Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt am Rand      des Ruhrgebiets die Kleinstadt Dorsten. Bundespräsident Johannes Rau (damals Ministerpräsident      Nordrhein-Westfalens) eröffnete im September 1992 in dieser Stadt das      Jüdische Museum Westfalen. Die Konzeption geht über die museale Arbeit hinaus. In      den Vereinssatzungen wird der Lehrhauscharakter betont – Vorträge (ein      großer Vortragssaal ist vorhanden), Wechselausstellungen in einer Galerie,      die Nutzung einer Bibliothek auf Anfrage, eine Buchhandlung, Studienfahrten      und ein Skulpturengarten werden den Interessierten angeboten. Dem Trägerverein gehören ca. 500 Mitglieder an, darunter      kooperative Mitglieder (Kommunen und Kirchengemeinden). Ein Historiker      (Vollzeitstelle) betreut wissenschaftliche und pädagogische Projekte, einige      Halbtagskräfte betreuen die Rezeption und die Buchhandlung. Seit Bestehen des Hauses ist es gelungen, Leitung,      Planung neuer Projekte, Buchführung und vieles mehr durch ehrenamtliches      Engagement zu gewährleisten. In den ersten Jahren des Bestehens lag der Schwerpunkt      des musealen Bereichs auf der kultischen Tradition des Judentums. Bei der      Neukonzeption des Erweiterungsbaus konnten bereits geschichtliche Aspekte      des westfälischen Judentums berücksichtigt werden, so zum Beispiel der      Dorstener Synagogenstreit im 19. Jahrhundert und die Rolle, die der      westfälische Landesrabbiner Abraham Sutro dabei gespielt hat. Das Modell      einer Landsynagoge (Vreden) gibt dem Besucher Auskunft über die Verhältnisse      der kleinbürgerlichen Judengemeinschaften in Westfalen, die sich für ihre      Synagoge nur ein umgebautes Wohnhaus leisten konnten. An vierzehn exemplarischen Biographien wird die      jüdisch-westfälische Geschichte im Zeitraum vom Mittelalter bis zur      Gegenwart erzählt. Die Judaica-Sammlung des Museums führt die Besucher in      eine für sie vielfach fremde Welt. Gute Beschriftungen bzw. Auskünfte durch      sachkundiges Personal geben Verständnishilfen. Nach dem Bereich "Thora"      (Thorarolle, Thorakronen, Thorazeiger usw.) und "Talmud" schließen sich      Exponate aus dem religiösen Leben an: Tefillin, Kippot, ein Tallit,      Gebetbücher u.a.m. Weitere Schwerpunkte sind der Schabbat (Schabbatleuchter,      Kidduschbecher, Hawdalabecher, Bessamimdosen), die Feste auf dem Lebensweg      und im Jahreskreis (Beschneidung: Beschneidungsbesteck, Mohelbücher; Bar      Mizwa; Hochzeit: Hochzeitsringe; Tod und Trauer; Rosch Haschana:      Schofarhörner; Pessach: Pessachgeschirr; Sukkot; Chanukka: Chanukkaleuchter      für den privaten und den synagogalen Gebrauch, Trendel). Jüdische Schicksale der Verfolgungszeit sind ebenfalls      dokumentiert. Kennkarten, "Judensterne", Ghettogeld, eine Armbinde aus      Auschwitz lassen die Besucher still werden. Viele sehen erstmals in ihrem      Leben das in eine Kennkarte gestempelte "J". Das Vorwissen der Besucher ist sehr unterschiedlich, ihr      Interesse, ihre Aufgeschlossenheit meist groß. Dass zu den Besuchern (im      Jahr 2002 waren es 7.288, neuere Zahlen liegen mir leider nicht vor) viele      Schüler gehören, wird vom Trägerverein sehr begrüßt und gefördert. Die      Schülerführungen machten bezogen auf die Gesamtzahl der Führungen im Jahr      2002 54% aus. Den Schülern steht qualifiziertes Arbeitsmaterial zur      Verfügung. Weitere Angebote für Schülergruppen sind Filme mit anschließender      Diskussion sowie Quellenarbeit unter fachlicher Leitung. Dass gerade junge Menschen seit nun fast zwölf Jahren das      Jüdische Museum Westfalen besuchen, lässt darauf hoffen, dass die Arbeit des      Trägervereins einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des leider immer noch      in Deutschland und weltweit bestehenden Antisemitismus leistet. Durch      Zuwanderung russischer Juden haben die jüdischen Gemeinden in      Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren einen neuen Aufschwung erfahren.      Hoffen wir das Beste.
Homepage des Museums: 
 http://juedisches-museum-westfalen.museum.com
 
																				 Angelika Wienert (die Autorin gehört mit ihrem Ehemann seit 1992 dem Trägerverein des      Jüdischen Museums Westfalen an)