Ausgabe

Lichtigs Herrliche Postkarten

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Nea Weissberg-Bob (Hg.): Lichtigs Herrliche Postkarten - Eine Judaica Edition.

Berlin: Lichtig-Verlag 2011.

12 Postkartenmotive (15 Postkarten), Euro 14,90

ISBN: 3-929905-26-4

Das Verschicken von Privatbriefen ist heute beinahe völlig aus der Mode gekommen, mailen und simsen sind da sehr viel einfacher und auch schneller. Meistens schickt man sich gegenseitig gerade noch Grüsse für die Feiertage und zum Geburtstag.

Mit den herrlichen Postkarten des Lichtig-Verlags entledigt man sich nicht nur einer lästigen Aufgabe, sondern erfüllt eine Mitzva, eine religiöse Pflicht. Denn die 12 Postkarten, die zu einem Set vereint sind, zeigen keine der heute üblichen flotten Sprüche mit ebenso witzigen wie vergänglichen Karikaturen, sondern führen zurück in die Vergangenheit.

Am Anfang steht die „Hand der Miriam", die sich schützend vor die anschliessend folgenden Schätze stellt. Die ersten vier Ritualgegenstände werden ausschliesslich für den Schabbath verwendet: zwei silberne Pamotim, Kerzenleuchter, mit denen der höchste jüdische Feiertag, der Schabbath, am Vorabend, also am Freitagabend, begrüsst wird; dann der Kiddusch-Becher, ein silberner Kelch, auf dem zwei Weintrauben vom Inhalt künden. Die Abbildung des Barchesdeckchens erinnert an den nächsten Schritt beim Ablauf des Kiddusch, des Segens am Freitagabend. Es deckt die beiden Barches oder Challot, die geflochtenen Hefezöpfe zu, während der Segen über den Wein gesagt wird. Die vierte Postkarte zeigt die Gegenstände, die ein traditioneller Jude benötigt, um die Königin Schabbath wieder zu verabschieden: auch hier wieder ein Kiddusch-Becher, denn ohne einen Segen über den Wein geht im Judentum gar nichts; in der Mitte die Bessamim-Büchse, ein silbernes Türmchen, deren Duft die besondere Schabbath-Seele, die jeder bekommt, der den Schabbath auf traditionelle Weise begeht, wieder zurück in den Himmel begleitet. Ganz links sehen wir wieder eine brennende Kerze, diesmal ist sie geflochten und blau und weiss, und sie hat mindestens zwei Dochte, damit die Flamme schön kräftig brennt. Nachdem wir unsere Fingernägel darin gespiegelt haben, dürfen wir uns wieder den profanen Dingen, sprich dem Spiel oder der Arbeit, zuwenden.

Es folgen Postkarten zu zwei Feiertagen. Auf der nächsten ist etwas ganz Seltenes zu sehen: eine silberne Schale für den Seder, der am Vorabend von Pessach das achttägige Fest einleitet. In seiner Mitte trägt dieser Teller die hebräische Inschrift „Pessach", damit kein Irrtum hinsichtlich seiner Verwendung aufkommt. Am Rand stehen auf Hebräisch die Namen der fünf traditionellen Speisen, die zu Beginn der Festmahlzeit gegessen werden. Diesen wunderschönen Seder-Teller fand die Herausgeberin der Postkartenserie nach eigener Aussage in einem Trödelladen an der Ostsee. Man kann sie zu ihrem Fund nur beglückwünschen.

Die nächsten beiden Postkarten sind dem Chanukka-Fest gewidmet und zeigen die beiden möglichen Lampen für das Fest. Die ältere Form ist die Chanukka-Lampe vom Banktypus: acht kleine Ölbehälter, aufgereiht auf der Bank; auf der Rückwand zwei auf den Hinterbeinen stehende Löwen. Oben dann ein Kännchen für das Öl, mit dem die Lämpchen unten nacheinander angezündet werden können. Zwei Pfauen, als Sinnbild für das Paradies, bilden den krönenden Abschluss oben. Schlichter kommt dagegen der achtarmige Chanukka-Leuchter daher; er ist für Kerzen bestimmt. Ein vorgelagerter neunter Halter ist für eine neunte Kerze gedacht, mit der die anderen acht Kerzen nacheinander angezündet werden. Eine elegante Chanukkija mit kunstvoll verschlungenen Armen und Ästen.

Die Postkartenserie schliessen drei Gemälde von ebensovielen Rabbinern ab, der eine so religiös wie der nächste, alle drei mit einem langen weissen Bart, gehüllt in einen grossen weissen Tallith, einen Gebetmantel, mit schwarzen Streifen; zwei tragen eine Kippa, ein Käppchen, auf dem Kopf, der dritte einen Strejmel, einen Pelzhut, und zwei halten einen Siddur, ein Gebetbuch für den Schabbath und die Wochentage, in der Hand, der eine einen aufgeschlagenen, der zweite hat seinen wohl gerade geschlossen und wiederholt mit ebenso geschlossenen Augen ein Gebet. Der dritte Rabbiner, der mit dem Strejmel, blickt in die ungewisse Zukunft.

Eine wunderbare Serie von Postkarten über Jüdisches und mit Jüdischem, wie sie, auch dank der exzellenten Aufnahmen der einzelnen Gegenstände, so qualitätvoll auf Deutsch bisher nicht anzutreffen war. Mögen diese Postkarten viel unterwegs sein und von vergangenem, aber auch von zukünftigem jüdischem Leben künden!