Christoph Tepperberg
Doris Feil: Hochschwarzwald.
(Aus der Reihe: European Essays on Nature and Landscape)
Hamburg: KJM Buchverlag 2024.
Gebunden, 144 Seiten, Fotografien, Zeichnungen u. Karten, Euro 23,50.-
ISBN/EAN: 978-3-96194-235-0
Die Autorin
Dr. Doris Feil, geb. 1971, ist im Hochschwarzwald aufgewachsen. Sie besuchte dort die entlegene Jesuitenschule in St. Blasien, studierte im München Philosophie und Literaturwissenschaften und promovierte über Stufen der Seele. Erkenntnistheoretische Darstellung in Goethes »Werther« und Hölderlins »Hyperion« (2005), eine Thematik, die sich in vorliegendem Büchlein wiederfindet. 2010 begann sie das Zweitstudium der Bildenden Kunst, das sie an der Kunstakademie München mit Diplom abschloss. Heute ist sie unter dem Namen Dos Feil als freie Künstlerin tätig.
Die Reihe
»European Essays on Nature and Landscape« beschäftigt sich mit Landschaften und Naturphänomenen in Europa. Dabei bringen die Autoren ihren ganz persönlichen Zugang zu ihren favorisierten Landschaften ein. Es sind schon mehrere Bände mit blumigen Titeln erschienen (Unter Bäumen, Heide, Strand, Talmäander, Hügelland, Unterm Himmel, Randmeer, Moor, Hochschwarzwald, Neuwald und An der Quelle).
Das Buch
Doris Feils Essay beschäftigt sich mit ihrer Heimat, dem Hochschwarzwald, einer Landschaft im Südwesten Baden-Württembergs. Ihre Spaziergänge und Landschaftsbeschreibungen bilden den Rahmen für die Begegnung zweier besonderer Menschen: Der jüdische Lyriker und Holocaust-Überlebende Paul Celan (1920–1970), Dichter der »Todesfuge«, traf 1967 auf den gefeierten Existenzphilosophen und beratungsresistenten Nazigefolgsmann Martin Heidegger (1889–1976). Celan war ein Kind der Bukowina, der gelungenen Miniaturausgabe der Donaumonarchie, Heidegger ein Kind des Schwarzwaldes mit einer Hütte in Todtnauberg. Die Reise der beiden Protagonisten in den Hochschwarzwald beginnt in Freiburg/Breisgau und führt nach Todtnauberg, nach St. Blasien und ins Horbacher Moor, auf die Höhen und Täler des Hochschwarzwaldes. Celan und Heidegger begeben sich zu Heideggers Hütte, wo Celan sich ins Gästebuch einträgt. Gemeinsam erleben sie Fichten, Weideflächen, Quellen, Bäche und Moore, beeindruckende Perspektiven und Stimmungen. Im Hochschwarzwald stehen einander helle Südhänge und dunkle Nordhänge gegenüber. Auch die Gegensätze von einsamen Waldgebieten und urbaner Entwicklung werden thematisiert. Doris Feil hatte sich für dieses Büchlein noch einmal in ihre Heimat begeben. Entlang der beiden Protagonisten mit ihren Spaziergängen durch die einzigartige Landschaft erläutert die promovierte Literaturwissenschafterin und Künstlerin Weltsicht und Sprache der beiden unterschiedlichen Charaktere. Im Fokus stehen unter anderem Auseinandersetzungen mit dem Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843) und dem Philosophen Immanuel Kant (1724–1804). Einige Kapitel lauten daher: »Kant sagt Papperlapapp«, »Heidegger, der Anti-Kant«, »Hölderlins integrative Konzepte«, »Heideggers Hölderlin-Adaption und Celans Position«. Dazu gibt es auch Literaturangaben und Anmerkungen.1 Heidegger hat sich in die Verwirrung von Existenzphilosophie und Nazigefolgschaft hineinmanövriert. Durch seinen Besucher bekommt er eine letzte Chance auf Heilung. Heidegger hat die Chance auf Richtigstellung und Heilung ausgeschlagen, die Celan ihm bot.
Eingebettet in das Landschaftserlebnis der Autorin und der beiden Protagonisten ist ein eindrucksvolles Genre entstanden. Die Texte mit den stimmungsvollen Federzeichnungen, Tuschen und Kreiden machen das Büchlein zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Anmerkung
1 Vgl. Harald Klaush: »Todtnauberg«. Heidegger und Celan: Geschichte einer »Nichtbegegnung«. In: Die Presse vom 2.7.2020.