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Die jüdische Gemeinde in Simmering 1848-1945

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Wien: Mandelbaum Verlag 2009.

384 Seiten, Euro 24,90.-

ISBN 978-3-85475-292-8

 

Die jüdische Gemeinde des Wiener Arbeiterbezirks Simmering umfasste nie mehr als 541 Personen. Herbert Exenberger, der langjährige Bibliothekar des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, hat in langer und hingebungsvoller Kleinarbeit die Geschichte dieser kleinen Gemeinde und die Schicksale ihrer Menschen recherchiert und nun die Ergebnisse in einer umfassenden Publikation der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der von Jakob Gartner 1899 erbaute Tempel in der Braunhubergasse 7 umfasste 382 Sitzplätze. Er war der Mittelpunkt des religiösen Lebens des Ortes, obwohl er es nie zu einem eigenen Rabbiner brachte. Die Biographien von Jakob Ornstein, Rechtsanwalt, Schriftführer des Simmeringer Tempelvereins und Präsident der Union österreichischer Juden, und von Siegmund Kauders, Weingroßhändler, Obmann des Simmeringer Tempelvereins und Vizepräsident der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde, zeigen die engen Verflechtungen und Beziehungen zwischen der Kultusgemeinde und der Simmeringer Gemeinde. Mit dem Kapitel über die Berufsgruppen und Gewerbe enthält das Buch auch einige originelle sozialgeschichtliche Reportagen.

Exenberger beschränkt sich jedoch nicht nur auf die engere jüdische Gemeinde des Bezirkes. In einem Kapitel beschreibt er die Geschichte und die jüdische Literatur über den jüdischen Teil des Zentralfriedhofs, einem der größten Friedhöfe der Welt. In einem weiteren Kapitel erinnert er an die jüdischen Zwangsarbeiter in Simmeringer Betrieben und an die Lager für ungarische Juden.

Die Arisierungen, Deportierungen und Vertreibungen der Simmeringer Juden und Jüdinnen in der NS-Zeit dokumentierte Exenberger ebenso ausführlich und allein die Liste der in der Shoah Ermordeten macht sein Buch zu einem Memorbuch. Der Band, der in der Reihe „Jüdische Gemeinden", herausgegeben von Eleonore Lappin-Eppel im Auftrag des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs, ist in seiner Einfühlsamkeit und Genauigkeit ein Vorbild für jüngere Historiker, obwohl aus naheliegenden zeitlichen und personellen Gründen es wohl von keinem Wiener Bezirk mehr eine so gründliche Aufarbeitung seiner jüdischen Bevölkerung geben wird.

 

Evelyn Adunka