Teil II:
Die Denunzianten der Wiener Gestapo rekrutierten sich teils aus Personen,          die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Widerstandsgruppe in Konflikt          mit der Gestapo geraten waren, teils aus Justiz- und KZ-Häftlingen,          die mit einer vorzeitigen Enthaftung rechnen konnten, wenn sie sich bereit          erklärten, als Spitzel zu fungieren. Bei anderen Informanten handelte          es sich um zum Tode verurteilte Personen, welche als Zellenspitzel im          Hausgefängnis am Morzinplatz Verwendung fanden. Daneben warb die          Gestapo unter den rassisch Verfolgten und den ausländischen Zivilarbeitern          Konfidenten an.1 
 Den Nachrichtenagenten fiel die Aufgabe zu, in Widerstandsorganisationen          oder kriegswirtschaftlich wichtigen Betrieben Fuß zu fassen, das          Vertrauen der NS-Gegner rasch für sich zu gewinnen und diese zur          Durchführung staatsfeindlicher Aktionen zu bewegen. In einigen Fällen          erfolgte die Produktion von Flugblättern mit NS-feindlichem Inhalt          in der Gestapodruckerei, die von den Konfidenten zur Verteilung ausgehändigt          wurden.2 Bei der Ausforschung kleinerer oppositioneller Gruppen wurden          die Spitzel bloß als Observanten eingesetzt; nach erfolgter Anzeige          gegen die betreffenden Widerstandskämpfer wurden diese zur Einvernahme          vorgeladen und mit psychischen und physischen Torturmethoden zu einer          Geständnisablegung gezwungen.
Otto Hartmann
Einer der erfolgreichsten G(ewährs)-Männer der Wiener Gestapoleitstelle war der Burgschauspieler Otto Hartmann, welcher sich anno 1940 freiwillig in den Dienst der Gestapo stellte. Dieser stammte aus einer evangelischen Wiener

Das Foto wurde dankenswerterweise vom Dokumentationsarchivs der Österreichischen Widerstandes (DÖW) zur Verfügung gestellt.
Familie und sollte dem Wunsch seines Vaters entsprechend - dieser war als Prokurist in der Schattauer Tonfabrik beschäftigt -, die Handelsakademie besuchen. Ziemlich bald entdeckte der junge Hartmann jedoch seine Liebe zum Schauspiel, so dass er trotz dadurch hervorgerufener Konflikte mit den Eltern die Schule nach zweijähriger Ausbildung verließ, um die dreijährige Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst in Wien zu absolvieren. Diverse Engagements im In- und Ausland, insbesondere in Deutschland und der damaligen CSR folgten, allerdings handelte es sich um eher kleinere und unbedeutende Rollen.3
Durch den schlechten Gesundheitszustand und das darauf folgende Ableben des Vaters im Jahre 1933 - die Mutter war bereits drei Jahre zuvor verstorben -, sah sich der mittlerweile 29jährige Hartmann veranlasst, in die Heimat zurückzukehren. Hier fand dessen Aufnahme im Ensemble des Wiener Burgtheaters gegen ein Honorar von 250 Schilling im Monat sowie im 1934 gegründeten Schutzkorps der Ostmärkischen Sturmscharen statt. Im Rahmen des Letzteren bekleidete er die Funktion eines Korporals - als solcher wurde Hartmann im Zuge der Februarunruhen von 1934 von Bundespräsident Miklas mit der silbernen Verdienstmedaille und der silbernen Sturmscharenauszeichnung geehrt -, und betätigte sich nebenbei auch als Informant, indem er Schauspielkollegen bespitzelte und insbesondere sozial-demokratisch und nationalsozialistisch gesinnte Personen ausfindig machen sollte.4
Nach der Auflösung der Ostmärkischen Sturmscharen anno 1936 trat der Schauspieler als Ordonanzoffizier der Reserve der Frontmiliz bei, ein Jahr später wurde er Oberstürmer des Vaterländischen Schutzkorps. Am Vorabend der Machtergreifung präsentierte sich Hartmann einerseits als vaterländisch eingestellter Österreicher, andererseits als Angehöriger einer illegalen nationalsozialistischen Betriebszelle am Burgtheater und stellte sich als solcher in SA-Uniform als Wache für das NSDAP-Hauptquartier in Wien I zur Verfügung. Aufgrund jenes Doppelspiels, das er zeit seines Lebens zu spielen pflegte, konnte Hartmann weder als politisch zuverlässig, dh, als NS-loyal, einge-stuft noch seinem Antrag auf Aufnahme in die SA und in die NSDAP stattgegeben werden. Weiters durfte derselbe von Seiten der Berliner Oberbehörde trotz seiner erfolgreichen Ope-rationen aus demselben Motiv nicht als V(ertrauens)-Mann geführt werden.5
Fritz Lehmann, ein Freund und Kollege Hartmanns, glaubte dessen Erzählungen,          sich nur zwecks "Tarnung" in NS-Kreise eingeschlichen zu haben,          und warb ihn als Mitglied für die im Frühling 1939 initiierte          Widerstandsorganisation, "Österreichische Freiheitsbewegung"6          - kurz OeFB - des Klosterneuburger Theologieprofessors und Augustiner          Chorherren Dr. Karl Roman Scholz an. Als Neuling jener oppositionellen          Gruppierung, zu deren Zielen die Planung und Durchführung von Sabotageakten          und die Errichtung eines selbstständigen österreichischen Staates          auf demokratischer Basis zählten, hatte Hartmann für die Anwerbung          weiterer NS-Gegner Sorge zu tragen. Bald jedoch sollte Hartmann durch          seinen unermüdlichen Einsatz als "Polizist", der beabsichtigte,          alle "unzuverlässigen Elemente" zu liquidieren, zu einem          von den OeFB-Funktionären besonders geschätzten Widerstandskämpfer          avancieren und als solcher an streng vertraulichen Zusammenkünften          und Besprechungen teilnehmen. Dabei pflegte er, jedes Detail zu stenographieren,          Listen mit Daten von bekannten und unbekannten OeFB-Angehörigen zu          führen und diese mit neugierigen und indis-kreten Fragen zu konfrontieren.7          
 Nach Hartmanns Ernennung zum Führer einer Hundertschaft, einer für          Sabotageaktionen zuständigen Einheit, war plötzlich eine Radikalisierung          feststellbar: Insbesondere junge OeFB-Mitglieder forderte Hartmann zur          Sprengung von Telefonzellen, zur Zerstörung des Leopoldauer Gasometers          und des Gestapohauptquartiers am Morzinplatz 4 sowie zur Vernichtung von          Postkästen durch Hineinschütten von Säuren auf.8 Meist          war der Hundertschaftsführer Hartmann der Initiator jener Pläne          und beteiligte sich persönlich an der Durchführung. So beabsichtigte          er gemeinsam mit der Hundertschaftsführerin Luise Kanitz und einem          weiteren OeFB-Aktivisten, ein Wehrmachtsdepot im Halterbachtal in die          Luft zu sprengen, zu dessen Zwecke Kanitz einen Ohnmachtsanfall vortäuschte,          um ihren Kameraden den unbemerkten Zutritt ins Gebäude zu verschaffen;          doch das Vorhaben schlug fehl, denn die Munition war bereits abtransportiert          worden. In manchen Fällen plante der Nachrichtenagent Hartmann Gewaltakte          gemeinsam mit Beamten der Gestapo, um sie der OeFB zu unterbreiten und          ersteren die Möglichkeit zur rechtzeitigen und erfolgreichen Einlenkung          bieten zu können. 
 Anweisungen der OeFB-Funktionäre wurden von Hartmann nicht an die          Mitglieder der oppositionellen Bewegung, sondern an das N-Referat weitergeleitet,          so dass Anfang Juli 1940 Verhaftungswellen einsetzten, denen sowohl die          Oberhäupter der drei großen Widerstandsgruppen, Dr. Scholz,          Dr. Castelic und Dr. Lederer als auch weitere Funktionäre und Aktivisten          zum Opfer fielen.9 Für seinen Verrat an der OeFB wurde Hartmann mit          einer Summe von 30 000 RM belohnt.
In den darauf folgenden Jahren fungierte Hartmann als "Lockvogel"          in KPÖ-Kreisen. Auch hier gelang es ihm, das Vertrauen von Josef          Kallisch, dem Anführer einer KPÖ-Widerstandsgruppe, zu gewinnen,          so dass Zusammenkünfte häufig in der Wohnung des Gestapokonfidenten          in der Reichsratstraße in Wien I stattfanden. Im Frühjahr 1941          erfolgte die Zerschlagung der Kallisch-Bewegung; Kallisch wurde wegen          Hochverrat zum Tode verurteilt und exekutiert, andere Mitglieder erhielten          hohe Haftstrafen.10 
 Nachdem Hartmann im Zuge seines öffentlichen Bekenntnisses zu seiner          Spitzeltätigkeit von Seiten der Gestapo arretiert und von Seiten          der Burgtheaterdirektion mit einem Auftritts- und Hausverbot belegt worden          war, absolvierte er eine militärische Ausbildung in Hainburg an der          Donau, um danach in der Disziplinarabteilung der Wehrmachtskommandantur          Wien für die Ausforschung von Deserteuren und "front-scheuen"          Soldaten verantwortlich zu sein. Auch hier zeichnete er sich durch besonderes          Engagement aus, wenn man bedenkt, dass er nicht nur während seiner          Dienstzeiten als "pflichteifriger Fahnder" galt, sondern auch          in seiner Freizeit "Fleißaufgaben" erledigte.11 Infolge          seines labilen Gesundheitszustandes und seiner festgestellten Untauglichkeit          erhielt Hartmann anno 1944 einen Posten als Kriminalangestellter bei der          Kripoleitstelle Wien, wo er im Referat II C, das für die Aufklärung          von Eigentumsdelikten zuständig war, bis zur Auflösung der Polizeiorganisation          im April 1945 Dienst versah.
Am 4. April 1945 verließ Hartmann gemeinsam mit etwa 200 Kriminalbeamten          Wien und setzte sich nach Innsbruck ab, wo er in Schwaz einerseits als          Kriminalbeamter noch einige Wochen nach Kriegsende agierte, um schließlich          mit einer Widerstandsgruppe Kontakt aufzunehmen und nach der Kapitulation          in die neuformierte österreichische Kriminalpolizei einzutreten.12          Ende September 1945 wurde Hartmann jedoch von französischen Soldaten          festgenommen. Nach einigen Aufenthalten in diversen Polizeigefangenenhäusern          erfolgte Mitte Juli 1946 dessen Überstellung in das Gefängnis          des Landesgerichtes Wien, wo ihm bei Außenarbeiten ein Jahr später          die Flucht gelang. Hartmann konnte jedoch ausgeforscht und erneut in Haft          genommen werden. Die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Denunziation          mit Todesfolgen endete mit einem Urteilsspruch, der den Denunzianten Hartmann          zu lebenslangem Kerker verurteilte. 
 Seinen zahlreichen Ansuchen um Wiederaufnahme des Strafverfahrens bzw.          um Begnadigung wurde nicht stattgegeben. Im Juli 1957 begnadigte ihn aber          Bundespräsident Dr. Adolf Schärf für eine Probezeit von          fünf Jahren.13 So verdingte sich der ehemalige Gestapoinformant,          dessen Schauspielkarriere beendet war, als Verkäufer und kaufmännischer          Angestellter bei diversen Wiener Firmen und starb trotz seines angeblich          schlechten Gesundheitszustandes erst Ende der 80er Jahre in Wien.
Kurt Koppel & Grete Kahane
Der anno 1915 in Wien geborene Kurt Koppel stellte als Konfident der Gestapo einen besonderen Fall dar, denn er galt nach den Nürnberger Rassegesetzen als so genannter Volljude und dürfte bereits vor Hitlers Machtergreifung in Spanien als Spitzel agiert haben, wo er auf Seiten der Republikaner kämpfte und vermutlich mit Hilfe der Gestapo im Jahre 1938 nach Österreich zurückkehrte. Als langjähriges Mitglied und als bewährter Kämpfer für die Ziele des Kommunistischen Jugendverbandes, KJV, im 10. Wiener Gemeindebezirk -Koppel gehörte jener KP-Gruppierung seit 1935/1936 an-, fiel ihm nach dem März 1938 die Aufgabe zu, diverse Widerstandsgruppen, insbesondere aber jene von Kommunisten zu unterwandern.14
Die um zwei Jahre jüngere Grete Kahane, welche im Zuge des Anschlusses          wegen kommunistischer Agitation arretiert wurde, stammte ebenfalls aus          Wien und war Angehörige des mosaischen Glaubens. Über die Intervention          ihres KP-Kameraden und Geliebten Koppel, welcher seit 1936 zu dem späteren          Leiter des Nachrichtenreferats, Lambert Leutgeb, ein freundschaftliches          Verhältnis unterhielt, erfolgte die Enthaftung der unter dem Decknamen          "Sonja" bekannten Kahane. Als "Gegenleistung" für          ihre Freilassung aus der Gestapohaft musste sie sich verpflichten, Spitzeldienste          für die Gestapoleitstelle zu leisten.15 
 In häufiger Teamarbeit gelang es den beiden Konfidenten, sich in          oppositionelle Kreise einzuschleusen bzw. einander als neue Mitglieder          einer Widerstandsbewegung einzuführen und dort alle Begebenheiten          auszukundschaften.
Die unter der Leitung des Kommunisten Erwin Puschmann stehende oppositionelle Gruppierung, der auch die Erfinderin der "Frankfurter Küche", Margarete Schütte-Lihotzky, angehörte, zählte zu den ersten Opfern der Denunziationstätigkeit von Koppel und Kahane. Schütte-Lihotzky fungierte als Verbindungsperson zwischen der Ostmark und der Türkei und reiste im Dezember 1940 nach Wien, wo sie im Rahmen einer Zusammenkunft mit Puschmann "Sonja" und "Ossi" alias Koppel kennenlernte. Bei den weiteren Treffen, die zumeist im Cafe Viktoria in Wien IX, Ecke Maria Theresienstraße und Währingerstraße stattfanden und als streng vertraulich und geheim galten, fanden Besprechungen über die weitere Vorgehensweise statt. Berichte, die höchstwahrscheinlich von Puschmann diktiert und von Kahane getippt und anschließend an die Gestapo übergeben worden waren, sollten über die Grenze geschmuggelt werden. Einen Tag vor Schütte-Lihotzkys Abreise in die Türkei traf sie Koppel im Kaffeehaus Gartenbau, der ihr weitere Details entlockte und eine gute Reise wünschte. Am darauf folgenden Tag, am 22. Jänner 1941, wurde sie gemeinsam mit Puschmann im Cafe Viktoria von zwei Gestapobeamten verhaftet.16
Anni Bienstock, eine Widerstandskämpferin des KJV des 10. Wiener          Gemeindebezirkes, aus dem Grete Kahane infolge ihrer Inhaftierung im März          1938 ausgeschieden war, erinnerte sich an deren Einführung in die          damalige Oppositionsgruppe, in der die Gestapoagentin ziemlich rasch Fuß          fasste, und Fragen, die Details über die Aktivitäten aller kommunistischen          Jugendverbände in Wien betreffend, stellte. In weiterer Folge zeichnete          sich die als "Sonja", "Fritzi" oder "Elly"          bekannte Kahane als besondere Aktivistin aus, indem sie Schreibmaschinen          sowie einen Abziehapparat und Abziehpapier für die Herstellung von          Flugblättern zur Verfügung stellte und diverse Ratschläge          in der Vorgangsweise erteilte.17 
 Im Herbst 1941 setzten die Verhaftungsaktionen der Gestapo ein, im Frühjahr          1942 erfolgte die endgültige Zerschlagung des KJV durch die Gestapo,          welche die Leitung der Gruppe sowie mehrere hundert Jugendliche arretierte,          von denen etwa 30 Personen schließlich hingerichtet wurden.18
Die dritte Widerstandsbewegung, die "Hans Klaser" alias Kurt          Koppel hochgehen ließ, war eine über 300 Personen umfassende          Organisation, welche von der Gestapo als "Tschechische Sektion der          KPÖ" bezeichnet wurde. Neben anderen tschechischen Turnvereinen          wie beispielsweise dem D(elnicka) T(elocvicna) J(ednota)-Arbeiterturnverein,          dem tschechisch-nationalen Sokol-Turnverein oder dem christlich orientierten          Orel-Turnverein agierten die in jedem Wiener Gemeindebezirk ansässigen          und jeweils aus vier Personen bestehenden so genannten Zellen der "Tschechischen          KPÖ-Sektion"
 mittels Verbindungsmänner;19 das bedeutete, dass die Mitglieder einander          nicht unbedingt kannten und im Falle einer Verhaftung nicht in der Lage          waren, weitere Personen ans Messer zu liefern. Antonia Bruha, eine Halbtschechin          und Widerstandskämpferin aus den Reihen der Tschechischen Sektion          der KPÖ, erinnerte sich daran, in Erdberg Flugschriften mittels eines          primitiven Abziehapparates produziert und Rundfunknachrichten ausländischer          Sender veröffentlicht zu haben. Auch war dieselbe gemeinsam mit ihrer          Mutter, die gebürtige Tschechin war, für die Verbreitung und          Austeilung der bereits 1934 verbotenen tschechischen Arbeiterzeitung im          Raum Wien verantwortlich und beteiligte sich an der Planung von Sabotageakten.20          
 Im Frühjahr 1941 stieß Koppel, welcher ausschließlich          unter dem Decknamen "Ossi" bekannt war, vermutlich über          die Zentrale Leitung der KPÖ zur tschechischen Widerstandsgruppe          und lieferte deren Mitglieder bereits ein halbes Jahr später der          Gestapo aus. Manche der Opfer wurden noch im November 1941 bzw. Dezember          1942 im KZ Mauthausen liquidiert, andere kamen mit hohen Haftstrafen davon          oder wurden ins KZ deportiert.21
Infolge seiner Verräterrolle und nachdem sogar an den Wänden          der Gefängniszellen in der Rossauerlände und auf den Eßschüsseln          die Losung "Ossi ist Spitzel"22 angebracht worden war und von          Neuinhaftierten vorgefunden wurde, konnte Koppel nicht länger in          Wien operieren und wurde nach Agram abkommandiert. Dort agierte er inoffiziell          als Mitarbeiter des deutschen Nachrichtendienstes, unterhielt permanenten          Kontakt zur deutschen Gesandtschaft sowie zum Berliner Reichspropagandaministerium.          Es gelang ihm, auch im öffentlichen Leben mitzuwirken, indem er sich          als Mitarbeiter der Agramer deutschen Zeitung "Neue Ordnung"          betätigte und zwei Werke unter dem Titel "Mörder am Frieden"          und "Spione, Bomben und Verschwörer" publizierte.23 Nicht          unerwähnt dürfen Koppels beinahe perfekten Kenntnisse der serbokroatischen,          ungarischen, tschechischen, englischen und französichen Sprache sowie          die Beherrschung des Spanischen und Hebräischen bleiben, die ihm          bei der Überwachung kroatischer Persönlichkeiten und der Auskundschaftung          der dortigen Vorkommnisse von großem Vorteil waren.24 
 Nicht nur Koppel, der in Agram über eine Villa und ein Auto der Marke          Opel-Olympia verfügte und eine Sekretärin unterhielt, sondern          auch seine Freundin Kahane lebte in guten wirtschaftlichen Verhältnissen,          wenn eine Widerstandskämpferin des KJV im VG-Verfahren gegen Koppel          aussagte, dass Kahane aus "ärmlichen Verhältnissen"          stammte und plötzlich "kostbare Kleider und Wäschestücke          trug, was auf eine höhere Einnahmsquelle" zurückzuführen          gewesen sei.25 
 Während seines Aufenthaltes in Agram unternahm Koppel von Zeit zu          Zeit Reisen nach Wien, um Post und Instruktionen von Leutgeb über          Kahane, die mittlerweile ein Kind von ihm erwartete, entgegenzunehmen.          Während die
 jugoslawischen Behörden nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches          die Fahndung nach dem Kriegsverbrecher Kurt Koppel einleiteten, war in          Österreich kein Verfahren gegen denselben anhängig, so dass          Koppel noch am 18. April 1945 seine Geliebte und das bereits zweijährige          Kind in Alt-Aussee besuchte, um danach bei seiner in Budapest lebenden          Tante, Käthe Kohn, unterzutauchen und schließlich über          die CSR, Deutschland und Belgien nach England zu fliehen. Angeblich soll          er sich in weiterer Folge in Palästina und Ägypten aufgehalten          haben.26 Der Aktenlage können keine näheren Informationen über          das weitere Schicksal des Konfidentenpaares Koppel & Kahane entnommen          werden. Anno 1948 war eigenartigerweise keine Partei des Wohnhauses Wien          3., Baumgasse 54, wo Koppel von November 1937 bis April 1938 als Untermieter          polizeilich gemeldet war, in der Lage, irgendeine Auskunft über jenen          zu geben.27
1) Vgl. Grete Kahane, deren Spitzeltätigkeit im Rahmen dieses Artikels          dargelegt ist, Vladimir Hovadek, der in der Generaldirektion der "Alpine-Montagegesellschaft"          als 
 V-Mann operierte, Karl Zwiefelhofer, der anno 1942 wegen KPÖ-Agitation          zum Tode verurteilt wurde, oder Rudolf Klinger, der bis 1943 als Spitzel          agierte und gemeinsam mit seinen jüdischen Angehörigen nach          Ausschwitz deportiert wurde. Aussage von Alois Öttl in der Polizeidirektion          Wien am 22.11.1945, Tagesbericht der Gestapoleitstelle Wien vom 20.11.          bis 23.11.1942, DÖW, Aussage von Karl Zeitlberger am 19.11.1956 in          seinem VG-Verfahren, Vg8cVr739/45.
 2) Die Taktik des "agent provocateur" war von der Gestapa Berlin          grundsätzlich nicht erlaubt, von den Gestapoleitstellen wurde sie          hingegen unterstützt. Vgl. Kriminaltaktik BA R58 763/162.
 3) Bereits an der Handelsakademie hatte Hartmann gemeinsam mit einem Professor          und einer Kollegin einen Theaterverein gegründet. Während der          Ausbildung an der Staatsakademie wurde ihm angeboten, am Deutschen Volkstheater          in Wien zu wirken, wo er eine monatliche Gage von 150 Schilling erhielt.          Von 1929 bis 1933/1934 spielte er den jugendlich-schüchternen Liebhaber          und Komikerrollen im In- und Ausland. Laut eigenen Angaben soll Hartmann          in Berlin die höchste Gage erhalten haben. Vgl. Aussage von Otto          Hartmann vor dem Untersuchungsrichter am 9.3.1946 und am 3.11.1947 in          der Hauptverhandlung seines VG-Verfahrens, Vg7cVr5201/47, DÖW 19854.
 4) Aussage von Otto Hartmann vor dem Untersuchungs-
 richter am 23.11.1947 sowie am 3.11.1947, ebda. Exakte Angaben über          Hartmanns "Erfolge" liegen nicht vor. Vgl. dennoch: Aussage          des Burgschauspielers Fritz Lehmann, der bestätigte, dass Hartmann          sich im Rahmen seiner Spitzeltätigkeit für die Sturmscharen          besonders engagiert hätte. Aussage von Fritz Lehmann in der Pol.Dion.          Wien am 1.8.1945 und in der Hauptverhandlung gegen O. Hartmann am 4.11.1947,          ebda. 
 5) Seinen Auftritt in SA-Uniform vor dem NSDAP-Hauptquartier leugnete          Hartmann in seinem VG-Verfahren, doch konnte er aufgrund zweier Zeugenaussagen          der Lüge überführt werden. Vgl. Aussage von Fritz Lehmann          am 1.8.1945 in der Pol. Dion. Wien und Leopold Joschke am 4.11.1947 in          der Hauptverhandlung, ebda. 
 6) Diese wurde im Herbst 1938 von Dr. Scholz und dessen Freund Dr. Viktor          Reimann als "Deutsche Freiheitsbewegung" in Klosterneuburg ins          Leben gerufen und sollte mit deutschen und anderen ausländischen          Widerstandsorganisationen in Fühlung treten. Ab September 1939 führte          sie die Bezeichnung "Österreichische Freiheitsbewegung"          oder "Freiheitsbewegung Österreichs". Anklageschrift und          Urteil des Volksgerichtes vom 10.4.1942 gegen die Klosterneuburger Studentengruppe          Roman Scholz, DÖW 414/a. Auch verfolgte man die Absicht, die Gruppen          von Scholz, Castelic und Lederer zu einer Fusion zusammenzuführen,          allerdings scheiterte dieser Plan an den separatistischen Bestrebungen          von Dr. Lederer. 
 7) Laut Aussage von Luise Kanitz soll das schriftliche Festhalten von          Besprechungen allen OeFB-Mitgliedern untersagt worden sein. Aussage von          Luise Kanitz am 14.3.1946 und am 30.9.1946 sowie von Alois Hradil am 21.12.1946          vor dem Untersuchungsrichter im VG-Verfahren gegen O. Hartmann, ebda.          
 8) Jene Hundertschaften untergliederten sich in Reihen zu je 30 Mann,          diese wiederum unterteilten sich in Dreierschaften und bestanden aus männlichen          Personen; daneben gab es die BV-Gruppen zur besonderen Verwendung, die          bei der Fälschung von Ausweisen und Kennzeichentafeln oder bei der          Beschaffung von Versteckmöglichkeiten zum Einsatz kamen. Vgl. Anklageschrift          des VGH vom 10.4.1942, ebda. Zu jenen Jugendlichen, welche die radikale          Auffassung Hartmanns bestätigten, zählten beispielsweise, Wolfgang          Heintschel-Heinegg, Ignaz Kühmeyer und Viktor Imhof. Aussage von          Dr. Wolfgang Heintschel-Heinegg am 18.2.1947, von Ignaz Kühmeyer          am 5.12.1946 und von Viktor Imhof am 5.1.1947 vor dem Untersuchungsrichter,          alle in: VG-Verfahren gegen O. Hartmann, ebda.
 9) So überreichte Hartmann beispielsweise den sogenannten "Auflösungsbeschluß"          nicht Dr. Zimmerl, sondern der Gestapo. Es handelte sich dabei um keine          Auflösung 
 der OeFB, sondern um die Fusion der drei großen Widerstandsgruppen          mit allen anderen oppositionellen Organisationen mit Ausnahme der kommunistischen          Gruppierungen. Aussage von Luise Kanitz am 6.11.1947 in der Hauptverhandlung          des VG-Verfahrens gegen Otto Hartmann, ebda. Der Großteil der Verhafteten          wurde exekutiert. Aussage von Wilhelm Reimers und Eduard Volters am 5.11.1947          in der Hauptverhandlung des VG-Verfahrens gegen O. Hartmann, ebda.
 10) Aussagen der Kommunisten Anton Brich 
 am 14.11.1947 und Prof. Josef Laska am 15.11.1947 
 in der Hauptverhandlung des VG-Verfahrens gegen 
 O. Hartmann, ebda. 
 11) Aussagen von den Mitarbeitern der Wehrmachts-
 kommandantur, Rudolf Fiedler, Johann Slouk und 
 Dr. Gustav Rotter am 13.11., 14.11 und 15.11.1947 
 in der Hauptverhandlung des VG-Verfahrens gegen 
 O. Hartmann, ebda.
 12) Er erhielt sogar einen zweisprachigen Mitgliedsausweis jener Widerstandsgruppe,          um für den Fall der Gefangennahme durch die Alliierten als Widerstandskämpfer          erkannt zu werden. Aussage von O. Hartmann am 4.11.1947 in der Hauptverhandlung,          ebda.
 13) Näheres zum Gnadenakt, siehe: VG-Verfahren gegen 
 O. Hartmann, ebda..
 14) Bericht der Polizeidirektion Wien, Abt. 1 vom 18.1.1949, in: VG-Verfahren          gegen Kurt Koppel, Vg5Vr966/49, DÖW 19827.
 15) Vgl. Bericht der Polizeitdirektion Wien vom 18.7.1948, VG-Verfahren          gegen K. Koppel, ebda.
 Von 1939 bis 1941, als Koppel nach Agram abkommandiert wurde, wohnte Kahane          gemeinsam mit jenem in Wien XV., Selzergasse 36. Aussage von Wilhelmine          Zohmann, der Schwester von Grete Kahane, in der Polizeidirektion Wien          am 21.2.1949, VG-Verfahren gegen K. Koppel, ebda.
 16) Gespräche, an denen außer Puschmann nur Koppel und Kahane          teilgenommen hatten, wurden Schütte-Lihotzky bei den Verhören          vorgehalten. Auch die von Koppel ausgehändigten Berichte fand die          Gestapo bei der Hausdurchsuchung von Schütte-Lihotzky. 1942 fand          die Verhandlung vor dem Senat 2 des Berliner Volksgerichtshofes statt:          Schütte-Lihotzky erhielt 15 Jahre Zuchthaus, Puschmann und zwei weitere          Personen wurden zum Tode verurteilt, andere erhielten Zuchthausstrafen.          Aussage von Margarete Schütte-Lihotzky in der Polizeidirektion Wien,          
 Zl.: I-46310/48, vom 23.2.1949, VG-Verfahren gegen 
 K. Koppel, ebda.
 17) Aussage von Anni Bienstock in der Polizeidirektion Wien, Zl. I-46310/48,          vom 22.2.1949, VG-Verfahren gegen K. Koppel, ebda. Bienstock lernte Kahane          als "Elly" bei einem Ausflug im Wienerwald anno 1940 kennen.          
 18) Anna Opferkuh war die einzige Angehörige des KJV, die den Klauen          der Gestapo entging. Aus dem Gefängnis 
 Wr. Neustadt wurde ihr von Friedl Hartmann, der verhafteten KJV-Funktionärin,          durch einen gewissen Vrtilek 
 ein Kassiber übermittelt, das Kahanes Spitzeltätigkeit und Verrat          bestätigte. Aussage von Anna Opferkuh in der Polizeidirektion Wien,          Zl. I-46310/48, vom 22.2.1949, 
 VG-Verfahren gegen K. Koppel, ebda.
 19) Eine Art Vorläuferorganisation des 1938 ins Leben gerufenen Wiener          tschechischen Turnvereins war das "Tschechische Herz", ein nach          dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie initiierter          Fürsorgeverein, der Kindern den Aufenthalt in der Tschechoslowakei          in den Ferien ermöglichte. Dabei darf nicht vergessen werden, 
 dass zum damaligen Zeitpunkt sehr viele Tschechen in Wien lebten, wenn          man bedenkt, dass es in jedem Bezirk eine tschechische Volks- und Bürgerschule,          ein tschechisches Gymnasium und eine tschechische Handelsakademie gab.          Schriftlich festgehaltenes Interview mit Antonia Bruha vom 8.2.2001. Bruha,          geborene Spat, geboren am 1.3.1915 in Wien, schrieb ihre Erlebnisse in          der Gestapohaft und im KZ Ravensbrück nieder. Vgl. daher: Antonia          Bruha, Ich war keine Heldin, Wien/München 1995.
 20) Antonia Bruha wurde im Oktober des Jahres 1941 von zwei Gestapobeamten,          die sich als Vertreter einer Staubsaugerfirma vorstellten, in ihrer Wohnung          verhaftet und befand sich etwa ein halbes Jahr lang in Gestapohaft am          Morzinplatz 4. Ihre drei Monate alte Tochter wurde einem kinderlosen Ehepaar          übergeben; der Gatte der "Adoptivmutter" zählte ebenfalls          zu den NS-Gegnern, was der Gestapo entgangen sein dürfte. Bruha wurde          in weiterer Folge mit dem Vermerk "RU", Rückkehr unerwünscht,          ins KZ Ravensbrück interniert, wo sie als politische Gefangene jeden          vierten Tag zu essen bekam und als eine Art Ordinationshilfe des Lagerarztes          fungierte. Bei ihrer Rückkehr aus dem KZ anno 1945 wog sie 32 kg.          Interview mit A. Bruha, ebda. 
 21) In der Leibnitzgasse 10 wurde eine Gedenktafel mit 69 Namen von Hingerichteten          der "Tschechischen Sektion der KPÖ" aufgestellt.Vgl. Dokumentationsarchiv          des österreichischen Widerstandes (Hg.), Gedenken und Mahnen in Wien          1934-1945. Gedenkstätten zu Widerstand und Verfolgung, Exil, Befreiung.          Eine Dokumentation, Wien 1988, S218-222.
 22) Aussage von A. Bienstock, VG-Verfahren gegen K.Koppel, ebda.
 23) Zwar verlief die Suche nach den beiden Büchern in der Nationalbibliothek          erfolglos, doch Kahanes Schwester bestätigte, von Grete Kahane jene          Bücher bekommen zu haben. Aussage von W. Zohmann, VG-Verfahren gegen          K.Koppel, ebda.
 24) Bericht der Polizeidirektion Wien vom 18.1.1949, 
 VG-Verfahren gegen K. Koppel, ebda.
 25) Aussage von Leopoldine Starek in der Polizeidirektion, Zl.-46310/48,          vom 8.3.1949, in VG-Verfahren gegen 
 K. Koppel, ebda.
 26) Bericht der Polizeidirektion Wien vom 18.1.1949, VG-Verfahren gegen          K.Koppel, ebda.
 27) Bericht der Polizeidirektion Wien Zl. 46310/48 vom 18.7.1949, VG-Verfahren          gegen K.Koppel, ebda.
Nachtrag zu Teil I.:
Verwendete Quellen und Unterlagen: 
 -Interview mit dem Kriminalbeamten Heinrich Wohl, Dokumentation des österreichischen          Widerstandes (=DÖW 19060.
 -Volksgerichtsverfahren (=VG-Verfahren) gegen die Schreibkraft des N-Referates          Rosa Friedl, Vg3bVr 5068/45, DÖW. 
 -VG-Verfahren gegen den Kriminalbeamten Josef Kouba Vg8cVr430/50, DÖW.
 -VG-Verfahren gegen den Gestapobeamten 
 Karl Peter Macher, Vg6dVr 7463/46, DÖW.
 -VG-Verfahren gegen den Gestapobeamten Alois Öttl, Vg20aVr 651/58,          DÖW. 
 -VG-Verfahren gegen den Gestapobeamten und Referatsleiter Johann Sanitzer,          Vg4cVr 6284/48, DÖW.
 -VG-Verfahren gegen den Gestapobeamten Johann Schwaighofer Vg4cVr 5016/47,          DÖW.
 -Bericht der Gestapoleitstelle Wien über die Besprechung aller N-Referate          der Gestapostellen in der Ostmark vom 28.3.1944, DÖW 5080.
 -Kriminaltaktik: Einsatz von Vertrauenspersonen, Schulungsunterlagen der          "Sicherheitspolizei", - BA R58 763/161
 -Runderlass Gestapa Berlin, B.Nr. 3026/e9g-II A 1 vom 2.5.1938, betreffend:          "Ausbau des staatspolizeilichen Nachrichtendienstes", Bundesarchiv          Koblenz, BA R58 243/200 ff. 
 -Runderlass Gestapa Berlin vom 3.1.1939, betreffend "Die Erfassung          unzuverlässiger V-Personen", BA R58 517/27; 
 -Franz Weisz, Die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien          1938 bis 1945, (Diss.Univ.Wien 1991).