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Quellen zur Frühgeschichte des Zionismus

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Harald Seewann (Hrsg.): A. V. Kadimah. Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882-1938). Eine Dokumentation (Historia Academica Judaica, Bd. 10)

Graz: Archiv Historia Academica Judaica 2017.

488 Seiten, Euro 36,00

Bestellung: Harald Seewann, Resselgasse 26, 8020 Graz, c.h.seewann@aon.at

 

Mit der nun vorliegenden Dokumentation A.V. Kadimah. Fundstücke zur Chronik der ältesten jüdisch-nationalen Studentenverbindung (Wien 1882–1938) von Harald Seewann ist die Schriftenreihe Historica Academica Judaica mit zehn Bänden abgeschlossen. Der Autor bzw. Herausgeber Harald Seewann hat damit seine bedeutende Sammlung, die sich mit der Erforschung der Geschichte und der Sammlung von Unterlagen aus der versunkenen Welt des jüdisch-nationalen Korporationswesens beschäftigt, einer interessierten Öffentlichkeit übergeben. 

 

Seit dem Jahre 1977 widmete sich der Grazer Journalist und Verlagskaufmann in seiner Freizeit der Bearbeitung der österreichischen Studentengeschichte und gründete zwei Jahre später den Steirischen Studentenhistoriker-Verein. Einen Arbeits- und Interessensschwerpunkt bildeten bald die farbentragenden jüdischen Hochschulkörperschaften. Seewann, der 2007 von Heinz Fischer mit dem Professorentitel und von seiner Heimatstadt als „Bürger der Stadt Graz“ geehrt wurde, ist es zu verdanken, dass oft buchstäblich in letzter Sekunde aus Privatbesitz und aus den Erinnerungen der wenigen noch lebenden Zeitzeugen auf vier Erdteilen ein Stück verdrängter österreichischer Geistesgeschichte rekonstruiert werden konnte. Von 1990 bis 1996 publizierte Seewann das fünfbändige Referenzwerk Zirkel und Zionstern, das sich umfassend mit der Geschichtsdarstellung des mitteleuropäischen jüdisch-akademischen Vereins- und Verbindungswesens zwischen 1882 und 1938 befasst.  

 

Chronologischer Ausgangspunkt des jüdischen Verbindungswesens ist dabei die Wiener Akademische Verbindung Kadimah, die zunächst als Verein gegründete wurde und sich in den 1890er Jahren zur waffenstudentischen, farbentragenden Korporation wandelte. Die Bedeutung dieser Gruppe liegt in ihrer Rolle als „Mutterschiff“ des politischen Zionismus: Kadimah und ihre Mitglieder, Studenten und Absolventen der Wiener Hochschulen, zählten zu den wichtigsten Wegbegleitern Theodor Herzls, die an der Genese einer Idee zur politischen Bewegung unverzichtbaren Anteil hatten.  

 

Auf knapp 500 Seiten zeichnet Seewann anhand von faksimilierten Originaldokumenten den Weg der Kadimah und ihrer Mitglieder wie Ruben Bierer, Nathan Birnbaum, Moses Schnirer, Perez Smolenskin oder Fritz Löhner-Beda nach und ermöglicht damit eine Innensicht in eine der Keim- und Kraftzellen der zionistischen Bewegung. Anzumerken ist aber, dass der Band gewisse Vorkenntnisse über das Brauchtum und den Betrieb studentischer Verbindungen erfordert. Harald Seewann hat mit seiner nun abgeschlossenen, im Eigenverlag erschienen Reihe Historia Academica Judaica ein immenses Quellenkorpus zugänglich gemacht und damit die Grundlage für weitere Studien und Analysen auf dem Gebiet jüdischer Hochschulgeschichte geschaffen. 

 

Gregor Gatscher-Riedl