Ausgabe

Max Liebermann zum 90. Todestag

Stephan Templ

Die Liebermanns stammten aus dem westpommerschen Schtetl Märkisch Friedland, das sich heute Mirosławiec nennt und in Polen liegt. Joseph Bendix Liebermann (1783–1860) verliess in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts Märkisch Friedland, das etwa zur Hälfte von Juden bewohnt war. 

Inhalt

In Berlin erlebt Joseph Bendix Liebermann einen raschen Aufstieg; als Fabrikant konnte er ein Palais direkt neben dem Brandenburger Tor erwerben. Max Liebermann (1847–1935), der führende deutsche Impressionist, und Emil Moritz Rathenau (1838–1915), einer der Gründer der deutschen Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG), waren seine Enkel. Das Schicksal von dessen Sohn Walther Rathenau (1867–1922) ist wohlbekannt: kaum zum Aussenminister ernannt, wurde er im Juni 1922 von Rechtsextremisten ermordet. Kein Nachfahre der Familie lebt heute in Deutschland.


Max Liebermann, gelangweilt von den Historienbildern seiner Zeit, wandte sich sozialkritischen Themen zu, er setzte sich klar von den herrschenden Kunstsujets ab. In seinem Stadtatelier malte er etwa den Alltag der Bauern und stilistisch hielt er sich an die französischen Impressionisten, die er in Paris studiert hatte.  Es dauerte lange, bis er in Berlin anerkannt war; er gründete mit Gleichgesinnten die Berliner Secession, deren Präsident er wurde. Als Präsident der Preussischen Akademie der Künste nahm er – unter Protest – Käthe Kollwitz und Heinrich Zille auf. Liebermanns Alterswerk ist weniger von Porträts (er malte Staatsmänner der Weimarer Republik genauso wie deren Künstler) als von Landschaften und Gartenszenen geprägt, die meist seinen eigenen Garten in Berlin-Wannsee darstellen. 

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Max Liebermann: Martha Liebermann, 1898. Sammlung Schloss Weimar EG 57. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei, Foto: Hajotthu: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Martha_Liebermann_1898_-_Weimar_Schlossmuseum.jpg

Liebermann sah – auch durch den Mord an seinem Cousin Walther –  sehr früh die Gefahr der rechtsradikalen Politik heraufziehen. Dennoch verlor er nicht seinen Sinn für Aphorismen, wie jener bezeugt, der überliefert wurde: Ein SS- Mann beobachtet Liebermann beim Malen seines Gartens und kommentiert: „Für einen Juden können Sie aber ganz gut malen.“ Liebermann darauf: „Für einen SS-Mann haben Sie aber einen ganz guten Geschmack.“ Eine Auswanderung lehnte Liebermann ab; die Jahre bis zu seinem Tod 1935 lebte er geächtet und sehr zurückgezogen, seine Witwe Martha (1857–1943) wurde zum Verkauf der Villa am Wannsee an die Reichspost gezwungen. Das Haus diente nach dem Kriege als städtisches Krankenhaus, später beherbergte es einen Tauchklub, bis es ab dem Jahre 2002 in den Originalzustand zurückgeführt wurde. Seither fungiert es als Liebermann-Museum. Martha Liebermann beging am Tage ihrer bevorstehenden Deportation in das KZ Theresienstadt Selbstmord. Der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt und der Kunstsammler Oskar Reinhart boten den Nazis noch eine hohe Summe, um Martha Liebermann die Ausreise in die Schweiz zu ermöglichen. Die Nazis lehnten ab. 

 

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Max Liebermann: Selbstportrait, 1916. Kunsthalle Bremen 337-1920/1. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei, Foto: HgGUU3mflQbxqg Google Arts&Culture: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Liebermann,_Self-portrait_1916,_Kunsthalle_Bremen.jpg

 

Nachlese: https://liebermann-villa.de/