Gerald Lamprecht (Hrsg.): „So wirkt ihr lieb und hilfsbereit ..." Jüdische Frauen in der Geschichte. Graz: CLIO 2009. 154 Seiten, Euro 12,00
ISBN: 978-3-902542-06-9
„So wirkt ihr lieb und hilfsbereit ...", hat der erste Rabbiner von Graz, Samuel Mühsam, aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Grazer Israelitischen Frauenvereins im Jahr 1889 gedichtet und dabei jene Positionen formuliert, die Frauen in der Gesellschaft und der jüdischen Gemeinde einzunehmen hätten. „So wirkt ihr lieb und hilfsbereit ... Jüdische Frauen in der Geschichte" heisst der vom Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Universität Graz, Gerald Lamprecht, herausgegebene Sammelband mit Beiträgen von Kirsten Heinsohn (Hamburg), Martha Keil (Wien / St. Pölten), Dieter Hecht (Wien), Michaela Raggam-Blesch (Wien), Eleonore Lappin (Wien / St. Pölten), Andreas Brämer (Hamburg) und Roberta Maierhofer (Graz).
Hatte Mühsam die Positionen der Frauen im Judentum noch in der übergeordneten geschlechtsspezifischen Rollenverteilungen gesehen, wonach Jüdin weitgehend auf die Rolle der Hausfrau und in der Familie reduziert waren, so änderte sich die religiös wie auch gesellschaftlich-kulturell bestimmte Zuschreibung am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Jüdische Frauen wirkten nun auch ausserhalb der Familie, gründeten karitative Vereinigungen oder engagierten sich bei der Förderung spezifisch auf Frauen und Mädchen abzielender Kultur- und Bildungsaktivitäten. Schliesslich formierten sich auch viele Jüdinnen innerhalb der Frauenbewegung wie auch des Zionismus, um für verstärkte politische Partizipation zu kämpfen.
Die Rolle der Frau im Judentum, das Geschlechterverhältnis und dessen Wandlungen blieben innerhalb der historischen Forschung - die jüdische Geschichte vorrangig als Geistesgeschichte verstand - lange Zeit unberücksichtigt. Erst in den letzten Jahrzehnten fanden genderspezifische Ansätze Eingang in die Geschichtswissenschaften und mit etwas Verspätung auch in die Jüdische Geschichte, was einherging mit einer vermehrten Rezeption neuer Methoden und Theorien in der Geschichtsschreibung über Jüdinnen und Juden.
Diese Ansätze finden sich auch in diesem Sammelband, der auf eine Veranstaltung des Centrums für Jüdische Studien und CLIO zurückgeht und um weitere Beiträge ergänzt wurde. So finden sich hier u.a. einen Ein- und Überblick über „Jüdische Frauen im Mittelalter", „Jüdische Frauen und Frauenvereine in Österreich", „Mädchen in der jüdischen Jugendbewegung", aber auch über „jüdische Frauen im Schulwesen" und anderes mehr.