Ausgabe

CHANUKKA 5777/2016

Rabbiner Joel BERGER

Content

In diesem Jahr werden Christen und Juden zeitgleich feiern. Die Christen beginnen am 24. Dezember ihre Weihnachtsfeiertage, wir Juden dagegen begehen Chanukka. Sowohl Christen, wie auch Juden feiern mit Licht, Freude und Geschenken.

Wir stecken die Chanukkalichter in den achtarmigen Leuchtern, Chanukkija genannt, an.  Diese Lichter, die wir von da an acht Tage lang mit Segenssprüchen und Gesängen anzünden, erinnern uns an den Kampf der Makkabäer im 2. Jahrhundert vor der Zeitrechnung.  Die Söhne Matitjahus, des alten Priesters, wie auch ihre Anhänger aus dem einfachen Volk, wollten ihre jüdische Lebensart, gegründet auf den Geboten der Tora, in ihrem Heimatland sichern.  Gerade deswegen bekamen sie mit den hellenisierten Machthabern, die ihr Land besetzten, Schwierigkeiten.  Mehr als 1000 Jahre danach, schilderte der mittelalterliche Gelehrte, Philosoph und Kodifikator Maimonides diese historische Epoche:  „Zur Zeit des zweiten Tempels in Jerusalem führten die, aus (dem damaligen) Syrien stammenden hellenistischen Herrscher judenfeindliche Gesetze ein.  Sie verboten unter ihrer Herrschaft die Ausübung jeglicher Formen der althergebrachten Gebote des jüdischen Volkes.  Sie führten eine Herrschaft der Willkür anstelle der Gebote der Tora ein.

Sie entführten jüdische Kinder, um sie zu hellenistischen Kämpfern in den Arenen zu erziehen.  Sie raubten nicht nur die Güter der jüdischen Einwohner, sondern schreckten auch nicht vor dem Heiligtum der Israeliten in Jerusalem zurück.  Sie brachen in den Tempel ein und plünderten seine goldenen und silbernen Kultgeräte.   Durch das Aufstellen von griechischen Götzenbildern und Statuen im Tempel verunreinigten sie ihn für den Kult der Israeliten."   So die nüchterne Beschreibung des klassischen Gelehrten Maimonides.  Ein ähnliches Vorgehen hatte es im Heiligen Land seit der Unterwerfung durch das Babylonische Reich von Nebukadnezar im 6.Jhdt. v.d.Z. nicht gegeben. Im Gegenteil.  Die Griechen, insbesondere Alexander der Grosse (4.Jhdt.v.d.Z.) sind den Juden, ihrem Land und ihrer Religion mit grossem Respekt und gebührender Toleranz begegnet.  Aus dieser respektvollen Begegnung zweier bedeutender Kulturen der Antike  erwuchsen zahlreiche grosse Werke.  Daher traf die Brutalität der syrischen Eroberer und Plünderer, die Israeliten unvorbereitet.  Das gesamte Volk, ausser einigen Hellenisten, - kollaborierende Juden, - hat schweres Leid auf sich nehmen müssen.  Maimonides summiert die nachfolgenden Begebenheiten so:  „Als die Unterdrückung unerträglich wurde, erbarmte sich G-tt über sein Volk.  Die rettende Hilfe kam von den Söhnen der Priesterfamilie der Haschmonäer.  Sie führten den bewaffneten Kampf gegen die Eindringlinge.  Als eine Vollendung ihres Freiheitskampfes wollten sie den Tempel von Jerusalem und den Altar wieder ihrer Bestimmung übergeben.  Jedoch, als sie den Tempel von den Götzenbildern gereinigt hatten, fanden sie nur ein kleines Krüglein Öl, das für einen Tag gereicht hätte, um die Menora, den Tempelleuchter zu entzünden.  Dennoch brannte das Licht acht Tage lang.  So lange dauerte es nämlich, bis man wieder reines Olivenöl herstellen konnte.  Aus Freude über den wiedereingeweihten Tempel ordneten die damaligen Gelehrten an:  acht Tage lang, alle Jahre wieder, Lichter anzuzünden und die biblischen Lobgesänge der Psalmen ertönen zu lassen.  Diese Tage wurden „Channukat Hamisbeach", d.h. Wiedereinweihung des Altars genannt.  

Die späteren Geschlechter sahen im Kampf um die jüdische Lebensform vornehmlich eine geistige, ideologische Anstrengung.  Nicht die physische Kraft, oder der Machtkampf hinterliessen in der Erinnerung der Israeliten tiefe Spuren, sondern die Genugtuung, dass es gelungen war, die Rahmen des selbständigen jüdischen Lebens im eigenen Land zu sichern.  Der Kampf der Makkabäer wurde nicht als ein Eroberungskrieg geführt, um fremde Gebiete zu unterwerfen, sondern lediglich um der jüdischen Lebensart in Freiheit huldigen zu können.  Die jüdische Tradition datiert die Tempelweihe auf den 25. Tag des jüdischen Monats Kislew.  Bis heute beginnt in der jüdischen Welt das Fest an diesem Tag.  Jung und Alt, Männer und Frauen zünden beseelt, nach dem Sprechen der Segenssprüche die Lichter an.  Acht Tage lang, an jedem Tag ein Licht mehr. Am ersten Schabbattag des Channukkafestes bildet die prophetische Schriftlesung einen Abschnitt aus den Werken des Propheten Sacharja (4: 1-4).  Der Prophet verwendet hier die Form einer Parabel. Der Bote des Herrn fragt ihn:  „Was siehst du?"  Er erwiderte:  „Ich sehe einen Leuchter aus reinem Gold...und sieben Lampen darauf, je sieben Röhren zu den sieben Lampen oben darauf, und zwei Ölbäume daran..."  - „Was bedeuten diese, mein Herr?" - Er erwiderte:  „Das Wort G-ttes an (Gouverneur) Serubawel":  Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, - spricht der Ewige, der Herr aller Geschöpfe..."  Von dieser Lektüre ausgehend,  wollten die jüdischen Gelehrten nicht den Sieg, oder den Helden in den Mittelpunkt der Gedankenwelt des Chanukkafestes stellen, sondern vielmehr das Wunder.  Siege oder Niederlagen der Heeresführer werden in Vergessenheit geraten, jedoch jene Lichter der Menora, die acht Tage lang Licht in die Dunkelheit strahlen, die Freude des Überlebens verbreiten, sie sind unendlich tief in unserer Seele verankert.