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GEDENKDIENST1 in Buenos Aires - wie Emigrationsgeschichte lebendig sein kann

Stefan ONZEK

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Seit über zehn Jahren gibt es GEDENKDIENST in Österreich, seit über fünf Jahren arbeiten junge österreichische Auslandszivildiener in Buenos Aires gegen das Vergessen und für die Anerkennung der erlittenen Unrechts von Überlebenden des Holocausts.

Was ist der GEDENKDIENST?

Der gleichnamige Verein, der hauptsächlich von jungen Leuten geleitet wird und nun schon bereits im Jahre 2002 sein zehnjähriges Bestehen gefeiert hatte, widmet sich vor allem der Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung über die Auswirkungen des Nationalsozialismus in Österreich und im Ausland und bekennt sich zur Mitverantwortung von Österreichern am Holocaust. Die vom Verein entsandten Zivildiener und Freiwilligen sind eine tatkräftige Unterstützung für internationale Holocaustgedenkstätten durch qualifizierte, einsatzfreudige junge Menschen, die ihr Bekenntnis zu einem Österreich, das seine Vergangenheit nicht verdrängt, sehr ernst nehmen. Darüber hinaus hat sich GEDENKDIENST zum Ziel gesetzt, an der Entstehung einer offenen Gesprächs- und Gedächtniskultur für das Andenken an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Österreich mitzuwirken. GEDENKDIENST wurde im September 1992 gegründet. Die Affäre um den ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Dr. Kurt Waldheim und die Diskussion rund um das "Gedenk- und Bedenkjahr 1988" haben in der österreichischen Öffentlichkeit zu einer intensiven Auseinandersetzung um die Rolle Österreichs während der Zeit des Nationalsozialismus geführt und Initiativen wie GEDENKDIENST überhaupt erst ermöglicht.

Warum GEDENKDIENST in Buenos Aires?

Für die Meisten ist es überraschend, aber in Argentinien lebt eine der größten jüdischen Populationen außerhalb des Staates Israel und den USA. Somit leben hier auch sehr viele Emigrantinnen und Emigranten aus der Zeit des Nationalsozialismus in Europa. Neben einer großen jüdischen Bevölkerung aus Osteuropa gibt es hier auch viele Emigranten aus Deutschland und einige hundert aus Österreich mit ihren Familien und Nachkommen. Diese Tatsachen bieten natürlich für das Projekt GEDENKDIENST eine interessante Perspektive und Herausforderung. Deshalb gibt es auch eine Einsatzstelle des Vereins in Buenos Aires.

Wo arbeitet GEDENKDIENST in Argentinien?

Seit nunmehr über fünf Jahren arbeiten an der "Fundación Memoria del Holocausto" jeweils zwei Auslandszivildiener vom GEDENKDIENST. Diese Einrichtung beschäftigt sich mit der Aufklärung über den Holocaust in der argentinischen Gesellschaft und fördert wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema. Sie betreibt ein Archiv sowie ein kleines Museum, welche sich jedoch immer noch in der Aufbauphase befinden. Auch gibt es eine Kooperation mit karitativen Einrichtungen, die Überlebenden des Holocausts mit verschiedenen Dingen behilflich sind, und diesen Personen auch soziale Hilfe zukommen lassen (wie z.B. TZEDAKÁ).

Was tun wir "chicos austríacos" eigentlich

in Argentinien?

Die Arbeit von uns GEDENKDIENST leistenden hier ist immer abwechslungsreich und vielfältig. Die wichtigste Aufgabe ist es, Kontakt zu österreichischen Überlebenden de Holocausts herzustellen, und aufrecht zu halten. Diese Aufgabe wird von uns sehr weit ausgelegt und reicht von privaten Besuchen bis hin zu verschiedenen Hilfestellungen und zu historischen Projekten. Das Echo der Emigranten ist eigentlich immer äußerst positiv, jedenfalls hatten wir bis jetzt keinerlei negative Eindrücke. Im Gegenteil, bei verschiedensten Gelegenheiten hören wir oftmals bewegte und interessante Lebengeschichten. Oft entwickeln sich auch Freundschaften und engere Beziehungen, da wir mit einigen Leuten sehr häufige Kontakte pflegen, die weitaus mehr sind als eine gewöhnliche Arbeitsbeziehung. Sehr viel Zeit verbringen wir auch damit, vor allem österreichischen Überlebenden des Holocausts und natürlich auch solchen anderer Herkunft in verschiedensten Angelegenheiten zu helfen. Dies beinhaltet die Antragstellung an österreichische Entschädigungsfonds, wie es der Nationalfonds, der Versöhnungsfonds oder die Claims Conference in New York sind. Außerdem helfen wir mit Kontakten zu österreichischen und auch deutschen Behörden und Pensionsversicherungsanstalten. Unsere internationalen Kontakte ermöglichen uns dabei oft besser an Informationen zu kommen und diese weiterzugeben.

Seit drei Jahren existiert auch auf Initiative unseres Vorgängers, des Historikers Dr. Oliver Kühschelm, ein Interviewprojekt, in Zusammenarbeit mit dem DÖW (Dokumentationszentrum des Österreichischen Widerstandes), an dem auch Gedenkdienstleistende in Argentinien arbeiten. Dieses Projekt hat die Aufgabe die Geschichte der österreichisch-jüdischen Emigration in die sogenannten "La Plata Staaten10 " zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang wurden schon zahlreiche lebensgeschichtliche Interviews geführt, die in Zukunft eine wertvolles Zeugnis und Arbeitsgrundalge für Historiker sein werden.

Die zuvor erwähnten Tätigkeiten werden im Rahmen der "Fundación Memoria del Holocausto" entfaltet, wo wir, als die "chicos austríacos", unser Büro haben und für die wir auch die verschiedensten Arbeiten erledigen. Durch unseren regen Kontakt zu Emigranten sind wir in der Lage auch ein Register von in Argentinien lebenden sogenannten "sobrevivientes11 " zu erstellen und deren Zeugnisse zu sammeln und zu archivieren. Der Name dieses permanenten Projektes ist: "Del número al nombre", von der Nummer zum Namen. Auch helfen wir bei der Einrichtung eines Zeitungsarchivs in der Bibliothek der Fundación und bei der Archivierung von gestifteten Gegenständen und Dokumenten. Dabei ist es oftmals von Vorteil, dass wir nicht nur Deutsch sondern auch andere Sprachen beherrschen.

1 http://www.gedenkdienst.at/

2 http://www.fmh.org.ar/

3 Dies im Rahmen eines sogenannten Zivilersatzdienstes, welcher einen großen Anteil an Eigenverantwortung erfordert.

4 http://www.tzedakaonline.org, http://www.tzedaka.org

5 Österreichische "Burschen"

6 http://www.nationalsfonds.org

7 http://www.versoehnungsfonds.at/

8 Organisation, welche Holocaust Entschädigungsgelder und Fonds besonders aus Deutschland aber auch aus anderen Staaten (wie Österreich) verwaltet und verteilt. http://www.claimscon.org/

9 http://www.doew.at/

10 Das sind: Argentinien, Paraguay und Uruguay

11 Überlebenden