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Ein versöhnlicher Blick zurück

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Hans Steiner: Nie wieder Wien? Erinnerungen an Jugend und Exil. Hg. v. Ruth Steiner.

Wien: Wiener Domverlag 2009.

231 Seiten, Euro 16,90,-

ISBN 978-3-85351

Hans Steiner ist einer von drei Söhnen eines Wiener Facharztes für Orthopädie. Hilfsbereite Dänen päppeln nach dem Ersten Weltkrieg den Buben als sogenanntes Wienerkind in Faaborg auf - es ist der Beginn einer lebenslangen freundschaftlichen Verbundenheit zwischen der Familie auf der Insel Fünen und dem Wiener Bürgersohn.

Noch ahnt niemand etwas von der drohenden Gefahr für die Juden in Deutschland und dann auch im von den Nazis kassierten Österreich. Doch im Mai 1938 kann sich der inzwischen zum Juristen promovierte und zum Rechtsanwalt zugelassene Akademiker nur durch Flucht nach Dänemark vor Verfolgung retten. Auch von dort muss er fliehen. Und schliesslich landet er in Manila auf den Philippinen, dessen Besetzung durch japanische Truppen abermals zur lebensbedrohenden Gefahr für Leib und Leben des Emigranten wird.

Dr. Hans Steiner kehrt nach einer glänzenden beruflichen Karriere - er wird österreichischen Honorargeneralkonsul - als Pensionist wieder nach Österreich, nach Wien zurück. Die meisten Mitglieder seiner Familie - insbesondere die älteren - hatten die Shoah nicht überlebt.

Auch der Jude Dr. Hans Steiner fragt sich, warum er nicht in seiner neuen Heimat bleiben, sondern nach Wien zurückkehren solle. Als er den Schritt getan hatte, schrieb er seine Erlebnisse und Erfahrungen auf. Seine persönliche Auseinandersetzung mit seinem Leben in Wien und in den ersten Jahren im Exil sollte nicht nur seinen Kindern Hoffnung geben.

 

Steiners Tochter Ruth hat nun diese Aufzeichnungen unter dem Titel „Nie wieder Wien?" herausgegeben. In einem von ihr verfassten Epilog sucht sie auch die Zweifel ihres Vaters an der Richtigkeit der Rückkehr-Entscheidung darzulegen:

„...anfangs sah er hinter jedem Österreicher einen Nazi und fragte sich immer wieder: Was hat er im Krieg gemacht? Verständlicherweise hatte er diesbezüglich eine Neurose, wie viele Flüchtlinge aus dem Jahr 1938."

 

Das Buch ist ein interessantes Dokument eines jüdischen Emigrantenschicksals, Steiners Erinnerungen sind ein sehr persönliches Stück Zeitgeschichte, zumal sie ein atypisches Schicksal beschreiben. Doch mindert dies keineswegs den Wert des Werkes, zeugt dieses doch eindrucksvoll vom Zusammenhalt einer in der weiten Welt  verstreuten Minderheit in Zeiten gnadenloser Verfolgung.