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Restitution und Entschädigung in Vergangenheit und Gegenwart aus juristischer Sicht

Reinhard BINDER-KRIEGLSTEIN

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I. Einleitung

Das Restitutions- und Entschädigungswesen zerfällt bei näherer Betrachtung in zwei von einander zu unterscheidende Bereiche: 1. Restitution, d.h. tatsächliche Rückgabe in natura von entzogenem Eigentum und 2. Gesetze, die eine gewisse Mindestsicherung der Opfer des Nationalsozialismus gewährleisten sollen, wie insbesondere das Opferfürsorgegesetz. Die Historikerkommission hat diesen Unterschied bereits in ihrem Arbeitsprogramm1 berücksichtigt und untersucht in ihren Forschungsprojekten unter anderem die Entstehung der Rückstellungs- und Entstehungsgesetze aber auch deren praktische Vollziehung.
Hier soll nun die juristische Seite der Rückstellungs- und Entschädigungsthematik beleuchtet werden. Da es nun in jüngster Zeit abgesehen von den politischen und allenfalls auch völkerrechtlichen - sei es nun bindendenden oder nicht bindenden - Abreden zu Rechtsakten des österreichischen Gesetzgebers gekommen ist, ist auf diese einzugehen. Diese Gesetze sind auch bereits von den Behörden und einschlägigen Einrichtungen, wie insbesondere dem Nationalfonds, zu vollziehen.
Die Historikerkommission ist zwar vorrangig dazu berufen, historisch zu forschen, auf dem Gebiet der Rückstellung hat sie aber auch einen Schwerpunkt im rechtshistorischen und juristischen Bereich gesetzt. Als Grundlage der von der Kommission noch zu erbringenden Analysen der Rückstellungsgesetzgebung aber auch der praktischen Vollziehung, muss man sich das gesamte Regelungswerk der Rückstellungs- und Entschädigungsgesetzgebung, das auch für einen Juristen - zumindest bis dato - nicht zum täglichen Brot gehört(e) vergegenwärtigen.

II. Die älteren Rechtsakte

A. Restitutionsgesetze
Zunächst sind die wichtigsten unmittelbar auf die Rückstellungsproblematik bezogenen Gesetze zu nennen:
Das Gesetz über die Erfassung arisierter und anderer im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme entzogener Vermögenschaften vom 10. Mai 1945, StGBl2  1945/10, war das erste Gesetz, das sich mit dem Problem der Vermögensentziehungen beschäftigte. Das Gesetz wurde bis 1946 viermal novelliert.
Zum Zwecke der Erfassung wurden alle Inhaber derartiger Vermögenschaften verpflichtet, diese innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des Gesetzes anzumelden. Verpflichtet zur Anmeldung waren nach § 1 die Inhaber all jener Vermögenschaften und Vermögensrechte, die "nach dem 13.3.1938, sei es eigenmächtig, sei es auf Grund von Gesetzen oder anderen Anordnungen aus so genannten rassischen, aus nationalen oder aus anderen Gründen den Eigentümern im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme entzogen worden" waren.
Als Nächstes ist das Nichtigkeitsgesetz, BG3 vom 15. Mai 1946 über die Nichtigkeitserklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, BGBl4  1946/106, zu erwähnen. Obwohl schon der Titel und auch § 1 des Nichtigkeitsgesetzes eine umfassende Regelung andeutet, ist für die Opfer und Überlebenden aus dem Nichtigkeitsgesetz weniger "gewonnen" als auf den ersten Blick vermutet werden könnte, normiert doch bereits § 2, dass "die Art der Geltendmachung und der Umfang der Ansprüche" eines weiteren Bundesgesetzes bedarf, was für die Betroffenen eine beträchtliche zeitliche Verzögerung bedeutete.
Die eigentlichen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Durchführung der Rückstellung entzogenen Vermögens begannen erst mit dem 1., nach einer Pause von fast einem Jahr wurden sie in schneller Folge mit dem 2. und 3. RStG fortgesetzt. Letzteres hatte sich eine umfassende Regelung der Rückstellungsproblematik zum Ziel gesetzt. Den darauf folgenden 4., 5., 6. und 7. Rückstellungsgesetzen kommt die Aufgabe der Ergänzung der Regelungen der ersten drei Rückstellungsgesetze zu: Sie behandeln Materien, die - aus verschiedenen Gründen - von den ersten drei Gesetzen ausgespart worden waren:
Das 1. Rückstellungsgesetz, BG vom 26. Juli 1946 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich in Verwaltung des Bundes oder der Bundesländer befinden, BGBl 1946/156 (zuletzt geändert mit BGBl 1955/201 mehrmalige Fristverlängerung durch VO), ist gegenüber den anderen sechs RStG durch eine Besonderheit gekennzeichnet. Diese liegt darin, dass es nicht sämtliche Vermögensentziehungen in seinem Wirkungsbereich betrifft, sondern nur solche, die auf bestimmter Rechtsgrundlage erfolgt waren. Während die anderen Rückstellungsgesetze sich generell mit Vermögensentziehungen - freilich differenzierend nach bestimmten Gegenstandsbereichen - beschäftigen, die im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme erfolgt waren, regelt das 1. RStG nur solche Vermögensentziehungen, die auf Grund von aufgehobenen NS-reichsrechtlichen Vorschriften (§ 1 Abs. (2) RechtsüberleitungsG) oder durch verwaltungsbehördliche Verfügung aus den in § 1 des G StGBl 1945/10 genannten Gründen erfolgt waren.
Das RechtsüberleitungsG sieht vor, dass alle nach dem 13.3.1938 erlassenen G5 und VO6 , sowie alle einzelnen Bestimmungen in solchen Rechtsvorschriften, die mit dem Bestand eines freien und unabhängigen Staates Österreichs oder mit den Grundsätzen einer echten Demokratie unvereinbar waren, die dem Rechtsempfinden des österreichischen Volkes widersprachen oder typisches Gedankengut des Nationalsozialismus enthielten, als aufgehoben zu gelten haben. Hierbei ist festzuhalten, dass die II. Republik keine rückwirkende Aufhebung typisch nationalsozialistischer Gesetze aussprach. So wurden auch die sog. Nürnberger Rassegesetze "nur" per 10.4.1945 aufgehoben (StGBl 1945/14).

Das 2. Rückstellungsgesetz, BG vom 6. Februar 1947 über die Rückstellung entzogener Vermögen, die sich im Eigentum der Republik Österreich befinden, BGBl 1947/53 (zuletzt geändert mit BGBl 1955/201 mehrmalige Fristverlängerung durch VO), sieht die Rückstellung von Vermögen vor, das dem ursprünglichen Eigentümer im Sinn des G StGBl 1945/107 entzogen worden war und nunmehr zufolge Verfall im Eigentum der Republik Österreich steht. Sonstiges in Innehabung oder Eigentum der Republik stehendes Vermögen wird hingegen von diesem G nicht erfasst.

Das 3. Rückstellungsgesetz, BG vom 6. Februar 1947 über die Nichtigkeit von Vermögensentziehungen, BGBl 1947/54 (zuletzt geändert mit BGBl 1954/252 mehrmalige Fristverlängerung), wurde am selben Tag wie das 2. RStG beschlossen, ist aber das weitaus umfassendere Gesetz. Sein Gegenstand war bzw. ist Vermögen, das während der dt Besetzung Österreichs, sei es eigenmächtig, sei es auf Grund von Gesetzen oder anderen Anordnungen, insbesondere auch durch Rechtsgeschäfte und sonstigen Rechtshandlungen, dem Eigentümer oder Berechtigten im Zusammenhang mit der NS-Machtübernahme entzogen worden war. Zur Rückstellung solchen Vermögens stellte das G ein detailliertes Regelungsgefüge auf. Im Gegensatz zum 1. und 2. RStG ist es ein generelles G, weil es eine allgemeine Regelung der Rückstellung entzogenen Vermögens beinhaltet, unabhängig davon, in wessen Eigentum oder Innehabung sich die entzogenen Vermögensgegenstände befinden.8
Eine Reihe von Ansprüchen wurden durch § 30 3. RStG aus dem Anwendungsbereich des 3. RStG jedoch herausgenommen und einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten. Hierbei handelt es sich um:
a) Ansprüche der Dienstnehmer;
b) Ansprüche der Mieter (Pächter) von Wohn- und Geschäftsräumen und der Pächter von Kleingärten;
c) Ansprüchen wegen Entziehung oder Behinderung der Ausübung von Urheber- und Patentrecht, sowie sonstiger gewerblicher Schutz- und anderer immaterieller Güterrechte und
d) Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden fielen.
Bezüglich der Dienstnehmer folgte die Regelung in der Folge durch das 7. RStG die gewerblichen Schutzrechte wurden durch das 6. RStG erfasst. Für die Ansprüche öffentlich-rechtlicher Natur wurde beispielsweise das BeamtenwiedereinstellungsG erlassen. Bei den Bestandrechten kam eine umfassende gesetzliche Rückstellungsregelung - ausgenommen zu Gunsten der politischen Parteien nach dem 2. RückgabeG - jedoch nicht zu Stande. Eine "endgültige" Abgeltung von Vermögensverlusten wegen entzogener Bestandrechte an Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten wurde erst durch die erst 2001 beschlossene Novelle des NationalfondsG normiert9 .

Das 4. Rückstellungsgesetz, BG vom 21. Mai 1947, betreffend die unter nationalsozialistischem Zwang geänderten oder gelöschten Firmennamen, BGBl 1947/143 (zuletzt geändert mit BGBl 1952/199), trägt dem Standpunkt Rechnung, dass es ein wesentlicher Part der gegen (vor allem jüdische) Unternehmer gerichteten NS-Politik gewesen war, die Verwendung Ihrer Firmen(namen) zurückzudrängen. Das 4. RStG eröffnet den Weg dafür, dass Firmen, die unter NS-Zwang geändert oder gelöscht worden waren, wiederum mit ihrem ursprünglichen Wortlaut fortgeführt und in das Handelsregister10 bei gegebenem rechtlichen Interesse eingetragen werden konnten.
Gegenstand des 5. Rückstellungsgesetzes, BG vom 22. Juni 1949, über die Rückstellung entzogenen Vermögens juristischer Personen des Wirtschaftslebens, die ihre Rechtspersönlichkeit unter nationalsozialistischem Zwang verloren haben, BGBl 1949/164 (zuletzt geändert mit BGBl 1955/201), sind Ansprüche auf Rückstellung der entzogenen Vermögen bestimmter juristischer Personen, die ihre Rechtspersönlichkeit auf eine der in § 1 Vermögensentziehungserfassungsgesetz, § 1 Nichtigkeitsgesetz oder § 1 Abs. (1) des 1., 2. oder 3. RStG genannten Arten verloren und im Zeitpunkt der Einleitungen eines Verfahrens nach dem 5. RStG nicht wiedererlangt haben. Das Gesetz findet Anwendung auf Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Gewerkschaften im Sinne des Berggesetzes. Die vom Gesetz gegebene Umschreibung seines Regelungsgegenstandes ist insoweit ein wenig irreführend, als sich das keineswegs auf die Gewährung von Rückstellungsansprüchen beschränkte, sondern vielmehr als zweiten Regelungsschwerpunkt auch - unter gewissen Voraussetzungen - die Wiedererrichtung der von ihm erfassten juristischen Personen vorsieht.
Eine sehr wesentliche Ausnahme von der allgemeinen Regel des § 1 Abs. (3) Satz 1, ist in § 1 Abs. (3) Satz 2 vorgesehen. Danach lag dann ein Verlust der Rechtspersönlichkeit ohne Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme vor, wenn die Auflösung oder Verschmelzung eines Kredit- oder Versicherungsunternehmens zum Zwecke der Rationalisierung in Bank-, Sparkassen-, oder Versicherungswesen erfolgt war. Damit kommt eine Wiedererrichtung der juristischen Person nach dem 5. RStG in diesen Fällen nicht in Frage. Allerdings konnten die geschädigten Anteilseigner Ansprüche nach § 10 Abs. (2) 5. RStG geltend machen. Die Antragsfristen sind freilich längst abgelaufen.
Weiters ist das 6. Rückstellungsgesetz, BG vom 30. Juni 1949 über die Rückstellung gewerblicher Schutzrechte, BGBl 1949/199 (zuletzt geändert mit BGBl 1953/186), zu erwähnen. Gewerbliche Schutzrechte sind besondere, gegen jedermann wirkende Rechte an besonderen immateriellen Gütern. Hiezu gehört insbesondere das Marken- und Musterrecht, sowie das Patentrecht. Derartigen gewerblichen Schutzrechten kam und kommt noch immer für das wirtschaftliche Handeln der Unternehmen größte Bedeutung zu. Das 6. RStG beschäftigt sich mit der Rückstellung von Vermögensentzügen auf diesem Gebiet. In der Praxis kam diesem RStG eher geringere Bedeutung zu.
Das 7. RStG, BG vom 14. Juli 1949 über die Geltendmachung entzogener oder nicht erfüllter Ansprüche aus Dienstverhältnissen in der Privatwirtschaft, BGBl 1949/207 (zuletzt geändert mit BGBl 1963/319), regelt Ansprüche aus Privatdienstverhältnissen, die während der deutschen Besetzung Österreichs im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Machtübernahme entweder dem Berechtigten auf Grund von Gesetzen oder anderen Anordnungen entzogen oder nicht erfüllt worden sind.
Bei allen Rückstellungsgesetzen sind die Antragsfristen freilich schon längst abgelaufen.

B. Entschädigungsgesetze

Das Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz (KVSG), BG vom 25. Juni 1958 über die Gewährung von Entschädigungen für durch Kriegseinwirkung oder durch politische Verfolgung erlittene Schäden an Hausrat und an zur Berufsausübung erforderlichen Gegenständen, BGBl 1958/127, sieht die Gewährung von staatlichen Ersatzleistungen u.a. für solche Schäden vor, die durch politische Verfolgung an Hausrat und an zur Berufsausübung erforderlichen Gegenständen eingetreten sind. Insoweit schuf es einen Ausgleich für bestimmte Arten von Vermögensschäden, die auf Grund politischer Verfolgung eingetreten waren. Anders aber als z.B. durch das 3. RStG wurde dieser Ausgleich nicht durch eine Rückstellung des entzogenen Vermögens, sondern durch eine an seine Stelle tretende Geldzahlung bewirkt. Diese Geldzahlung wurde von der Republik und nicht vom (unmittelbaren) Schädiger geleistet. Insoweit bestand zwischen dem Konzept des 3. RStG und dem KVSG ein wesentlicher dogmatischer Unterschied.
Durch das KVSG wurde freilich nicht nur den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung Entschädigungsansprüche gewährt. Das Gesetz kam vielmehr auch solchen Personen zu Gute, die Opfer politischer Verfolgung in der Zeit vom 6. März 1933 bis zur deutschen Besetzung Österreichs geworden waren. Zusätzlich wurde noch durch das Gesetz auch das Problem der Schäden durch die Kriegseinwirkung geregelt. Dieser dreifache Tatbestand des Gesetzes wird durch § 1 klar zum Ausdruck gebracht. Entschädigung für Sachschäden infolge Wegnahme, Verlust oder Zerstörung von Gegenständen des Hausrats oder der zu Berufsausübung erforderlichen beweglichen Sachen, die physische Personen innerhalb der Grenzen des österreichischen Bundesgebiets erlitten hatten, konnten nicht nur Opfer politischer Verfolgung begehren, sondern auch diejenigen, die solche Schäden in der Zeit zwischen dem 1. September 1939 und dem 1. September 1945 durch unmittelbare Kriegseinwirkung oder durch Handlungen von Streitkräften der Alliierten und Assoziierten Mächte erlitten hatten.
Das KVSG sieht somit aber Ersatz nur für Sachschäden an Gegenständen des Hausrats und zur Berufsausübung erforderlichen Gegenständen vor. Das Besatzungsschädengesetz, BGBl 1958/126, enthält hingegen keine derartige Einschränkung, sondern sieht generell die Ersatzleistung für solche Schäden vor, die durch Wegnahme, Verlust, Zerstörung oder Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden sind. Seine Regelungen sind also weiter gehender als die des KVSG. Weiters sind die Entschädigungsleistungen nach dem KVSG in mehrerer Hinsicht gestaffelt und mit Höchstgrenzen versehen. Bezüglich des Hausrats ist in der Anlage zum KVSG eine umfassende Liste von Hausratsgegenständen enthalten. Darin wird jedem Gegenstand eine bestimmte Punktezahl (so genannte Berechnungspunkte) zugeordnet. Die Auszahlung der auf diese Weise ermittelten Entschädigungssumme war aber an Höchstgrenzen des Einkommens des Geschädigten geknüpft. Ansprüche nach dem KVSG konnten nicht nur von jener Person geltend gemacht werden, in deren Vermögen der Schaden ursprünglich eingetreten war. Anspruchsberechtigte nach Maßgabe ihres Erbrechts waren nach § 2 Abs. (2) auch der überlebende Gatte und die Kinder, die mit dem Geschädigten im gemeinsamen Haushalt gelebt hatten. Die Antragsfristen sind auch hier schon längst abgelaufen.
Schließlich sollen noch folgende (Bundes-) Restitutions- bzw. Entschädigungsgesetze bloß erwähnt werden:
Es wurden insgesamt 4 Rückstellungsanspruchsgesetze verabschiedet, worin insbesondere die Übertragung der Ansprüche auf Rückstellung von Vermögen bestimmter juristischer Personen, die ihre Rechtspersönlichkeit während der deutschen Besetzung Österreichs verloren und später nicht wiedererlangt haben, normiert wurden.
In 2 Rückgabegesetzen wurde die Rückgabe des Vermögens aufgelöster oder verbotener demokratischer Organisationen und vor allem deren Rückgabeansprüche als Bestandnehmer vorgesehen, was eine Privilegierung gegenüber allen anderen Opfern des NS-Regimes ist, weil die endgültige Entschädigung von Mietwohnungen und Geschäftsräumlichkeiten für Entziehungen in der NS-Zeit erst 2001 erfolgte, also 52 Jahre nach der Verabschiedung des 2. RückgabeG. Mit dem 2. RückgabeG wurden Bestandrechte an demokratische politische Organisationen, wie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und allen ihre Unterorganisationen, dem Vorwärtsverlag, Organisationen der christlichen Arbeiter und Angestellten und der Kommunistische Partei, wenn ihnen diese Bestandrechte in der Zeit zwischen 5. März 1933 und dem 13. März 1938 entzogen worden waren, "zurückgegeben".
Lediglich erwähnt seien in diesem Rahmen noch das Versicherungsentschädigungsgesetz, das Versicherungswiederaufbaugesetz, die Gesetze über die Sammelstellen und das Opferfürsorgegesetz mit seinen unzähligen Novellen, das Beamten-Entschädigungsgesetz, die insgesamt 4 Hilfsfondgesetze, der Finanz- und Ausgleichsvertrag (sog. Bad Kreuznacher Abkommen) sowie die §§ 500 ff ASVG.

III. Die neueren Rechtsakte

Nun aber zu den neueren Gesetzen, die eingehender besprochen werden sollten, beginnend mit der sog. Mauerbachaktion:
Obwohl mit dem 1. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz, BG vom 27. Juni 1969 über die Bereinigung der Eigentumsverhältnisse des im Gewahrsam des Bundesdenkmalamtes befindlichen Kunst- und Kulturgutes, BGBl 1969/294, Antragsmöglichkeiten auf Rückgabe von Kunst- und Kulturgut geschaffen worden sind, wurden nur 269 Gegenstände herausgegeben. Die geringe Menge mag auf vielerlei Gründe zurückzuführen sein, vielleicht auch an damals zu geringen Einsatz der österreichischen (Vertretungs-)behörden im Ausland bzw. am Mangel in tatsächlich geeigneter Weise dieses G bekannt zu machen. Das bloße Abdrucken im BGBl und Mitteilen in der Wr. Zeitung scheint jedenfalls im Ausland auf kein gesteigertes Echo gestoßen zu sein.
Mit dem 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz, BG vom 13. Dezember 1985 über die Herausgabe und Verwertung ehemals herrenlosen Kunst- und Kulturgutes, das sich im Eigentum des Bundes befindet, BGBl 1986/2, wurde neuerlich für die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen die Möglichkeit eröffnet, Herausgabeansprüche gegen die Republik Österreich geltend zu machen. Um eine möglichst große Bekanntheit zu gewährleisten, wurde auch bei österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland die Liste aller jener Kunst- und Kulturgüter, deren Rückgabe beantragt werden konnte, zur Einsichtnahme aufgelegt. Insgesamt wurden vom Bundesministerium für Finanzen 367 Anträge an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Prüfstelle weitergeleitet. Die Finanzlandesdirektion konnte auf Grund der von ihr durchgeführten Verfahren 22 Positionsnummern (151 Gegenstände) an 21 Antragsteller herausgeben. Ein Großteil der geltend gemachten Ansprüche wurde jedoch wegen Mehrfachbeanspruchung beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängig. Die Abwicklung dieser Verfahren gestaltete sich zum Teil sehr schwierig. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass seit jenem Zeitpunkt, wo die Antragsteller ihre Kunst- und Kulturgüter das letzte Mal gesehen haben, oft Jahrzehnte vergangen sind. Besondere Probleme haben sich dann ergeben, wenn die ursprünglichen Eigentümer zwischenzeitlich verstorben waren und die Verfahren mit dem Erben fortgesetzt worden sind.
Jene Kunst- und Kulturgüter, welche nicht an die Eigentümer rückgegeben wurden, sollten durch freiwillige öffentliche Versteigerung für Zwecke von bedürftigen Personen verwendet werden, die aus rassischen, religiösen und politischen Gründen durch das NS-Regime verfolgt worden sind. Die als "herrenlos geltenden Kunstgegenstände, die sich unter der Verwaltung des Bundesdenkmalamtes in der ehemaligen Kartausenanlage Mauerbach befanden, wurden dem Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinden Österreichs zwecks Versteigerung übertragen. Hierfür bestimmte der Gesetzgeber (recht bedacht) eine Zweckbindung von 88% für jüdische und 12% für nicht-jüdische Opfer. Durch die ausgezeichnet angelegte sog Mauerbachauktion, die vom renommierten Auktionshaus Christie’s im Museum für angewandte Kunst Ende Oktober 1996 durchgeführt wurde, konnte das damals gegründete "International Steering Committee" ca. 120 Mio. ATS (ca. 8.720.740,10 €) als finanzielle Basis des Mauerbachfonds übernehmen. Dieser Betrag kommt bedürftigen Holocaust-Überlebenden aus aller Welt zugute. Eine allfällig eingehendere Wertung dieser Maßnahme wird allenfalls die Historikerkommission nach Vorlage aller Abrechnungen vornehmen können.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch das Kunstrückgabegesetz erwähnen, BG über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen", BGBl I 1998/181. Voraussetzung für eine Rückgabe nach diesem Gesetz ist, 1. dass Kunstwerke, die Gegenstand von Rückstellungen waren entweder im Zuge von Verfahren nach dem Ausfuhrverbotsgesetz unentgeltlich (als "Schenkung" oder "Widmung") zurückbehalten wurden und in die österreichischen Bundesmuseen und -sammlungen eingegangen sind, oder 2. dass sie zwar rechtmäßig in das Eigentum des Bundes gelangt sind, jedoch zuvor Gegenstand eines Rechtsgeschäftes gewesen sind, das nach § 1 Nichtigkeitsgesetz nichtig erklärt wurde, und sich noch im Eigentum des Bundes befinden oder 3. trotz eines abgeschlossenen Rückstellungsverfahren nicht an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen zurückgegeben werden konnten und als herrenloses Gut unentgeltlich in das Eigentum des Bundes übergegangen sind.
Zur Auffindung der etwaigen Kunstgegenstände im Eigentum des Bundes wurde eine Provenienzforschungskommission beim Bundesdenkmalamt unter Vorsitz von Prof. HR Dr. Bacher eingerichtet. Deren Ergebnisse werden dem im Bildungsministerium eingerichtete Kunstrückgabebeirat übermittelt, der gegebenenfalls eine Rückgabe an festgestellte "Berechtigte" dem zuständigen Bundesminister empfiehlt. Es besteht somit kein Rechtsanspruch auf Herausgabe eines Kunstgegenstandes, ein Verwaltungsverfahren nach dem AVG findet nicht statt.
Als Nächste Maßnahme ist das BG über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl 1995/432, zu erwähnen, das am 50. Jahrestag der II. Republik ergangen ist. Man hat sich über alle Parteigrenzen hinweg zu einer moralische Anerkennung der NS-Opfer, verbunden mit einer finanziellen Geste in der Höhe von 70.000 ATS (5.087,10 €) verstanden. Der Fonds erbringt diese Geldleistung an Personen,

1. die vom nationalsozialistischen Regime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder auf Grund des Vorwurfs der so genannten Asozialität verfolgt oder auf eine andere Weise Opfer typisch nationalsozialistischen Unrechts geworden sind oder das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen, und
2. die
a) am 13. März 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft und einen Wohnsitz in Österreich oder
b) bis zum 13. März 1938 durch etwa 10 Jahre hindurch ununterbrochen ihren Wohnsitz in Österreich gehabt haben bzw. in diesem Zeitraum als Kinder von solchen Personen in Österreich geboren wurden oder
c) vor dem 13. März 1938 die österreichische Bundesbürgerschaft oder ihren zumindest etwa zehnjährigen Wohnsitz verloren haben, weil sie wegen des unmittelbar bevorstehenden Einmarsches der Deutschen Wehrmacht das Land verlassen haben, oder
d) vor dem 9. Mai 1945 als Kinder von solchen Personen im Konzentrationslager oder unter vergleichbaren Umständen auch in Österreich geboren worden sind.

Organe des Fonds sind das Kuratorium, das Komitee und der Generalsekretär. Das Kuratorium ist das wichtigste Organ des Fonds, ihm obliegen Erlassung der Geschäftsordnung und insbesondere der internen Richtlinien, die vor allem auch die Vergabe der Geldleistungen regeln. Das Komitee entscheidet über die Zuerkennung von Leistungen. Die Generalsekretärin bereitet die Arbeiten vor, ihr kommt unter anderem auch die Aufgabe zu, die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen, sofern diese Agenden nicht ohnedies vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten erfüllt werden.
Allenfalls kann der Nationalfonds auch Projekte unterstützen, die Opfern des Nationalsozialismus zugute kommen, der wissenschaftlichen Erforschung des Nationalsozialismus und des Schicksals seiner Opfer dienen, an das nationalsozialistische Unrecht erinnern oder das Andenken an die Opfer wahren. Diese ursprüngliche "Kann-Bestimmung" wird aber vom Nationalfonds durchaus genutzt. Insgesamt hat der Nationalfonds von 1995 - 2000 über 2 Milliarden ATS (145,35 Mio. €) ausgezahlt.
Nachdem dem Nationalfonds auch das sog Raubgoldguthaben zur Verwaltung übertragen worden war, wurde mit der Novelle des Nationalfondsgesetzes, BGBl I 2001/11, der Fonds um 150 Mio. USD (Wert zum Zeitpunkt 24. Oktober 2000) aufgestockt. Dieser Betrag wird an Opfer des Nationalsozialismus im Sinne des § 2 b Abs. (3) NationalfondsG erbracht, d.h. Personen, die aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung und dergleichen vom nationalsozialistischen Regime verfolgt wurden und die selbst oder deren Eltern einen Vermögensverlust in einer der im G aufgezählten Kategorien erlitten. Diese Kategorien betreffen Bestandrechte an Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten, Hausrat und persönliche Wertgegenstände. Es sei an dieser Stelle zumindest erwähnt, dass bei dieser Abgeltung von Bestandrechten nur "Wohnungen und gewerblichen Geschäftsräumlichkeiten" umfasst sind, im zuvor erwähnten 2. RückgabeG war darüber hinaus zu Gunsten der politischen Parteien auch eine Rückgabe von Bestandrechten an bebauten und unbebauten Grundstücken vorgesehen.
Der Gesamtbetrag ist an die Berechtigten zu gleichen Teilen als Pauschalsumme aufzuteilen, wobei man beim Nationalfonds von 7.000 USD/Person ausging und ausgeht. Für diese Annahme der Organe des Nationalfonds gibt es aber weder eine gesetzliche noch sonst ersichtliche rechtliche Grundlage, sodass gegebenenfalls ein finanzieller Nachschuss notwendig werden könnte. Um gleich hohe Leistungen zu gewährleisten, kann ein Teilbetrag bis zur Höhe von 5% der 150 Mio. USD vorbehalten werden. Pro Antragsteller wird die Pauschalsumme ausbezahlt, völlig unabhängig davon, ob eine Person in allen drei Kategorien oder nur in einer vom Gesetz genannten Kategorie einen Vermögensverlust erlitt, also Mietwohnung, Hausrat oder persönliche Wertgegenstände. Bei Härtefällen kann der Fonds nach gelockerten Voraussetzungen gemäß sich selbst gegebenen Richtlinien vorgehen. Ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus dem Fonds besteht aber prinzipiell nicht. Anträge sind bis spätestens 1 Jahr nach Inkrafttreten der Nationalfondsgesetznovelle zu stellen, d.h. bis spätestens 22. Februar 2002. Diese Frist ist somit ebenfalls bereits abgelaufen. Abgeltungen dieser Vermögensverluste wurden mit Beginn April 2001 aufgenommen, die Auszahlung ist nämlich im Gegensatz zum im Folgenden zu besprechenden Entschädigungsfondsgesetz nicht von der Zurückziehung von sog class actions in den U.S.A gegen Österreich und österreichische Unternehmungen (der sog. "legal closure") abhängig. Die Auszahlung einer solchen Geldleistung vom Nationalfonds ist schließlich noch an die Voraussetzung geknüpft, dass der Empfänger für sich und seine Erben (offenbar unwiderruflich?) erklärt, die Geltendmachung sämtlicher Forderungen auf Grund von oder im Zusammenhang mit Vorgängen zwischen dem 13. März 1938 und dem 9. Mai 1945 im Gebiet der heutigen Republik Österreich erlittenen Vermögensverlusten in einer der in diesem Gesetz genannten Kategorien gegen die Republik Österreich, österreichische Unternehmen im Sinne des Versöhnungsfonds-Gesetzes, BGBl I 2000/74 (ausgenommen Dorotheum) sowie österreichische Staatsbürger zu verzichten.

Diese Novelle des Nationalfonds geht auf Berichte der Historikerkommission zu entzogenen Mietwohnungen in der NS-Zeit zurück. Das im Folgenden zu besprechende Versöhnungsfondsgesetz fußt gleichfalls auf entsprechenden Zwischenberichten der Historikerkommission zu konkreten Zahlen der auf dem Gebiet der Republik Österreich tätigen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in der NS-Zeit.
Mit dem BG über den Fonds für freiwillige Leistungen der Republik Österreich an ehemalige Sklaven- und Zwangsarbeiter des nationalsozialistischen Regimes (Versöhnungsfondsgesetz), BGBl I 2000/74, wurde der Versöhnungsfonds geschaffen. Der Versöhnungsfonds hat zum Ziel, durch eine freiwillige Geste der Republik Österreich - es besteht also auch hier kein Rechtsanspruch - gegenüber natürlichen Personen, die durch das NS-Regime zu Sklavenarbeit, darunter versteht man besonders erschwerte Arbeitsleistungen in Konzentrationslagern, oder Zwangsarbeit auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich gezwungen wurden, einen Beitrag zu Versöhnung, Frieden und Zusammenarbeit zu leisten. An ehemalige (ausländische) Kriegsgefangene werden hingegen keine Leistungen erbracht.
Die Höhe der Leistungen beträgt:
1. 105.000 ATS (ca. 7.630,65 €) für Sklavenarbeiter (wobei festzuhalten ist, dass diese Kategorie wohl fast ausschließlich von Deutschland in der dortigen Stiftung bedacht wird und daher kein großer Anwendungsbereich für Österreich bleiben dürfte),
2. 35.000 ATS (2.543,55 €) bei geleisteter Zwangsarbeit in Industrie, Gewerbe, Bauwirtschaft, Elektrizitätswirtschaft, sonstiger gewerblicher Wirtschaft, in öffentlichen Einrichtungen, bei Reichsbahn oder Reichspost,
3. 20.000 ATS (1.453,46 €) bei geleisteter Zwangsarbeit ausschließlich in der Land- und Forstwirtschaft oder persönlicher Dienstleistungen (Haushalt, Hotels u.ä.),
4. damalige Kinder oder Minderjährige, die mit einem Elternteil auf das Bundesgebiet in der NS-Zeit verbracht oder während des Zwangsarbeitseinsatzes geboren wurden, erhalten den Betrag der dem Elternteil zustehen würde,
5. Frauen, die während des Zwangsarbeitseinsatzes Kinder in Ostarbeiterinnen-Entbindungsheimen zur Welt brachten oder zum Schwangerschaftsabbruch genötigt wurden, kann eine zusätzliche Geldleistung von 5.000 ATS (363,36 €) zuerkannt werden.
Die Geldleistungen sind höchstpersönlich und somit allgemein nicht vererblich, aber auch nicht pfändbar. Personen, die von der dt. Zwangsarbeitsstiftung eine Leistung erhalten, sind von Leistungen aus dem Versöhnungsfonds ausgeschlossen. Anträge sind innerhalb von 2 Jahren nach Inkrafttreten des Versöhnungsfondsgesetzes zu stellen. Das Inkrafttreten war von der Sicherstellung der Geldmittel und der Unterzeichnung von völkerrechtlichen Abkommen abhängig. Gem. Kundmachung der Bundesregierung vom 1. Dezember 2000, BGBl I 2000/122, ist das Versöhnungsfonds-Gesetz mit 27. November 2000 in Kraft getreten. Die Antragsfrist endet somit am 27. November 2002.

Der Versöhnungsfonds ist mit 6 Mrd. ATS (ca. 436.037.005,01 €) abschließend dotiert, es besteht keine Nachschusspflicht. Eine Auszahlung hat zur Voraussetzung, dass der Leistungsempfänger eine Erklärung abgibt, mit Erhalt der Geldleistung nach diesem Gesetz auf die Geltendmachung von Forderungen für Sklaven- und Zwangsarbeit gegen die Republik Österreich oder gegen österreichische Unternehmen unwiderruflich zu verzichten. Hier normierte der Gesetzgeber also die Unwiderruflichkeit ausdrücklich im Gesetz.
Organe des Versöhnungsfonds sind wiederum ein Kuratorium, ein Komitee und ein Generalsekretär, die Aufgabenverteilung ist dem Nationalfonds nicht unähnlich. Der Versöhnungsfonds ist aber auf 3 Jahre befristet. Interessanterweise wurde in einer ersten Novelle des Versöhnungsfondsgesetzes, BGBl I 2001/40, eine Haftungsfreistellung zu Gunsten des Fonds und dessen Organe insbesondere bei allenfalls fehlerhaften Entscheidungen über die Zuerkennung von Leistungen normiert. Mit derselben Novelle wurde eine solche Haftungsfreistellung auch für den im folgenden zu besprechenden Allgemeinen Entschädigungsfonds als auch den Nationalfonds und deren Organe vorgesehen. 11

Die neuerste bislang erfolgte Gesetzesinitiative in dieser Materie ist das Entschädigungsfondsgesetz, BGBl I 2001/12 (EFG). Diesem soll nach dem Willen des Gesetzgebers eine umfassende Bedeutung zukommen, was eine eingehende Erläuterung rechtfertigt. Mit dem Entschädigungsfondsgesetz des Bundes wurde ein Allgemeiner Entschädigungsfonds zur umfassenden Lösung offener Fragen der Entschädigung von Opfern des Nationalsozialismus für Verluste und Schäden, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, geschaffen. Der Entschädigungsfonds soll mit 210 Millionen USD spätestens 30 Tage, nachdem alle in den U.S.A. am 30. Juni 2001 anhängigen Klagen gegen Österreich oder österreichische Unternehmen, die sich aus oder im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus oder dem Zweiten Weltkrieg ergeben, abgewiesen worden sind (ausgenommen Klagen betreffend vom Versöhnungsfonds erfassten Ansprüche, Rückgabe von Kunstgegenständen sowie Klagen auf Naturalrestitution gegen Länder und Gemeinden). Der Entschädigungsfonds bedient sich der Organe des Nationalfonds, d.h. des Kuratoriums und des Generalsekretärs. Da aus dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen ist, zu welchem Ressort der Entschädigungsfonds insbesondere (budgetär) gehört, wird somit anzunehmen sein, dass er dem Nationalfonds gleich der Parlamentsdirektion zuzurechnen ist. Statt des Komitees des Nationalfonds wurde das Antragskomitee vorgesehen, das über Anträge auf Leistungen aus dem Entschädigungsfonds entscheidet. Dem Antragskomitee gehören ein von der Regierung der USA, ein von der österreichischen Bundesregierung zu bestimmendes Mitglied sowie ein von diesen Mitgliedern zu bestimmendes Mitglied als Vorsitzender an. Das Antragskomitee ist unabhängig und fällt seine Entscheidungen in der Regel mehrheitlich. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig12 .
Für Zahlungen aus dem 1. Teil des Entschädigungsfondsgesetzes sind zwei Verfahren vorgesehen: das Forderungs- und das Billigkeitsverfahren. Leistungen aus den insgesamt 210 Mio. USD sollen jeweils zur Hälfte verwendet werden. Antragsberechtigt sind Personen (nur im Forderungsverfahren auch Vereinigungen [sic!]), die vom NS-Regime aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder auf Grund des Vorwurfes der so genannten Asozialität verfolgt wurden, und die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der NS-Zeit Verluste oder Schäden erlitten. Allenfalls sind die Erben von antragsberechtigten Personen gemäß der erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB antragsberechtigt. Im Forderungsverfahren sind die allfälligen Rechtsnachfolger von Vereinigungen antragsberechtigt. Leistungen aus dem allgemeinen Entschädigungsfonds sollen gemäß der ausdrücklichen Normierung eine "endgültige Abgeltung von Verlusten und Schäden", die von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden, sein.
Es besteht kein Rechtsanspruch auf diese Leistungen. Anträge sind spätestens 24 Monate nach In-Kraft-Treten des Gesetzes beim Fonds einzubringen. Das In-Kraft-Treten des Entschädigungsfondsgesetzes war von der Sicherstellung der nötigen Geldmittel abhängig. Gemäß Kundmachung der Bundesregierung vom 20. Juni 2001, BGBl I 2001/58, ist das Entschädigungsfondsgesetz mit 28. Mai 2001 in Kraft getreten. Das bedeutet, dass Anträge auf Leistungen gem. § 8 EFG bis 28. Mai 2003 gestellt werden können.
In jedem der beiden Verfahren kann nur ein Antrag gestellt werden, der aber Verluste mehrerer Kategorien umfassen kann. Parallele Antragstellung derselben Verluste ist aber unzulässig (Folge?). Eine Fondsleistung hat auch hier zur Voraussetzung, dass der Empfänger mit Leistungserhalt für sich und seine Erben (offenbar wiederum unwiderruflich?, der Gesetzgeber hat es hier aber im Gegensatz zum Versöhnungsfonds nicht normiert) erklärt, auf alle Ansprüche gegen Österreich und/oder österreichische Unternehmen, die sich aus oder im Zusammenhang mit der Zeit des Nationalsozialismus oder dem Zweiten Weltkrieg ergeben, zu verzichten. Hiervon bleiben Ansprüche auf Kunstgegenstände und vom Gesetz nicht berührte Fälle unberührt.
Im Forderungsverfahren können Anträge für Vermögensverluste in den folgenden Kategorien gestellt werden:
1. liquidierte Betriebe einschließlich Konzessionen und anderem Betriebsvermögen;
2. Immobilien (ausgenommen die im weiteren zu besprechende Naturalrestitution);
3. Bankkonten, Aktien, Schuldverschreibungen, Hypotheken;
4. sonstige Mobilien (ausgenommen Fälle, in denen bereits die Nationalfondsgesetz-Novelle greift) und
5. Versicherungspolizzen.
Die insgesamt 210 Mio. USD werden gem. § 5 Abs. (1) EFG jeweils zur Hälfte für Leistungen nach dem Forderungsverfahren und dem Billigkeitsverfahren verwendet. Im Forderungsverfahren ist unter Berücksichtigung erleichterter Beweisstandards nachzuweisen, dass
1. die den Vermögenswert betreffende Forderung niemals zuvor durch österreichische Gerichte oder Verwaltungsbehörden endgültig entschieden oder einvernehmlich geregelt wurde,
2. eine derartige Entscheidung oder einvernehmliche Regelung eine extreme Unge- rechtigkeit13 darstellte, oder
3. die den Vermögenswert betreffende Forderung durch österreichische Gerichte oder Verwaltungsbehörden aus Mangel an erforderlichen Beweisen abgelehnt wurde, in Fällen, in denen derartige Beweise dem Antragsteller einst nicht zugänglich waren, aber in der Zwischenzeit verfügbar wurden.
Bei der zweiten Variante kann das Antragskomitee nur einstimmig die Erfüllung der Beweiserfordernisse beschließen. Bei den anderen beiden Voraussetzungen wird, sofern keine gegenteiligen Beweise vorgelegt werden, eine eidesstattliche Erklärung einschließlich einer plausiblen Begründung, warum niemals über die Forderung entschieden oder eine Regelung getroffen wurde, bzw. die erforderlichen Beweise dem Antragsteller nicht zugänglich waren, als ausreichend erachtet. Bemerkenswert ist, dass es sich hierbei um keine "Kannbestimmung" handelt.
Das Antragskomitee entscheidet im Forderungsverfahren über die Anträge und setzt einen sog. Forderungsbetrag fest. Nach Ablauf der Antragsfrist, d.h. dem 28. Mai 2003, bemisst das Antragskomitee auf Grund der festgelegten Forderungsbeträge einen Zuerkennungsbetrag jedem Antragsteller zu. Das ist ein Betrag, der auf Grund des bereitgestellten Betrages von 105 Mio. USD (abzüglich Leistungen aus Versicherungspolizzen und Verwaltungskosten) und der Summe aller Forderungsbeträge berechnet wird und somit eine pro rata Leistung darstellen soll. Der Zuerkennungsbetrag darf höchstens 2 Mio. USD/Person betragen. Es wird wohl davon auszugehen sein, dass der Gegenwert in Dollar zum Gegenwert des Gesamtbetrages des Fonds zu werten sein wird.
Bei der Entscheidung über Versicherungspolizzen, die nicht nur Lebensversicherungen sondern offensichtlich auch Schadensversicherungspolizzen umfassen sollen, ist ein Gesamtbetrag von 25 Mio. USD vorgesehen. Ob dieser Betrag nur für das Forderungsverfahren und allenfalls bei einem Restbetrag auch für das Billigkeitsverfahren oder jedenfalls auch in letzterem vorgesehen werden soll, lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig entnehmen und wird daher vom Antragskomitee zu entscheiden sein.14 Die Versicherungsanträge sollen nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nach den ICHEIC-Richtlinien sinngemäß erledigt werden. Dies ist insofern erstaunlich, weil sich diese ICHEIC-Richtlinien, es handelt sich hierbei um die Eagelburger-Kommission - die International Commission on Holocaust Era Insurance Claims - nur auf Lebensversicherungspolizzen beziehen. Inwiefern diese Richtlinien für die Kompensation von Schadensversicherungspolizzen, wie z.B. Glasbruchversicherungen, Diebstahlsversicherungen oder etwa Feuerversicherungen, wie sie bei den Schadensversicherungsfällen, die insbesondere im Rahmen der sog. Reichskristallnacht anfielen und vielfach nicht entschädigt wurden, angewendet werden sollen, wird eine vom Antragskomitee zu entscheidende Frage sein. Der Gesetzgeber verpflichtete jedenfalls den Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Listen der möglichen Polizzeninhaber öffentlich zugänglich zu machen15 . Es sollte von den Fondsorganen aber auch Sorge dafür getragen werden, dass auch hier vom Gesetzgeber nicht nur die Lebensversicherungspolizzen gemeint sind.

Im sog. Billigkeitsverfahren können Antragsteller, die gegebenenfalls nach den Beweisstandards des Forderungsverfahren nicht in der Lage sind, konkrete Ansprüche zu dokumentieren oder glaubhaft zu machen, Anträge stellen. Im Billigkeitsverfahren kommen neben den im Forderungsverfahren festgesetzten Vermögensverlustkategorien zusätzlich noch folgende Kategorien in Betracht:
1. für berufs- oder ausbildungsbezogene Verluste, die als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich während der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind, oder
2. nach einer Generalklausel alle anderen im Zusammenhang stehenden Verluste und Schäden, soweit sie nicht im Versöhnungsfonds für Zwangsarbeit oder im weiteren zu besprechenden Naturalrestitutions- verfahren gedeckt sind.
Das Antragskomitee kann, wenn es meint, dass ein berücksichtigungswürdiger Fall eines Vermögensverlustes vorliegt, und eine österreichische Entscheidung oder Regelung unzureichend war, bzw. ein berufs- oder ausbildungsbezogener Verlust nicht ausreichend entschädigt wurde, oder ein Tatbestand der Generalklausel gegeben ist, eine Billigkeitszahlung zuerkennen. Das Antragskomitee kann pro Haushalt nur eine Billigkeitszahlung zuerkennen. Die Billigkeitszahlungen sind somit von der Zahl der Anspruchsberechtigten unabhängig. In diesem Verfahren sollen 105 Mio. USD wiederum (abzüglich Verwaltungskosten und allfälliger Leistungen aus Versicherungspolizzen) zur Ausschüttung gelangen. Im Gegensatz zum Forderungsverfahren, bei dem ein Antrag auf eine neuerliche Entscheidung bei ablehnender Entscheidung des Antragskomitees vorgesehen ist, gibt es im Billigkeitsverfahren kein Rechtsmittel.
Im zweiten Teil des Entschädigungsfondsgesetzes des Bundes wird eine sog. Naturalrestitution "verheißen". Hier ist vorgesehen, dass Liegenschaften und Superaedifikate, die sich zum Stichtag 17. Jänner 2001 ausschließlich, direkt oder indirekt (z.B. über ausgegliederte juristische Personen) im Eigentum des Bundes befinden, nach bestimmten Standards, die den Beweisstandards im Forderungsverfahren im Wesentlichen nachgebildet sind, in natura zurückgegeben werden. Auch hier wurde wiederum der Tatbestand, einer bei einer "extrem ungerechten" früheren Rückstellungsentscheidung eines österreichischen Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde möglichen Restitution normiert. Man darf gespannt darauf warten, wie der unbestimmte Gesetzesbegriff der extremen Ungerechtigkeit, in diesem Falle von der Schiedsinstanz ausgelegt werden wird.16
Über die Anträge von Personen und Vereinigungen berät eine Schiedsinstanz, der ein von der Regierung der USA, ein von der österreichischen Bundesregierung zu bestimmendes Mitglied, sowie ein von diesen Mitgliedern zu bestimmendes Mitglied als Vorsitzender angehört17 . Die Mitglieder sollen mit den einschlägigen Bestimmungen des österreichischen und internationalen Rechts, insbesondere der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), vertraut sein. Welches Recht an