Ausgabe

Das Buch der jüdischen Kunst

Content

Miriam Magall: Das Buch der jüdischen Kunst. Berlin 2013. Bd. 1: Von der Antike bis zum Ende des Mittelalters. Mit einem Vorwort von Edward van Voolen.

315 Seiten, 199 Abbildungen.

Bd. 2: Von der frühen Neuzeit bis heute. Mit einem Vorwort von Salomon Korn.

318 Seiten, 217 Abbildungen.

Manuskript, die Autorin sucht einen Verlag.

„Das Buch der jüdischen Kunst" ist wegen der Fülle des Materials in zwei Bände aufgeteilt. Band 1 behandelt die jüdische Kunst von ihrer Entstehung in der Antike bis zum Ende des Mittelalters. Band 2 befasst sich mit der Weiterentwicklung der jüdischen Kunst von der frühen Neuzeit bis zum heutigen Tag.

Band 1 gibt zunächst in einer längeren Einleitung einen Überblick über die historischen und geistigen Hintergründe des Judentums und zeigt, wie diese Religion mit ihren Gesetzen sich auf Entstehung und Entwicklung einer spezifisch jüdischen Kunst auswirkt.

Bereits im Altertum findet die Entwicklung des typisch jüdischen Repertoriums statt, die anhand von Münzen, Sarkophagen und Ossuarien verfolgt werden kann. Gleichzeitig entwickeln sich die religiösen Symbole des Judentums, die bis heute verwendet werden. Im Orient werden die ersten Synagogen gebaut; ihre damals entwickelten Formen nehmen die Juden mit, als sie nach der Niederschlagung ihres letzten und vergeblichen Aufstands gegen die römische Besatzungsmacht im Jahr 135 d.Z. als römische Sklaven aus ihrem Land gerissen und in den Ländern rund um das Mittelmeer und später auch in den Provinzen auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs und Deutschlands angesiedelt werden.

Dementsprechend verlagert sich im Mittelalter der Schwerpunkt jüdischen Lebens nach Europa. Die hier erbauten Synagogen übernehmen äusserlich weitgehend die in ihren Gastländern gerade moderne Form, ihr Inneres bleibt dagegen der einmal in ihrem Ursprungsland Juda/Judäa festgelegten Anordnung treu. Die mittelalterlichen jüdischen Friedhöfe sind heute oft die einzigen Überbleibsel blühender jüdischer Gemeinden. Jetzt entstehen auch erste, noch heute teilweise erhaltene Ritualgegenstände für den Gebrauch in der Synagoge und im Privathaus. Die Buchmalerei ist beinahe ausschliesslich die Domäne jüdischer Künstler, die die von professionellen jüdischen Sofrim, „Schreibern", kopierten Exemplare der Hebräischen Bibel, Siddurim und Machsorim, Gebetbücher für den Schabbath und die Wochentage sowie eigene Gebetbücher für die jüdischen Feiertage, ausschmücken.

Ein besonderes Kapitel ist der Mikve, dem jüdischen Ritualbad gewidmet, einem wichtigen Baustein jüdischen Lebens, der seit der Antike im 2. und 1. Jahrhundert v.d.Z. bis in die Moderne hinein eine vielfältige Ausgestaltung erfährt.

Band 2, dem Aufbruch in die Neuzeit und der Entwicklung der jüdischen Kunst bis heute gewidmet, erlaubt es zu verfolgen, wie sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte ein emanzipiertes, selbstbewusstes Judentum herausbildet. Überall in Europa entstehen grosse und kleinere Synagogen. Das gilt für Amsterdam wie für London, Krakau und Wolpa ebenso wie für Celle und Hannover und auch für Florenz, Berlin, Breslau und München. Zu Beginn der Neuzeit ist bei jüdischen Friedhöfen zwischen solchen für aschkenasische und solchen für sefardische Juden zu unterscheiden.

Um die gleiche Zeit verlassen die ersten jüdischen Maler das Ghetto und befassen sich anfangs hauptsächlich mit jüdischen Sujets. Später bemühen sich jüdische Künstler sehr darum, nicht mehr nur oder überhaupt nicht als solche, sondern nur als Künstler wahrgenommen zu werden. Die Pariser Schule spielt in Leben und Wirken zahlreicher jüdischer Künstler, vor allem aus Osteuropa, bis zum Zweiten Weltkrieg eine überragende Rolle. Dann wird die Blüte jüdischer Künstler in Europa in die Todeslager deportiert und ermordet.

Den Stab heben die jüdischen Künstler noch vor der Gründung des Staates Israel auf. Ihre Heimat wird die Alte Bezalel-Schule in Jerusalem, die dem Leben von Kunst und Künstlern im Land entscheidende Impulse gibt. Herausgefordert wird sie durch eine neue Bewegung mit dem Namen „Neue Horizonte", die vor allem in Tel Aviv beheimatet ist. In den 1930er Jahren kommen zahlreiche jüdische Künstler aus dem von den Nazis besetzten Europa ins damalige Land Israel, besser bekannt als „Palästina", und hauchen der Neuen Bezalel-Schule frisches Leben ein.

Im vom Krieg zerstörten Deutschland regt sich nach 1945, anfangs ganz leise, wieder jüdisches Leben. Durch Zufall erhalten gebliebene Synagogen werden restauriert und von den Überlebenden, anfangs als Provisorien, wieder in Gebrauch genommen. Interessant wird der Synagogenbau in Deutschland nach 1970. Denn jetzt entstehen vielfältige Experimente mit Raum und Form, wird versucht, hebräische Bücher und hebräische Buchstaben in Stein zu fassen. Nicht immer werden neue Synagogen gebaut, es kommt jetzt auch vermehrt vor, dass andere Gebäude, alte Fabriken oder auch Kirchen in Synagogen umgewandelt werden.

Ein letztes Kapitel in Band 2 schliesslich beleuchtet, welche Pfade die „Orte der Erinnerung" beschritten haben. Denn es ist eine Entwicklung festzustellen: von Gedenktafeln über Gedenkstelen bis zum „Gang der Erinnerung". Alte Synagogen in Orten, in denen keine Juden mehr leben, werden renoviert und dienen als Orte der Begegnung. Es werden Plätze dort angelegt, wo früher Synagogen standen, oder aber man gräbt die Fundamente von Synagogen und Mikven aus, überdacht sie und macht sie zu begehbaren Museen. Ein Künstler in Köln hat die bemerkenswerte Idee, überall dort, wo Juden einmal lebten, „Stolpersteine" ins Pflaster vor ihren ehemaligen Häusern einzulassen. In einem letzten Schritt des Gedenkens wird gegenwärtig in vielen Städten in ganz Deutschland eine Gasse, eine Strasse oder auch ein Platz nach dem letzten Rabbiner einer jüdischen Gemeinde vor der Verfolgung benannt.

Abgerundet wird diese Beschreibung der jüdischen Kunst durch ein Glossar hebräischer und architektonischer Begriffe, ein Künstlerverzeichnis sowie ein Orts- und ein Personenregister.

„Das Buch der jüdischen Kunst" ist ein populärwissenschaftliches Sachbuch über Kunst. Deshalb sind Abbildungen eine wichtige Ergänzung des Textes. Neben historischen Aufnahmen und der Wiedergabe von Gemälden sollen moderne Aufnahmen, vor allem von Synagogen, Mikven und Friedhöfen, die Schönheit und Vielfalt der beschriebenen Bauten und Anlagen illustrieren. Denn die beiden Bände sollen nicht nur Fachleute interessieren, sondern auch den Laien, der sich über Jüdisches und jüdische Kunst, jüdisches Leben und jüdische Bräuche informieren möchte, zum Blättern und Lesen anregen.

Aus diesem Grund besteht der weitaus grössere Teil der ungefähr 416 Abbildungen aus neuen Aufnahmen, die die Verfasserin mit Hilfe ihres Sohnes, des Dokumentarfilmers und Fotografen Ya ir G. Magall, in ganz Deutschland und jenseits davon aufgenommen hat.