404: Not Found
Evelyn Ebrahim Nahooray
Otto Hans Ressler:
Die Verleumdung. Novelle.
Vorwort von Oliver Rathkolb
Wien: Edition Splitter 2019
128 Seiten, Euro 20,00
ISBN 978-3-9504404-3-0
Im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts verfasst der deutschnationale Reichsratsabgeordnete Gerwald Holomek eine Hetzschrift, in der er den Fabrikanten Salomon Schön Sabotage in seinem eigenen Unternehmen vorwirft. In dieser Fabrik, in der Schlösser für Gewehre sowohl für die k.u.k Armee als auch für ausländische Armeen hergestellt werden, sollen die für das österreichische Militär bestimmten absichtlich in mangelhafter Qualität ausgeführt werden, um damit der österr.-ungar. Monarchie zu schaden. Salomon Schön beauftragt daraufhin einen Rechtsanwalt, der den Abgeordneten wegen Ehrenbeleidigung klagen soll. Der Prozess bietet Holomek vor allem eine Öffentlichkeit seine antisemitischen Verschwörungstheorien zu verbreiten, die von seinen bei Gericht zahlreich erschienenen Anhängern begeistert aufgenommen werden. Holomek wird zwar schuldig gesprochen, da bewiesen wird, dass nichts von seinen Anschuldigungen wahr ist, aber das Urteil führt zu Protesten und antisemitischen Ausschreitungen. Einen entscheidenden Anteil an der aufgeheitzten Stimmung haben diverse Zeitungen, die sich meist auf die Seite des Angestellten stellen und dessen Propaganda weiter verbreiten. Erzählt wird das Geschehen aus der Sicht des Rechtsanwalts, der immer mehr in Holomek die Inkarnation des Bösen sieht und schliesslich meint auf radikale Art für Gerechtigkeit sorgen zu müssen.
Die Personen und die Handlung sind fiktiv, aber wie der Historiker Olivier Rathkolb im Vorwort hinweist, war der hier dargestellte Antisemitismus in Wien vor 1914 dafür sehr real. Otto Hans Ressler, der sich eingehend mit historischem Material zum Reichstag beschäftigt hat, lässt seinen Protagonisten Holomek auch wörtliche Zitate von Georg von Schönerer aussprechen. Erschreckend ist, dass es auch heute noch Anhänger dieser abstrusen Ideen gibt.