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250 Jahre Tiergarten Schönbrunn

Renate ZEDINGER

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Der älteste Tiergarten der Welt begeht im heurigen Jahr sein 250jähriges Bestehen, die Tierhaltung selbst hat im Wiener Raum allerdings eine noch viel weiter zurückliegende Tradition. In der langen geschichtlichen Überlieferung werden die sich ändernden Beziehungen von Mensch und Tier im Rahmen eines neuen Umweltbewusstseins erkennbar.
Tierhaltung im Wiener Raum
Die älteste, historisch nachweisbare Tierhaltung ist aus dem Jahr 1452 bekannt, als der Wiener Bürgermeister für den zwölfjährigen Ladislaus Postumus (1440-1457), König von Ungarn und Böhmen, einige Tiere im Stadtgraben gefangen hielt. Diese Anlage wurde bald nach dem Tod des jungen Herrschers aufgelöst und erst 1542 wurde wieder, diesmal auf der Burgbastei, eine "Tierschau" eingerichtet. Der spätere Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) hielt hier Löwen, Tiger, Leoparden, Bären, Affen, einen Strauß und eine große Zahl "Indianischer Raben", wie man damals Papageien nannte.

Luftaufnahme von Tiergarten Schönbrunn

Von einem "Tiergarten" im eigentlichen Sinn kann aber erst in der Zeit des Kaisers Maximilian II. (1527-1576) gesprochen werden. Er kam 1552 aus Spanien nach Wien zurück und kann als eigentlicher Gründer der Tiergärten im Wiener Raum bezeichnet werden. Noch im gleichen Jahr ließ er im Schloss Kaiserebersdorf eine Menagerie errichten, um auch eine adäquate Unterbringung des mitgebrachten Elefanten zu ermöglichen. Das Tier hatte großes Aufsehen am Weg von Spanien nach Wien erregt, die vielen Gasthäuser und Hotels, die bis heute den Namen "Zum Elefanten" tragen, geben davon Zeugnis.
Die Menagerie in dem ebenfalls von Maximilian II. zwischen 1564 und 1576 errichteten Schloss Neugebäude erwies sich als langlebiger. Das Schloss erhielt seinen Namen erst unter Leopold I. (1640-1705), zur Zeit Maximilians II. wurde es "Fasangarten" genannt. Hier wurde nun erstmals eine umfangreiche Tierhaltung betrieben: In der Abteilung "Reißende Tiere" gab es Löwen, Geparde und Tiger bis ins 18. Jahrhundert; in der Abteilung für "Friedliche Tiere" wurden vor allem Hirsche, Hasen und Vögel gehalten. In der Mitte der Anlage ließ Maximilian II. ein auf Pfählen ruhendes Gebäude errichten, von dessen Fenstern der bequeme Blick auf die Gehege auch bei schlechtem Wetter Gewähr leistet war; auf dieses Konzept wurde bei der Schönbrunner Menagerie zurückgegriffen. Der Name "Schönbrunn" ist 1642 erstmals urkundlich erwähnt. Auch hier setzte Maximilian II. die entscheidenden Schritte, als er im Jahr 1569 dieses Areal mit der hier befindlichen kleinen Katterburg ankaufte und ein Jahr später einen Tiergarten anlegen ließ.

Elefantenbaby "Abu"

Generell gehörte die Tierhaltung seit der frühen Neuzeit im mitteleuropäischen Raum zum Erscheinungsbild der Herrschenden: sie diente der Jagd, der Repräsentation und der Prachtentfaltung. Prinz Eugen von Savoyen (1663-1736), der Feldherr, Kunstmäzen und Diplomat setzte jedoch neue Maßstäbe. In der Sommerresidenz Belvedere ließ er 1716 neben dem oberen Schloss eine halbkreisförmige Menagerie anlegen, deren reicher Tierbestand von den Prunkräumen des Palais beobachtet werden konnte. Die Menagerie im Belvedere war die Attraktion in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts und Franz Stephan von Lothringen, der 1723 an den Wiener Hof kam, fand mehrmals Gelegenheit, sie zu besuchen.
Nach dem Tod von Prinz Eugen im April 1736 kaufte Kaiser Karl VI. die gesamte Anlage, die "reißenden" Tiere wurden ins Neugebäude gebracht und die "friedlichen" Tiere 1752 in die Schönbrunner Menagerie überstellt. In der Belvedere-Menagerie verblieb lediglich ein Weißkopfgeier: Er befand sich seit 1706 im Besitz des Prinzen Eugen und starb 1824, nachdem er 117 Jahre in Gefangenschaft verbracht hatte.


Die Gründung der Menagerie in Schönbrunn

Schon früh war Franz Stephan von Lothringen (1708-1765) mit dem Gedankengut der Aufklärung in Berührung gekommen. Die Residenz des Vaters in Lunéville galt, so beschrieb es Voltaire, als einer der aufgeklärtesten Höfe Mitteleuropas: Durch die Mutter Elisabeth-Charlotte von Orléans verband sich französische Lebensart mit den Wissenschaften, die der Vater großzügig förderte. Gemäldegalerie, Bibliothek und Sammlungen gehörten für Herzog Leopold von Lothringen zum Selbstverständnis eines aufgeklärten Herrschers. Der Sohn setzte die Tradition nicht nur fort, er konnte dank seiner wirtschaftlichen Erfolge den Grundstein für zahlreiche Institutionen legen, die noch heute zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Wiens gehören: Die Münzen- und Medaillensammlung sowie der Tapisserien-Bestand im Kunsthistorischen Museum, die an die 50.000 Objekte umfassende Naturaliensammlung im heutigen Naturhistorischen Museum, vor allem aber die Menagerie von Schönbrunn.
Mit dem Bau und der Einrichtung beschäftigte sich Franz Stephan von Lothringen intensiv ab 1751. Prägend waren die naturwissenschaftliche Erziehung in Lothringen, die Besuche im Belvedere, die Besichtigung von Versailles, eine Reise nach Holland, wo in den großen Häfen die Schiffe mit exotischen Tieren landeten. Als Architekt kam nur der Lothringer Jean-Nicolas Jadot (1710-1761) in Frage. Sein sternförmiger Entwurf war zu diesem Zeitpunkt schon überholt. Allerdings kam das Konzept den Intentionen des Kaisers entgegen, und für die Beobachtung der Tiere erwies es sich als geradezu ideal. Um den runden Zentralbau ordnete Jadot 13 Segmente, 12 Gehege für die Tiere sowie das etwas weiter nach hinten gesetzte Verwaltungsgebäude. Am Beginn des Jahres 1752 waren die baulichen Vorbereitungen so weit gediehen, dass mit der Tierbeschaffung begonnen werden konnte. Die kaiserlichen Anweisungen gingen an die Gesandten, Botschafter, Händler und Unternehmer in den großen Häfen; zusätzlich wurde ein sachkundiger Tierwärter nach Amsterdam geschickt, um vor Ort Ankäufe zu tätigen. Franz Stephan von Lothringen wünschte vor allem seltene exotische Vögel und keinesfalls "Affen, Papageien und alle Tiere, welche mit Fleisch ernährt werden mussten" – wegen der Geruchsbelästigung. Im Juli 1752 war es dann so weit, die Menagerie konnte besichtigt werden, wie Obersthofmeister Khevenhüller-Metsch in seinem Tagebuch vermerkte. Der Kaiser stellte täglich seine Beobachtungen an und er war immer dabei, wenn neue Tiere eintrafen. Einen ganz wesentlichen Impuls erhielten die Menagerie, die Gartenanlagen und die Naturalienkabinette durch die vom Kaiser finanzierte Karibikexpedition. Nikolaus von Jacquin war fünf Jahre (1754-1759) unterwegs gewesen und hatte unter abenteuerlichsten Bedingungen seltene Tiere, exotische Pflanzen, Mineralien, Conchylien aber auch Münzen und Ethnographica mitgebracht.

Koalabär "Bilyarra"

Der Menagerie-Pavillon

Erst im Jahr 1759 wurde der achteckige, von Jadot als "Salon" bezeichnete Zentralbau fertig gestellt. Ungewöhnlich ist das aufwändige und für den zierlichen Pavillon überdimensioniert erscheinende Fundament. Es hat zu vielen Deutungen Anlass gegeben: Verbargen sich dahinter alchemistische Experimente oder eine Freimaurerloge? Die wenig spektakuläre Erklärung bietet nach den Forschungen der letzten Jahre ein Naturereignis: Der unweit von Schloss Schönbrunn vorüberfließende Wien-Fluss konnte sich innerhalb weniger Stunden in einen gefährlichen Strom verwandeln, erst wenige Jahre zuvor hatte eine Überschwemmung weite Teile des Parks verwüstet. Der Kaiser war sich des Problems bewusst, seine Ingenieure arbeiteten bereits an Regulierungsmaßnahmen. Jedenfalls bewahrte das stabile Fundament den zierlichen Bau vor dem Hochwasser. Auch zur Innengestaltung konnten nun durch umfangreiche Forschungen neue Erkenntnisse gewonnen werden. Zu Lebzeiten des Kaisers hatte Josef Ignaz Mildorfer (1719-1775), ein im Umfeld der lothringischen Künstler tätiger Barockmaler, das aufwändige Deckengemälde mit Szenen der griechischen Mythologie gestaltet. Die Wände waren jedoch in schlichtem zartem Grün gehalten. Nach dem überraschenden Tod des Kaisers im August 1765 ließ Maria Theresia den Pavillon in einen Gedenkraum verwandeln. Die Wände wurden mit Nussholzvertäfelungen ausgestattet und der Maler Franz Michael Augustin Purgau (1714-1770) erhielt den Auftrag, eine Serie von zwölf Bildern anzufertigen. Sie zeigen allerdings nicht, wie bisher angenommen, die damals in der Menagerie befindlichen Tiere, sondern Arten, die im europäischen Raum bekannt waren. Die in der Mitte des Pavillons 1766 aufgestellte Büste Kaiser Franz I. Stephan war ein Werk des Bildhauers Balthasar Ferdinand Moll (1717-1785). Damit war der Gedenkraum vollendet.


Von der kaiserlichen Menagerie
zum Zoo der Wiener

Mit der Öffnung der Menagerie für die Bevölkerung um 1780 wuchs auch das Interesse. Der ab 1817 regelmäßig verkehrende Poststellwagen bot eine bequeme und kostengünstige Möglichkeit für den Sonntagsausflug der Wiener. Sowohl Josef II. als auch die Kaiser Franz I. und Franz Joseph I. von Österreich hatten durch Ankäufe und Expeditionen den Tierbestand vergrößert, auch waren im 19. Jahrhundert großzügige Erweiterungen vorgenommen worden. Die Bevölkerung erwählte auch oft Lieblingstiere, gab ihnen Kosenamen und verfolgte ihren Lebensweg mit reger Anteilnahme. Das Eintreffen der ersten Giraffe löste 1828 in Wien einen richtigen "Boom" aus: Es gab Hüte, Kleider, Frisuren, Handschuhe "à la Giraffe", die Wiener spielten auf Giraffen-Klavieren, tanzten den Giraffen-Galopp und konnten im Leopoldstädter-Theater Adolf Bäuerles Stück "Die Giraffen in Wien" ansehen. Leider starb das Tier schon ein Jahr später und damit war auch die Modewelle vorüber.
Im Jahr 1914 beherbergte die Menagerie 3.400 Tiere, der Erste Weltkrieg beendete den Aufschwung. Allerdings wollten die Wiener auf dieses Vergnügen nicht verzichten, trotz Hunger und Zerstörungen verhinderten sie die Schließung durch eine erfolgreiche Sammelaktion. Freilich musste jetzt für den Eintritt bezahlt werden und die Republik führte nun den Namen "Tiergarten" ein. Auch der Zweite Weltkrieg brachte große Schäden mit sich, die Frage nach der Schließung wurde immer wieder gestellt. Mit der Ernennung von Dr. Helmut Pechlaner zum neuen Direktor des Tiergartens im Jahr 1992 gelang der Aufschwung. Der Tiergarten Schönbrunn präsentiert sich heute als beliebte Freizeiteinrichtung mit 1,7 Millionen Besuchern jährlich und gewinnt immer mehr Bedeutung für die bedrohte Tierwelt, für den Schutz aussterbender Rassen und deren Wiederansiedlung in neuen Lebensräumen.

Die Bilder wurden freundlicherweise vom Tiergarten Schönbrunn Ges.m.b.H. zur Verfügung gestellt.
Bundespressedienst des Bundeskanzleramtes