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Allen Kriegstoten zum Gedenken

Alexander BARTHOU

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Advent und der Jahreswechsel stehen vor der Tür. Eine stille Zeit im Jahr, in der wir unserer verstorbenen Angehörigen gedenken und in den Friedhöfen Zeichen setzen. Das gilt im besonderen Masse auch für jene  Verstorbenen, die als militärische und zivile Kriegsopfer hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. „Würden wir dieser Toten nicht gedenken, so wäre es, als würden sie ein zweites Mal sterben", steht als Kernauftrag über deren Gräber und Gedenkstätten. 

Die Erhaltung der Gräber dient nicht dazu, die Vergangenheit und das Gestrige heraufzubeschwören, sondern um die Opfer von damals eine Mahnung in der Gegenwart sprechen zu lassen. Daran zu erinnern, dass gerade erst ein Jahrhundert vergangen ist, in dem zwei  Weltkriege nicht nur Nationen, sondern beinahe jede Familie erschütterten.

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St. Florian - Grabstätte von 24 KZ Häftlingen, die beim Todesmarsch von Mauthausen nach Gunskirchen ihr Leben lassen mussten.

Das Österreichische Schwarze Kreuz - Kriegsgräberfürsorge (ÖSK) hält die Erinnerung an alle Kriegstoten wach. Die Sorge umfasst nicht nur die gefallenen Soldaten, sondern erstreckt sich auf die Gesamtzahl der Opfer, die in den vergangenen Kriegen ihr Leben lassen mussten. Alleine in Österreich sind es 918 Kriegerfriedhöfe und Orte der Erinnerung und des Gedenkens, die eine umfassende Betreuung durch die Landesgeschäftsstellen des ÖSK erfahren. Auch die Mahnmale am „Leidensweg" der ungarischen Juden auf ihrem Todesmarsch durch Oberösterreich fallen unter diese Obsorge. Dieses unmenschliche und traurige Kapitel soll daher in diesem Beitrag einer besonderen Würdigung unterzogen werden.

Im Frühjahr 1945 wurden tausende völlig entkräftete ungarische Jüdinnen und Juden durch den Gau Oberdonau in oberösterreichische Konzentrationslager getrieben. Sie hatten bereits den weiten Weg aus Westungarn (Köszeg und Bucsu) bzw. von der österreichisch-ungarischen Grenze südlich des Geschriebensteines hinter sich. Unterwegs waren sie nur sporadisch verpflegt worden und hatten bei noch sehr kühlen Temperaturen im Frühjahr 1945 im Freien übernachten müssen. Ihr körperlicher Zustand war dementsprechend schwach. Es war daher auch die Zahl derer sehr hoch, die an Erschöpfung oder Krankheiten starben oder von Wachmannschaften brutal ermordet wurden, weil sie dem vorgegebenen Marschtempo nicht mehr gewachsen waren. Da das Konzentrationslager Mauthausen völlig überfüllt war, wurden sie zunächst in einem nahe Marbach gelegenen Zeltlager untergebracht. Aber auch dieses war bereits vor dem Eintreffen aller Transporte mehr als ausgelastet, weshalb ein Teil der Evakuierten in den Apriltagen des Jahres 1945 zu Fuss ins Lager Gunskirchen verlegt wurde. Die völlig entkräfteten Menschen mussten von Mauthausen zurück nach Enns und Asten und von dort über Wels nach Gunskirchen marschieren. Die Opferzahl auf dieser letzten, ca.50km langen Etappe war erschreckend hoch, Schätzungen belaufen sich auf bis zu 6.000 Personen. Gunskirchen war ebenfalls bald überbelegt, und unter den Insassen grassierte der Flecktyphus. In den letzten Kriegstagen brach dann auch noch die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser für die mehr als 20.000 Häftlinge zusammen. Weitere Tausende starben wenige Tage und Wochen nach ihrer Befreiung am 4. Mai 1945 durch die Amerikaner. Entlang des Leidensweges wurden an den Stellen der Massengräber für die ermordeten Juden Gedenkstätten errichtet, die für alle Zeiten an die Gräuel des menschenverachtenden NS-Regimes erinnern sollen. 

Eine Gedenkstätte in Riga       

Neben der Pflege von österreichischen Kriegsgräbern gehen die Suche nach Kriegstoten, Vermissten und die Benachrichtigung der Angehörigen durch das ÖSK unvermindert - auch im Ausland - weiter. Nicht unerwähnt in diesem Zusammenhang soll deshalb die Errichtung und Pflege einer Gedenkstätte für die im Jahre 1941 nach Riga (Lettland) deportierten Wiener Juden bleiben. Auf Initiative des aus Wien stammenden Ing. Erich Herzl und mit Hilfe des ÖSK wurden im Bikerniekiwald nächst Riga ein Gedenkstein und eine würdige Grabanlage diesen Opfern gewidmet.

Die Generation der von Kriegswirren unmittelbar und mittelbar Betroffenen ist stetig im Abnehmen, damit gleichlaufend das Verständnis für die Kriegsgräberfürsorge. Deshalb gilt es vor allem das Interesse wach zu halten und insbesondere die Jugend für die Friedensarbeit zu interessieren und zu gewinnen. 

Kriegsgräberarbeit ist daher ein bedeutender Beitrag zur Völkerverständigung und zur Versöhnung. Menschen verschiedener Völker und verschiedener Generationen können nur dann miteinander leben, wenn sie Verständnis füreinander aufbringen.

Getreu dem Leitsatz des SK: „Arbeit für den Frieden!"

Oberst i.R. Alexander Barthou ist Generalsekretär des ÖSK.