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Chronik der Freistadt Rust 1850 - 1950, Teil 2:

Heribert ARTINGER

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Die "Arisierung" des jüdischen Haus- und Grundbesitzes in Rust

Jüdischer Haus- und Grundbesitz wird beschlagnahmt und zu Gunsten des Deutschen Reiches oder des Landes Österreich eingezogen. Bereits am 16. Juni 1938 richtet die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Eisenstadt unter dem Leiter Bovensiepen an alle Bezirkshauptmannschaften und an die Magistrate Eisenstadt und Rust einen Schnellbrief mit der Aufforderung bis längstens 25. Juni 1938 den gesamten in jüdischen Händen befindlichen und noch nicht beschlagnahmten Haus- und Grundbesitz sofort zu ermitteln und "mittels zuliegendem Formblatt zuverlässig" zu berichten.

Am 9. August 1938 beauftragt die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Eisenstadt unter der Leitung von Bovensiepen auch den Magistrat der Freistadt Rust, entsprechend dem Erlass des Reichsführer SS u. Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler den beweglichen Besitz ausgewanderter Juden sofort zu versteigern:

"Im Verfolg des Erl. des Reichsführer SS u. Chef der deutschen Polizei im Reichsministeriums des Inneren, S.T.I. Nr. 2314/1938-212 vom 30.7.1938 ersuche ich, alle beweglichen Sachwerte von ausgewanderten Juden (Wohnungs- und Betriebseinrichtungen, Waren und dgl. - letztere nur insoweit, als keine kommissarische Verwaltungen eingesetzt sind - sofort zu versteigern und die Erlöse davon mit den zuliegenden Erlagscheinen auf das Konto "Emigranten" der Eisenstädter Bank in Eisenstadt zu überweisen.

Bei wertvollen Versteigerungsgegenständen ist der Mindestwert durch einen Sachverständigen feststellen zulassen.

Beamten der Geheimen Staatspolizei ist es verboten als Käufer an der Versteigerung teilzunehmen,

Ausdrücklich wird betont, dass sich die Versteigerungsaktion nicht auf solche ausgewanderte Juden bezieht, die eine fremde Staatsangehörigkeit besitzen. Die Aktion muss aus zwingenden Gründen unbedingt bis spätestens 25. August 1938 abgeschlossen sein,

Für die Versteigerung der beschlagnahmten Kraftfahrzeuge ausgewanderter Juden ergeht eine gesonderte Verfügung, "

Bürgermeister Julius Klug sen. meldet nun für Rust einen Fehlbericht, weil die Geschäfte von Arnold Hacker und Moritz Löwy bereits unter kommissarischer Leitung stehen und das Warenlager so gering ist, dass es in kurzer Zeit verkauft sein dürfte.

Moritz und Charlotte Löwy

Charlotte Löwy, geb. Maier ist auf Grund des Kaufvertrages vom 3.8.1927 Eigentümerin1 des Weingartens Grst. Nr. 597, EZ 495, in der Ortsried der Katastralgemeinde Rust, im Ausmaß von 3 a45 m2. Auf Antrag der Staatspolizeistelle Eisenstadt vom 11.7.1938, wird am 16.7.1938 im Grundbuch in Eisenstadt die Beschlagnahme zu Gunsten des Landes Österreich angemerkt und am 8.12.1939 auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien gelöscht.

Auf Grund des Antrages des Oberfinanzpräsidenten Wien-Niederdonau vom 29.7.1943, wird das Eigentumsrecht am 3.8.1943 zur Gänze für das Deutsche Reich (Reichsfinanzverwaltung) einverleibt.

Moritz Löwy ist Eigentümer des Hauses mit der Konskriptionsnummer 194 in der EZ 209, Rust, Arbeitergasse 18, im Ausmaß von 1 a 73 m2 mit einem geschätzten Wert von 666,67 RM. Moritz und Charlotte Löwy sind gemeinsame Eigentümer des Hauses mit der Konskriptionsnummer 106 in der EZ 222, Rust, Kirchengasse 1 (Wohnhaus und Gemischtwarenhandlung). Es hatte eine Größe von 1 a 04 m2 und 2 a 03 m2 und hatte einen Wert von 10.000,- RM.

Das Haus in der Kirchengasse 1 mit den Grundstücken, Grst. Nr. 161/2, 162, 163/3, 163/4 wird von der Konsumgenossenschaft gekauft, der Weingarten mit der Grst. Nr. 597 im Krautgarten wird von Matthias K. bearbeitet.

Arnold und Johanna Hacker

Arnold Hacker ist auf Grund des Kaufvertrages vom 13. 7. 1908 Eigentümer der Grundstücke in der EZ 369 mit den Grundstücksnummern:

Grst. Nr. 171 Haus samt Hof im Ortsried, Rathausplatz 6 mit 4 a 86 m2,

Grst. Nr. 273 Weingarten im Ortsried (Setz) mit 5 a 54 m2, Grst. Nr. 274 Weingarten im Ortsried (Setz) mit 7 a 34 m2, Grst. Nr. 610 Weingarten im Ortsried (Krautgarten) mit 4 a 46 m2,

Grst. Nr. 2693 Weingarten in Hohe Baumgärten mit 12 a 52 m2 und

Grst. Nr. 3296 Weingarten in Gugel mit 11 a 76M2.

Auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizeistelle Eisenstadt vom 17.5.1938, wird am 24.5.1938 die Beschlagnahme zu Gunsten des Landes Österreich angemerkt und auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizei, Staatpolizeistelle Wien vom 11.10.1939 am 14.10.1939 wieder gelöscht.

Auf Grund der Erklärung des Oberfinanzpräsidenten Wien Niederdonau vom 22.12.1942, wird das Eigentumsrecht für das Deutsche Reich (Reichsfinanzverwaltung) am 28.12.1942 zur Gänze einverleibt.

Arnold und Johanna Hacker geb. Schiller sind darüber hinaus je zur Hälfte auf Grund des Kaufvertrages vom 5.1.1938 Eigentümer des Grundstückes in der EZ 710 mit der Grst. Nr. 2946 Weingarten in Kraxner mit 16 a 26 m2. Am 24.5.1938 wird auf Grund des Antrages der Staatspolizeistelle Eisenstadt vom 17.5.1938 die Beschlagnahme zu Gunsten des Landes Österreich angemerkt und am 14.10.1939 auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien vom 11.10.1939 gelöscht.

Auf Grund der Erklärung des Oberfinanzpräsidenten Wien Niederdonau vom 22.12.1942, wird das Eigentumsrecht für das Deutsche Reich (Reichsfinanzverwaltung) am 28.12.1942 zur Gänze einverleibt.

Arnold Hacker ist von Beruf Kaufmann und Weinbauer und hat seine Gemischtwarenhandlung in Rust, Rathausplatz 6.

Bereits am 27. April 1938 richtet der Ortsgruppenleiter der NSDAP-Rust, der Apotheker Mr. Franz Mischkonigg ein Schreiben an die Kreisleitung der NSDAP in Eisenstadt, wo er als kommissarischen Leiter für die Gemischtwarenhandlung des Arnold Hacker den Vg. Ludwig Karner aus Rust vorschlägt. Ludwig Karner2 war nicht Mitglied der NSDAP, daher musste der Vorschlag, einen Volksgenossen, der zwar ein "berufmässig ausgebildeter Fachmann" war zum kommissarischen Leiter zu bestellen, begründet werden. Mr. Mischkonigg schreibt: "Ludwig Karner hat immer mit besonderer Sympathie gegenüber der N.S.D.A.P. gestanden, hat auch an der letzten Winterhilfeaktion der Partei aktiv teilgenommen und dafür eine Polizeistrafe von 14 Tagen bekommen".

Am 3. Juli 1939 ersucht Arnold Israel Hacker3 - er wohnt nun bereits in Wien I., Franz-Josefskai 45, II. Stiege, Tür 15 - das Bürgermeisteramt in Rust, ihm eine Bestätigung darüber zu schicken, dass für ihn und für seine Frau die Bürgersteuer bezahlt ist, da bisher der kommissarische Verwalter des Geschäftes Ludwig Karner sämtliche Steuern für ihn und seine Frau bezahlt hat. Er benötigt diese Bestätigung sehr dringend, weil er von der Behörde dazu aufgefordert wurde.

Nachdem das Haus und die Grundstücke des Arnold Hacker in das Eigentum des Deutschen Reiches übergegangen sind, werden die Weingärten von Rustern bearbeitet, wofür sie entweder einen Pachtschilling oder einen Ertragsanteil an der Ernte zu entrichten haben. Am 18. August 1944 richtet der Ortsbauernführer von Rust ein Schreiben an den Oberfinanzpräsidenten Wien-Niederdonau in Wien unter dem Betreff. "Verfallenes Vermögen Arnold Israel und Johann Sara Hacker, Rust" in welchem er diesem einen Vorschlag über die Pächter und einen angemessenen Pachtschilling macht:

"Auf die Anfrage vom 3. d. M. berichte ich, dass die Abtretung von Weingärten gegen einen Pachtschilling hier nie üblich war, sondern immer nur gegen einen Ertragsanteil in natura. Meistens war die halbe Fechsung ausbedungen, Ein einheitlicher Pachtsatz lässt sich im vor liegenden Falle schon deshalb nicht festsetzen, weil die Weingärten aus dem verfallenen Vermögen teils mehr oder weniger schlecht sind und früher oder später ausgerodet werden müssen, da der Ertrag die Mühe der Bearbeitung nicht lohnt. Ich habe die Sachlage geprüft und erlaube mir Einzelvorschläge zu machen.

Z. Katharina (der Gatte Adalbert ist gefallen), Rust, Hauptstr. 11, EZ 369, P.Nr 273 und 274, 2 Acker, 2 Weingarten, Fläche zusammen 12 a 88 m2 ..... 80. - RM.

Sch. Daniel, Rust, Siedlungsgasse 15, EZ 369, RNr. 610, 4 a 46M2 schlechter Weingarten ..... 20. - RM,

K. Matthias, Rust, Haydngasse 17, EZ 369, P.Nr. 2693, 12 a 52 m2 schlechter Weingarten ..... 50.- RM.

U. Gottlieb, Rust, Hermann Göringstraße 11, EZ 369, PNr 3296, 11 a 76 m2 schlechter Weingarten ..... 60.- RM.

Sch. Franz, Rust, Neue Siedlung, EZ 710, P.Nr. 2946, mittlerer, guter Weingarten, 16 a 26 m2 ..... 100.- RM.

Diese Vorschläge mache ich nach dem derzeitigen Zustande der Grundstücke, es sind Pachtbeträge, die von den Pächtern ohne weiteres bezahlt werden können. Nach weiterer teilweiser oder gänzlicher Ausrodung der Weingärten, müssten die Pachtbeträge allerdings herabgesetzt werden. Ich werde in diesem Falle gerne wieder neue Vorschläge machen."

Die NSDAP-Rust will das Hacker-Haus ankaufen

Arnold Hacker ist Eigentümer des Hauses mit der Konskriptionsnummer 90 in Rust, Rathausplatz 6 im Ausmaß von 4 a 86 m2, mit einem geschätzten Wert - weil in einem guten Zustand - von 8.000,- RM.

Bereits am 29. Juni 1938 richtet der Ortsgruppenleiter der NSDAP-Rust, der Apotheker Mr. Franz Mischkonigg an die Staatspolizeistelle in Eisenstadt ein Ansuchen, um die käufliche Überlassung des beschlagnahmten Hauses des Arnold Hacker für die Ortsgruppe Rust der NSDAP:

"Die gefertigte Ortsgruppenleitung richtet hiemit an die Staatspolizeistelle Eisenstadt das höfliche Ersuchen, den Ankauf des Hauses Adolf Hitlerplatz 64, welches vor der staatlichen Beschlagnahme dem Juden Arnold Hacker gehörte, durch die Stadtgemeinde der Freistadt Rust genehmigen zu wollen, da dieses genannte Haus nach der Erwerbung der Ortsgruppe Rust der NSDAP, sowie deren Gliederungen zur Verfügung stehen möchte".

Am 5. November 1938 sucht nun Julius Klug für das Bürgermeisteramt der Freistadt Rust um den Kauf des Hauses an: "An die Kreiswirtschafts-beratungsstelle zu Händen des Pg. Dr. Anton Giay in Eisenstadt. Mit Hinweis auf Ihr Schreiben an die Ortsgruppenleitung der NSDAP vom 21. 10. 1938 stellt das Bürgermeisteramt der Freistadt Rust das Ansuchen an die Kreiswirtschaftsberatungsstelle Eisenstadt, das dem Juden Arnold Hacker gehörige Haus Adolf Hitler Platz 6 um den Mindestschätzungswert von 6.400 RM käuflich zu erwerben, Ein Drittel des Kaufpreises würde bei Abschluss des Kaufes erlegt werden".

Mit Bescheid des Reichsstatthalters in Niederdonau vom 21. September 1940 wird das Haus Adolf Hitlerplatz 6 der Ortsgruppe Rust der NSDAP zugewiesen, wodurch ein öffentliches Rechtsverhältnis begründet wird. Als "Entschädigung" wird ein Betrag von monatlich 25,- RM festgesetzt, welcher auf ein nach dem Devisengesetz gesperrtes Konto lautend auf den Namen des jüdischen Besitzers bei einer in der Ostmark geführten Devisenbank zu erlegen ist.

Das Haus wird bis zum Jahre 1945 als "Parteihaus" der NSDAP-Rust und ihrer Gliederungen (z. B. HJ und BDM) genützt, wofür ein Pachtschilling von 25,- RM pro Monat bezahlt wird. Nach dem Kriege wird das Haus ebenfalls als "Parteihaus", nun aber durch die KPÖ-Rust bis zum 4. März 1951 benützt. An diesem Tag wird das Hacker-Haus durch die KPÖ-Rust der Stadtgemeinde übergeben und das Pachtverhältnis mit sofortiger Wirkung gelöst. Da die Stadtgemeinde Rust aber kein Pachtverhältnis mit der KPÖ-Rust eingegangen ist, wird die Übernahme abgelehnt und die Mitteilung an Rechtsanwalt Dr. Ernst Hoffenreich in Sauerbrunn als vermutlichen Vertreter für die Hacker-Grundstücke weitergegeben. Nach wenigen Wochen hat es sich aber herausgestellt, dass für dieses Haus ein Liegenschaftsverwalter vorhanden ist und zwar Herr Josef Stahl in Ebreichsdorf, Bahnstraße 17, dem nun das seinerzeitige Schreiben der KPÖ-Stadtleitung Rust zur direkten Erledigung abgetreten wird.

Alfred und Helene Weiss

Alfred und Helene Weiss besitzen zwei Weingärten und zwar die Parzelle Nr. 96 in der EZ 293 in der Riede Setz5 im Ausmaß von 7 a 66 m2 und die Parzelle Nr. 534 in der EZ 293 im Krautgarten6 im Ausmaß von 1 a 58 m2. Infolge der Zwangsversteigerung durch Betreiben der Eisenstädter Bank AG. wegen eines Rückstandes von RM 2.487,- wird mit Kaufvertrag vom 20. B. 1941 das Grundstück Nr. 96 an Ladislaus W und das Grundstück Nr. 534 an Emmerich Sch. verkauft.

Auch Alfred und Helene Weiss werden über diesen Verkauf verständigt, nachdem sie aber unbekannten Aufenthaltes sind, ergeht die Verständigung an den zum Abwesenheitskurator bestellten Pg.7 Wilhelm Mayer beim Reichsstatthalter Niederdonau Sonderdezernat IV-d-8 Wien I., Freyung 1.

Alfred Weiss besitzt weiter ein Haus in Rust, Franz Josefsplatz 12, Grst. Nr. 446 im Ausmaß von 1 a 81 m2 und einen Keller, Grst. Nr. 445/2 im Ausmaß von 40 m2. Der Wert des gesamten Besitzes inklusive eines alten Weingartens im Ausmaß von 10 a 89 m2 wird auf 3.433,35 RM geschätzt, welcher aber mit 3.280,40 RM grundbücherlich belastet war.

Wenige Tage nach seiner "zwangsweisen Abschiebung" richtete der Ortsgruppenleiter der NSDAP-Rust, Mr. Franz Mischkonigg ein Schreiben an den Kreiswirtschaftsberater in Eisenstadt, sich dafür einzusetzen, "dass das genannte Haus so bald als möglich arisiert werde, damit die in Anbetracht der großen Wohnungsnot dringliche Besetzung dieser freien Wohnung vorgenommen werden kann."

Das dürfte nicht gefruchtet haben, denn am 1. August 1940 richtet er ein neuerliches Schreiben, nun an die nächst höhere Stelle, an den Gauwirtschaftsberater in Wien und mahnt die Arisierung des Hauses des Alfred Weiss ein. Er schreibt: "Die Witwe Rosina K und ihre Tochter Wilhelmine K, Rust am See, Kleinegasse 9, haben sich schon vor Jahresfrist um den Ankauf dieses Hauses beworben und auch die Zusicherung erhalten, dass sie als Käufer in Betracht kommen. Ich bitte daher nochmals, die Arisierung dieses jüdischen Besitzes in die Wege leiten zu wollen."

Das Haus mit der Grst. Nr. 446 und 445/2 wird von Wilhelmine K. gekauft, ebenso das Grundstück mit der Grst. Nr. 534, Weingarten im Krautgarten.

Sigmund Schönberger und Alexander Wolf aus Eisenstadt-Oberberg

Sigmund Schönberger geb. 1878 und Alexander Wolf, geb. 1871 sind auf Grund des Kaufvertrages vom 4. bzw. 13. 6. 1936 je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke:

Grst. Nr. 3205 Weingarten in Vogelsang,

Grst. Nr. 3206 Weingarten in Vogelsang,

Grst. Nr. 3207 Weingarten in Vogelsang,

in der EZ 223 der Katastralgemeinde Rust. Die Eintragung in das Grundbuch erfolgte am 19. B. 1936.

Auf Grund des Antrages der Staatspolizeistelle Eisenstadt vom 11. 7. 1938, wird die Beschlagnahme am 16. 7. 1938 angemerkt.

Zufolge Beschlusses vom 21. 4. 1939 wird die Anmerkung gelöscht.

Auf Grund des Antrages des Oberfinanzpräsidenten WienNiederdonau vom 9. 2. 1944 wird am 12. 2. 1944 das Eigentum zur Gänze für das Großdeutsche Reich (Reichsfinanzverwaltung) einverleibt.

Die Eintragungen im Lastenblatt des Grundbuches (C Blatt) lauten: Auf die Hälfte des Siegmund Schönberger geb. 1878 B. OZ.6 a.) wird am 7. 6. 1939,1379-E 693/39 Nebeneinlage, auf Grund des Rückstandsausweises des Finanzamtes Mariahilf Wien vom 3. 6. 1939, St. Nr. 48195 das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von 4.667.54 viertausendsechshundertsechzigsieben Reichsmark 54 Rpf samt 0.5% monatliche Verzugszinsen ab 1. 4. 1939 und den Kosten vom RM 67.26 für das Deutsche Reich einverleibt und die Simultanhaftung mit EZ 1120 Grdb. Eisenstadt als Haupteinlage angemerkt.

Auf Grund des Rückstandsausweises des Abgabenamtes Niederdonau vom 13. 5. 1939 wird am 24. 6. 1939, 1520E830/39 das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung von 255.65 zweihundertfünfzigfünf Reichsmark 65 Rpf und Rm 1.50 für das Abgabenamt Niederdonau einverleibt.

Auf Grund des Reichsfluchtsteuerbescheides des Finanzamtes Innere Stadt-Ost in Wien vom B. 2. 1939 wird das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung auf die 1/2 Anteile des Sigmund Schönberger geb. 1878 B. OZ. 6 a.) von 20.000 zwanzigtausend Reichsmark samt l % monatliche Verzugszinsen ab 15. 5. 1939, mindestens 2 von Hundert des Rückstandes und den Kosten von 80.13 RM am 1. 7. 1939, E 883/39 als Nebeneinlage für das Deutsche Reich (Finanzverwaltung) einverleibt und die Simultanhaftung mit EZ 1120 Grundbuch Eisenstadt als Haupteinlage angemerkt.

Auf Grund einer Exekution der Freistadt Rust gegen die verpflichtete Partei Alexander Wolf und Sigmund Schönberger wegen RM 176,67 wird am 3. September 1942 der Freistadt Rust mit Beschluss des Amtsgerichtes Eisenstadt mitgeteilt, dass die Pfändung nicht vollzogen werden konnte, weil nach Angabe des Frl. Therese R., welches die Einnahmen der Zinshäuser verwaltet, keine pfändbaren Gegenstände vorhanden sind. Die Liegenschaften in der EZ 223 in Rust verwaltet die Freistadt Eisenstadt. Treuhandverwalter ist Josef Pollauf in Wien I., Postgasse 14.

Josef Klein aus Eisenstadt

Josef Klein ist Eigentümer der Grundstücke in der EZ 516 mit der Grst. Nr. 3071/1 und der Grst. Nr. 3071/2, Weingarten, im Ausmaß von 31 a 11 m2 sowie des Grundstückes mit der Grst. Nr. Nr. 3408, Weingarten im Ausmaß von 10 a 47 m2.

Auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizeistelle Eisenstadt vom 9.7.1938, wird am 12.7.1938 die Beschlagnahme zu Gunsten des Landes Österreich angemerkt und auf Grund des Antrages der Geheimen Staatspolizei, Staatpolizeistelle Wien vom 20.2.1940 am 26.2.1940 wieder gelöscht.

Auf Grund des Einziehungserkenntnisses der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien vom 22.12.1943 wird das Eigentumsrecht für das Deutsche Reich (Reichsfinanzverwaltung) zur Gänze einverleibt.

Das Einziehungserkenntnis lautet:

"T.Z. 225/44. Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien B. Nr. 1673141 IV B 4a. Wien, den 22. Dez. 1943.

Einziehungserkenntnis.

Das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen sowie alle Rechte und Ansprüche des Josef Israel Klein, Goldarbeiter, geb. 15.2.1862 in Ledez, Eisenstadt wohnhaft gewesen, werden auf Grund der Verordnung über die Einziehung volles- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich vom 18.11.1938, RGBL. I. S 1620, zu Gunsten des Gross-deutschen Reiches (Reichsfinanzverwaltung) eingezogen.

Mit der Einziehung erlöschen alle Rechte und Ansprüche der bisherigen Eigentümer und gehen auf das Grossdeutsche Reich über. Geheime Staatspolizei - Staatspolizeileitstelle Wien."

Der Wert dieser Grundstücke wird von den beeideten Berg- und Schätzmeistern Paul Triebaumer und Eugen Zehetner am 17. Feber 1939 mit RM 1.600,- und RM 500,- geschätzt.

Am 20. Feber 1940 richtet die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Wien an das Bürgermeisteramt der Freistadt Rust die Zuschrift, dass die Forderung der Gemeindesteuerrückstände für Josef Klein in der Höhe von RM 4,29 und RM 18,80 von der ehemaligen Staatspolizeistelle Eisenstadt überwiesen werden.

Weiters wird in diesem Schreiben, welches von Dr. Ebner gezeichnet ist, der Verkauf der Weingärten angeordnet:

"Der Jude Josef Israel Klein war Eigentümer der Liegenschaft mit der EZ 516 der Kat. Germ. Rust. Diese Liegenschaft setzt sich aus drei Weingärten zusammen. Ich bitte, sofort von dort zu veranlassen, dass kaufkräftige Bewerber sich sofort bei der Vermögensverkehrsstelle der Landeshauptmannschaft Niederdonau, bei Herrn Dr. Meyer in Wien I., Löwelstraße 20, melden, da diese Gärten verkauft werden."

Am 27. Feber 1940 läßt Bürgermeister Klug den Verkauf der drei Ruster Weingärten bekanntmachen und austrommeln. Am 16. Feber 1940 fragt Rechtsanwalt Dr. Ladányi Armin aus Budapest in der Angelegenheit der Verlassenschaft von Josef und Lina Klein beim Bürgermeister der Freistadt Rust an, was mit den Weingärten der Verstorbenen und mit den 20 hl Wein und 4 leeren Fässern geschehen ist. Nachdem die Erben ungarische Staatsbürger sind, wollen sie diese Immobilien und Mobilien auch. in die Verlassenschaft einbeziehen. Bürgermeister Julius Klug sen. antwortet, dass sich Dr. Ladänyi an die Vermögensverkehrsstelle der Landeshauptmannschaft Niederdonau, z. H. des Herrn Dr. Meyer in Wien I, Löwelstraße 20 wenden möge.

David Schey aus Oslip

David Schey, wohnhaft in Oslip ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 2319 Alter Umriss mit 17 a 28 m2, Grundstück Nr. 2320/1 Alter Umriss im Ausmaß von 17 a 28 m2 und Grundstück Nr. 2206 Gertberg im Ausmaß von 11 a 52 m2 in der EZ 363 der Katastralgemeinde Rust. Käufer dieser Grundstücke ist Karl B., Feldgasse 19.

Der Besitz der jüdischen Familie Wolf ist für Reichsstatthalter Dr. Jury reserviert

Am 20. Mai 1942 richtet der Eisenstädter Bürgermeister Hochegger ein Schreiben8 an den Bürgermeister von Rust, wo er diesem mitteilt, dass der "Judenbesitz-Wolf" für den Reichsstatthalter in Niederdonau reserviert sein soll und er daher zur Erreichung dieses Zieles die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen hat. Er schreibt:

"Der Reichsstatthalter in Niederdonau beabsichtigt die ganzen Wolf-Besitzungen für sich zu erwerben und hat die Stadtgemeinde Eisenstadt den Auftrag, die Bestrebungen zu unterstützen und die nötigen Vorarbeiten durchzuführen. Die Juden Wolf hatten auch in Rust unter EZ 223 einen Weingarten im Ausmaße von 8.654 m2. Nachdem die Steuern seit dem Umbruche auch bei Ihnen unbeglichen sind, sollen die Steuern und Angaben eingeklagt und der Versteigerungsantrag gestellt werden. Als Treuhänder und Abwesenheitskurator muss von Ihnen der Pg. Josef Pollauf, Wien, I. Postgasse 14 bestellt werden, Der Reichsstatthalter erhält allein das Ersteigerungsrecht und kommt somit in den Besitz der Wolf-Liegenschaften. Ich ersuche Sie, die Angelegenheit ehest zu ordnen und mir Abschriften von Ihrer Eingabe für den Akt zuzusenden. Heil Hitler! Der Bürgermeister: Hocheggen"

Am 20. Juni 1942 macht nun Bürgermeister Julius Klug sen., wie beauftragt eine Eingabe an das Amtsgericht in Eisenstadt und klagt den Rückstand an Steuern und Abgaben ein:

"An das Amtsgericht in Eisenstadt. Im Zuge der beabsichtigten Erwerbung der ganzen Wolf-Besitzungen durch den Reichsstatthalter in Niederdonau werden die seit dem Umbruche noch unbeglichenen Steuern und Abgaben eingeklagt und der Versteigerungsantrag gestellt. Als Treuhänder und Abwesenheitskurator ersuche ich um Bestellung des Pg. Josef Pollauf, Wien I. Postgasse 14. Der Bürgermeister:"

Der Bürgermeister der Freistadt Eisenstadt wird von der Eingabe an das Amtsgericht abschriftlich verständigt9.

Am 10. März 1944 berichtet Bürgermeister Julius Klug sen. an den Oberfinanzpräsidenten Wien-Niederdonau in Wien, dass die nach dem Abverkauf der Grundstücke in der EZ 223 noch verblieben Wolfschen Weingärten in Rust mit den Grundstücksnummern 3205, 3206 und 3207 von der Stadtgemeinde Eisenstadt durch deren Wirtschaftsverwalter Wagner bewirtschaftet werden und die Ernte ebenfalls nach Eisenstadt verbracht wird.

  • 1. Grundbuchabschrift des Bezirksgerichtes Schrems vom 14. Juni 1947. Das Grundbuch war zu Ende des Krieges nach Schrems ausgelagert worden.

  • 2. Ludwig Karner war der Bruder von Alfred Karner.

  • 3. Arnold Hacker verwendet selbst seinen Namen mit dem Zusatz: Israel.

  • 4. Heute Raiffeisenkasse Rust, Rathausplatz 6.

  • 5. Heute in der Dr. Ernst Franz-Straße.

  • 6. Heute in der Johann v. Gabrielgasse.

  • 7. Pg. bedeudet: Parteigenosse, zum Unterschied von Vg., was Volksgenosse bedeutete.

  • 8. Schreiben vom 20.5.1942, Zl. A-156/26-1942.

  • 9. Schreiben vom 20.6.1942, Zl. 242/15-1942.

Mit freundlicher Genehmigung des Bürgermeisters a. D. Heribert Artinger der "Chronik der Freistadt Rust 1850 - 1950" entnommen.

Die jüdischen Familien in Rust:
Chronik der Freistadt Rust 1850 -1950