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Das Jüdische Museum Westfalen

Angelika WIENERT

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Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt am Rand des Ruhrgebiets die Kleinstadt Dorsten.

Bundespräsident Johannes Rau (damals Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens) eröffnete im September 1992 in dieser Stadt das Jüdische Museum Westfalen.

1987 hatten sich Dorstener Bürger in einer Forschungsgruppe zusammengefunden – Thema: Dorsten unter dem Hakenkreuz. Es entstand aus dieser Gruppe heraus die Idee, in einem Museum die Geschichte der Juden in Westfalen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Verein für Jüdische Geschichte und Religion wurde gegründet, der auch heute noch Träger dieser privaten Einrichtung ist.

Die Konzeption geht über die museale Arbeit hinaus. In den Vereinssatzungen wird der Lehrhauscharakter betont – Vorträge (ein großer Vortragssaal ist vorhanden), Wechselausstellungen in einer Galerie, die Nutzung einer Bibliothek auf Anfrage, eine Buchhandlung, Studienfahrten und ein Skulpturengarten werden den Interessierten angeboten.

Dem Trägerverein gehören ca. 500 Mitglieder an, darunter kooperative Mitglieder (Kommunen und Kirchengemeinden). Ein Historiker (Vollzeitstelle) betreut wissenschaftliche und pädagogische Projekte, einige Halbtagskräfte betreuen die Rezeption und die Buchhandlung.

Seit Bestehen des Hauses ist es gelungen, Leitung, Planung neuer Projekte, Buchführung und vieles mehr durch ehrenamtliches Engagement zu gewährleisten.

In den ersten Jahren des Bestehens lag der Schwerpunkt des musealen Bereichs auf der kultischen Tradition des Judentums. Bei der Neukonzeption des Erweiterungsbaus konnten bereits geschichtliche Aspekte des westfälischen Judentums berücksichtigt werden, so zum Beispiel der Dorstener Synagogenstreit im 19. Jahrhundert und die Rolle, die der westfälische Landesrabbiner Abraham Sutro dabei gespielt hat. Das Modell einer Landsynagoge (Vreden) gibt dem Besucher Auskunft über die Verhältnisse der kleinbürgerlichen Judengemeinschaften in Westfalen, die sich für ihre Synagoge nur ein umgebautes Wohnhaus leisten konnten.

An vierzehn exemplarischen Biographien wird die jüdisch-westfälische Geschichte im Zeitraum vom Mittelalter bis zur Gegenwart erzählt.

Die Judaica-Sammlung des Museums führt die Besucher in eine für sie vielfach fremde Welt. Gute Beschriftungen bzw. Auskünfte durch sachkundiges Personal geben Verständnishilfen. Nach dem Bereich "Thora" (Thorarolle, Thorakronen, Thorazeiger usw.) und "Talmud" schließen sich Exponate aus dem religiösen Leben an: Tefillin, Kippot, ein Tallit, Gebetbücher u.a.m. Weitere Schwerpunkte sind der Schabbat (Schabbatleuchter, Kidduschbecher, Hawdalabecher, Bessamimdosen), die Feste auf dem Lebensweg und im Jahreskreis (Beschneidung: Beschneidungsbesteck, Mohelbücher; Bar Mizwa; Hochzeit: Hochzeitsringe; Tod und Trauer; Rosch Haschana: Schofarhörner; Pessach: Pessachgeschirr; Sukkot; Chanukka: Chanukkaleuchter für den privaten und den synagogalen Gebrauch, Trendel).

Jüdische Schicksale der Verfolgungszeit sind ebenfalls dokumentiert. Kennkarten, "Judensterne", Ghettogeld, eine Armbinde aus Auschwitz lassen die Besucher still werden. Viele sehen erstmals in ihrem Leben das in eine Kennkarte gestempelte "J".

Das Vorwissen der Besucher ist sehr unterschiedlich, ihr Interesse, ihre Aufgeschlossenheit meist groß. Dass zu den Besuchern (im Jahr 2002 waren es 7.288, neuere Zahlen liegen mir leider nicht vor) viele Schüler gehören, wird vom Trägerverein sehr begrüßt und gefördert. Die Schülerführungen machten bezogen auf die Gesamtzahl der Führungen im Jahr 2002 54% aus. Den Schülern steht qualifiziertes Arbeitsmaterial zur Verfügung. Weitere Angebote für Schülergruppen sind Filme mit anschließender Diskussion sowie Quellenarbeit unter fachlicher Leitung.

Dass gerade junge Menschen seit nun fast zwölf Jahren das Jüdische Museum Westfalen besuchen, lässt darauf hoffen, dass die Arbeit des Trägervereins einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des leider immer noch in Deutschland und weltweit bestehenden Antisemitismus leistet. Durch Zuwanderung russischer Juden haben die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren einen neuen Aufschwung erfahren. Hoffen wir das Beste.

Homepage des Museums:
http://juedisches-museum-westfalen.museum.com

Angelika Wienert

(die Autorin gehört mit ihrem Ehemann seit 1992 dem Trägerverein des Jüdischen Museums Westfalen an)