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Ein Regiestar aus Hollywoods Goldener Ära Michael Curtiz zum 60. Todestag

Tina Walzer

Der in Ungarn geborene Regisseur Michael Curtiz (1886–1962) inszenierte in seiner langen Karriere über hundertsiebzig Filme unterschiedlichster Genres. Weniger bekannt ist, dass er, bereits bevor er 1926 einem Angebot von Warner Brothers nach Hollywood folgte, in Ungarn und später auf der Flucht vor Béla Kuns Räterepublik in Wien grossen Erfolg hatte.

Inhalt

Am 24. Dezember 1886 wurde Michael Curtiz in Budapest unter dem Namen Manó Kaminer als eines von vier Kindern jüdischer Eltern geboren. Sein Vater war Tischler, seine Mutter Opernsängerin, und er selbst spielte bereits im Alter von acht Jahren im Keller des Hauses mit anderen Kindern Theater, baute dazu die Kulissen und führte Regie. Nach der Matura schloss er sich einer Wandertheater-Truppe an, wechselte zwischendurch zum Zirkus und änderte 1905 seinen Namen auf Kertész (dt. Gärtner).

An den olympischen Spielen von Stockholm nahm er in Ungarns Fecht-Mannschaft teil und begann sich dort für den Film zu interessieren. 1912/13 führte er bereits bei den ersten beiden ungarischen Langspielfilmen, Ma és holnap (dt. Heute und Morgen) sowie Az utolsó bohém (dt. Der letzte Bohémien) Regie. Im Ersten Weltkrieg als Soldat an der russischen Front verwundet, wurde er eingesetzt, um Dokumentarfilme zur Unterstützung des Roten Kreuzes zu produzieren. Bereits bei Kriegsende zählte er mit über vierzig Filmen zu Ungarns bekanntesten Filmregisseuren.

Unter Béla Kuns kommunistischem Regime wurde die Filmbranche jedoch verstaatlicht, und Kertész floh nach Wien, wo ihn Alexander (Sascha) Kolowrat unter Vertrag nahm. Für die Sascha Film drehte Kertész bis 1926 einundzwanzig Filme, neben Komödien auch die damals in Mode gekommenen Monumentalfilme. Kertész expressionistischer Regiestil im Spektakel Sklavenkönigin (engl. Moon of Israel, 1924), der Geschichte eines jüdischen Sklavenmädchens namens Merapi vor dem Hintergrund des biblischen Auszugs aus Ägypten beeindruckte den Amerikaner Jack L. Warner dermassen, dass er Kertész einen Job in seinen neuen Hollywood-Filmstudios, Warner Bros., anbot.

Aus Kertész wurde Curtiz und sein erster Film für Warner war zugleich sein 65., der unter dem Titel The Third Degree (nach einem Stück des Engländers Charles Klein) noch 1926 in die Kinos kam; zwei Jahre darauf folgte Noah’s Ark (dt. Die Arche Noah). 1933 nahm Curtiz die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Für Warner Bros. erarbeitete er im Laufe seines weiteren Lebens durchschnittlich bis zu sieben Filme pro Jahr.

1938 gelang es Jack Warner, Curtiz‘ Mutter in die U.S.A. zu holen und somit zu retten; Curtiz‘ Schwester aber, deren Ehemann und zwei ihrer Kinder wurden in Auschwitz ermordet.

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Die Sklavenkönigin, Stummfilm. Filmplakat der Sascha Film, 1924. Quelle: wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Moon-of-Israel-poster-FBO.jpg

Der Curtiz-Stil

Zu Michael Curtiz‘ bekanntesten und zugleich erfolgreichsten Filmen gehört unter anderem Casablanca (1942). In dessen Filmteam wirkten neben dem Wiener Komponisten Max Steiner zahlreiche weitere Flüchtlinge und Exilanten, die vor der Shoah und vorrückenden NS-Truppen aus Europa geflohen waren. Curtiz unterstützte nämlich den European Film Fund, der Flüchtlingen aus Europa half, in der U.S.-Filmbranche Fuss zu fassen.

Themen wie Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Bedrängnis, Vertreibung und Exil beschäftigten den Star-Regisseur während seiner gesamten Laufbahn immer wieder. Zu einem Markenzeichen für den Curtiz-Stil wurde der „Held wider Willen“, wie Humphrey Bogart als Rick in Casablanca, Eroll Flynn als Robin Hood (1938), John Garfield in Menschenschmuggel (engl. The Breaking Point, 1950) oder auch Elvis Presley in King Creole (dt. Mein Leben ist der Rhythmus, 1958). Herausragend gelang Curtiz die Interpretation dieser Rolle für weibliche Heldinnnen mit Joan Crawford, als Geschäftsfrau in Mildred Pierce (1945) sowie auch in Flamingo Road (1949). Nach einem unglaublich produktiven Arbeitsleben verstarb Michael Curtiz am 10. April 1962 im Alter von 75 Jahren in Hollywood.

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Michael Curtiz am Filmset von Alias the Doctor mit Marian Marsh, 1932. Quelle: wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Michael_Curtiz_and_Marian_Marsh_-_Photoplay,_March_1932.jpg