins wieder die Liebe. Die Wende und der grosse Schrecken für Don Antonio kommt, als ein Schreiben des Vatikans eintrifft und eine Inspektion des Wunders ankündigt. Die  dadurch ausgelösten Turbulenzen sind amüsant geschildert und nehmen mitunter skurrile Formen an. Die Autorin hat mit viel Humor und feiner Ironie den dörflichen Alltag sowie die Schrullen und Schwächen der Dorfbewohner und auch der Pilger gezeichnet. Ein luftig-leichter Roman, bestens geeignet als kurzweilige Strandlektüre oder für einen verregneten Nachmittag daheim auf der Couch.