Ausgabe

Eine Begegnung, die alles in Frage stellt

Monika Kaczek
 

Inhalt

Zeruya Shalev: Schicksal. Roman
Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer
Berlin Verlag in der Piper Verlag GmbH, Berlin/München 2021
416 S., Hardcover mit Schutzumschlag, Euro 24,70.- 
ISBN: 978-3-8270-1186-2
Auch als Hörbuch (OSTERWOLDaudio, Euro 24,70.- ) und E-Book (EPUB, Euro 19,99.-) erhältlich

Im Mittelpunkt von Shalevs Roman Schicksal steht eine junge Frau namens Atara Schamir, die im Jerusalem des Jahres 1948 einen Brief von ihren Eltern bekommt, wo ihr mitgeteilt wird, dass die Mutter schwer krank sei und Atara deshalb nach Hause kommen solle. Auf dem Weg zu ihrer Familie wird der Bus beschossen und die junge Frau stirbt dabei. Das Schreiben der Eltern wurde allerdings zunächst falsch zugestellt und landete im Briefkasten des jungen Mannes Meno, der mit seiner Freundin Rachel in einer Widerstandsgruppe gegen die britische Mandatsherrschaft in Palästina kämpft. Meno bringt den Brief an die richtige Adressatin, doch wenig später liest er in der Zeitung vom Attentat. Er trennt sich von seiner grossen Liebe Rachel und beide heiraten andere Partner. 
Als die Handlung in die Gegenwart springt, taucht eine weitere Atara auf, die Menos erwachsene Tochter ist. Die junge Frau lebt als Architektin mit ihrem Mann in Haifa. Ihr Vater, der vor einiger Zeit starb, sprach Atara in seinen letzten Lebensjahren mit dem Namen Rachel an. Nach Menos Tod macht sich Atara auf die Suche nach Rachel und die beiden Frauen vereinbaren ein Treffen. Nun trifft die Gegenwart auf die Vergangenheit.
Schicksal, Zeruya Shalevs sechster Roman, wird wie ihre anderen Werke aus einer weiblichen Perspektive erzählt. In einem Interview mit Rüdiger Sturm von der Augsburger Allgemeinen schildert die Autorin ihren Weg des Schreibens: 
„Für mich ist der Beginn eines Buches immer ein Geheimnis, da gibt es keine bewussten Entscheidungen. In dem Fall stand mir ein Bild vor Augen: Wie die Figur der Rachel an eine Tür klopft. Ich wusste nicht viel über sie, aber mir war klar, dass sie eine stark ideologisch geprägte Frau ist. Deshalb erkannte ich in ihr ein Mitglied der Lechi, einer Untergrundorganisation, die gegen die britische Mandatsherrschaft vor Gründung Israels kämpfte. So begann ich weiter über sie nachzudenken, und ich begriff, dass diese Figur aus meinen innersten Gefühlen hochgetaucht war. (…) Dieses Buch hat mich jedenfalls fast umgebracht. Das begann schon damit, dass ich während der Arbeit daran von Jerusalem nach Haifa umgezogen bin. Und in einer neuen Stadt zu schreiben, war enorm schwierig. Und dann kam auch noch die Covid-Situation hinzu. Und es war eben eine enorme Herausforderung, mich so sehr den dramatischen Punkten der Geschichte meines Landes anzunähern, und Menschen zu verstehen, die für mich vor ein paar Jahren noch völlig uninteressant waren.“1

Zeruya Shalev wurde am 13. April 1959 im Kibbuz Kinneret geboren. Sie studierte Bibelwissenschaften und lebt mit ihrer Familie in Haifa. Ihre vielfach ausgezeichnete Trilogie Liebesleben, Mann und Frau sowie Späte Familie wurde in über zwanzig Sprachen übertragen. Zuletzt erschienen ihre Romane Schmerz (2015) und Schicksal (2021). 

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