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Bilder als stumme Zeugen

Gabriele ANDERL

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Arier sind kultiviert und lieben Bilder und Ausstellungen, besonders solche, die Juden gekauft haben. Diesen Eindruck muss man auch heute bekommen, wenn man sieht, wie schwer es NS-Erben fällt erst einmal in Beschlag genommene Beute wieder loszulassen.

Der „Anschluss" Österreichs bedeutete auch für den Kunsthandel eine folgenschwere Zäsur. An die 60 in jüdischem Besitz befindliche Kunst- und Antiquitätenhandlungen in Wien wurden „abgewickelt", sprich zwangsweise aufgelöst, eine kleinere Zahl von Betrieben wurde von „Ariseuren" übernommen. Während die ehemaligen Inhaber vertrieben oder später ermordet wurden, zählten die nicht von der Verfolgung betroffenen Mitglieder der Wiener Kunsthandelsszene zu den großen Profiteuren dieser Vorgänge.

Eine jener Firmen, die von neuen Eigentümern weitergeführt wurden, war das renommierte Kunstantiquariat und Auktionshaus S. Kende in der Wiener Innenstadt, Rotenturmstraße 14. Es wurde – trotz des Widerstands lokaler Kräfte - von dem aus München stammenden Adolph Weinmüller übernommen und stellte damit eine Ausnahmeerscheinung dar.

Trotz der Rolle, die das Wiener Dorotheum in den Jahren nach 1938 als führendes Auktionshaus im deutschsprachigen Raum erlangte, wurden auch einige der „arisierten" Kunsthandlungen zu wichtigen Umschlagplätzen für geraubtes Kunst- und Kulturgut - so auch die ehemalige Firma S. Kende. Hier wurde etwa 1938 die Kunstsammlung von Nettie Königstein zwangsversteigert, einer Arztwitwe, die bereits in den „Anschluss"-Tagen Selbstmord begangen hatte.2  Später kamen Teile der vor allem aus exquisiten Porzellanstücken bestehenden Sammlung von Heinrich Rothberger in der Rotenturmstraße unter den Hammer. Zu den Käufern zählte das damalige Kunstgewerbemuseum (heute Österreichisches Museum für Angewandte Kunst, MAK).3  Als am 31. Mai 1940 Kunstobjekte aus der „liquidierten" Kunsthandlung E. und A. Silbermann durch das Dorotheum unter Vertretern der Wiener Händlerschaft versteigert wurden, befand sich Weinmüller unter den Käufern. Er hatte sich zuvor vergeblich darum bemüht, den Auftrag zur Versteigerung der restlichen Warenbestände aus der in Zwangsliquidierung befindlichen Kunsthandlung Silbermann an sich zu reißen.4 

Das Kunstantiquariat und Auktionshaus S. Kende

Das „Kunstantiquariat und Auktionshaus S. Kende" war 1888 von Samuel Kende gegründet und 1918 in das Handelsregister des Handelsgerichts Wien eingetragen worden - zunächst als Einzelfirma, später als Offene Handelsgesellschaft (OHG). Betriebsgegenstand war der Verschleiß von alten und neuen Kupferstichen, Lithographien, Ölgemälden, Aquarellen und Kunstgegenständen (sofern nicht an eine besondere Konzession gebunden), ab 1920 auch der Handel mit Möbeln, Teppichen, Juwelen, Gold- und Silberwaren. Nach Samuel Kendes Tod im Jahr 1928 hatten dessen Gattin Melanie (geborene Hor-ner, Jahrgang 1872) als Geschäftsführerin und der jüngste Sohn, Herbert Alexander Kende (geboren 1908), das Unternehmen weitergeführt. Zum Kundenstock hatten in den Jahren vor dem „Anschluss" namhafte in- und ausländische Sammler gezählt, und die Firma hatte zahlreiche bedeutende Kunstauktionen durchgeführt, unter anderem in Form so genannter Hausversteigerungen, wie sie auch vom Dorotheum veranstaltet wurden.5  1930 hatte die Kunsthandlung S. Kende eine Gedenkausstellung für Rudolf von Alt veranstaltet, für die verschiedene Sammler Leihgaben zur Verfügung gestellt hatten.6 

Der bei den Auktionen im Jahr 1937 erzielte Umsatz der Firma hatte rund 487.000 Schilling betragen. Im März 1938 befanden sich zwei Auktionen in Vorbereitung, die Kataloge waren schon gedruckt: Zum einen sollte der aus etwa 1.000 Katalognummern und auf insgesamt etwa RM 280.000 geschätzte Nachlass des Möbelfabrikanten und Kunstsammlers Max Schmidt aus dem Palais Chotek in Wien 9., Währingerstraße 28, versteigert werden, zum anderen der dritte Teil der Sammlung eines Prof. E. Ullmann.

Das Tauziehen um die „Arisierung" des Auktionshauses durch Adolph Weinmüller

Nach dem „Anschluss" wurde die Firma S. Kende zunächst von Blasius Fornach, dem Inhaber einer Antiquitäten-, Miniaturen- und Gemäldehandlung in Wien 1, Krugerstraße 18, „kommissarisch" verwaltet, vom 29. Juli bis 19. November1938 dann von Arthur Raimund Morghen, der in den Akten als „Politischer Leiter der NSDAP" aufscheint. Bereits Mitte Mai 1938 bewarb sich der Münchner Kunsthändler und Auktionator Adolph Weinmüller bei der Reichsstatthalterei (Österreichische Landesregierung) um die „Arisierung" der Firma, wobei sein Ansinnen auch von Morghen befürwortet wurde.

Gemäß einer polizeilichen Meldung aus der Nachkriegszeit hatte sich die Familie Kende mit Weinmüller, einem langjährigen Kunden, wegen des Firmenverkaufs ins Einvernehmen gesetzt. Aktenkundig ist, dass es am 13. Mai 1938 zu einer mündlichen Vereinbarung zwischen Weinmüller auf der einen und Melanie und Herbert Kende auf der anderen Seite gekommen war. Wie in einem Gedächtnisprotokoll festgehalten wurde, sollten die beiden bisherigen Gesellschafter aus der OHG austreten, Weinmüller hingegen sollte eintreten, die Firma mit allen vorhandenen Warenbeständen und Fahrnissen sowie der Büroeinrichtung völlig lastenfrei gegen einen Betrag von RM 24.000 übernehmen und mit der Zusatzbezeichnung „Nachfolger Adolph Weinmüller" weiterführen. Die vereinbarte Summe sollte über einen Zeitraum von vier Jahren in monatlichen Raten an Melanie Kende ausbezahlt werden. Herbert Kende musste sich verpflichten, Weinmüller auf Dauer eines Jahres bei Bedarf „zur Einarbeitung mit Rat und Tat unentgeltlich zur Seite zu stehen".

Ende Mai 1938 suchten Melanie und Herbert Kende bei der Vermögensverkehrsstelle (VVSt), der zentralen „Arisierungsbehörde" im besetzten Österreich, um die Genehmigung zur Veräußerung ihres Betriebes an. In der von Melanie Kende Ende Juli 1938 gemäß der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden" vom 26. April 1938 ausgefüllten Vermögensaufstellung wurden die unter anderem aus Bildern und Kunstblättern, einer Kunstbibliothek und den vorbereiteten Auktionen bestehenden Aktiven mit rund RM 21.000 beziffert. Das Reinvermögen betrug nach Abzug der Passiva knapp RM 10.000.

Da Weinmüller aus dem damaligen „Altreich" stammte und am 13. März 1938 keine geschäftliche Niederlassung in Österreich besessen hatte, war jedoch eine besondere, ausnahmsweise Genehmigung für den Erwerb der Firma durch ihn notwendig. Weinmüller argumentierte gegenüber der Reichsstatthalterei, dass es „im Lande Österreich und insbesondere in Wien (…) sehr wenige Auktionsinstitute und Kunstantiquariate" gebe und deshalb „die Erhaltung der prot. Firma S. Kende bzw. Überleitung derselben in arische Hände zweckmäßig" erscheine. Er behauptete ferner, dass in Österreich kein Bewerber um das Unternehmen aufgetreten sei und es somit auch keine schutzwürdigen Interessen gebe. Gleichzeitig verwies er auf seine jahrzehntelangen Erfahrungen in der Branche und versprach, dass eine Übernahme der Firma durch ihn keine Konkurrenz für die einheimischen Unternehmen bedeuten, sondern vielmehr „das gesamte Auktionswesen im Lande Österreich bzw. in Wien stark (…) befruchten und (…) intensivieren" würde.8  Sein Gesamtvermögen bezifferte Weinmüller mit RM 250.000, wobei er sich bereiterklärte, RM 50.000 in die Firma S. Kende zu investieren.

Der Kunsthändler Adolph Weinmüller hatte sich 1924 selbständig gemacht und sein erstes Geschäft unter dem Firmennamen „Alte und Neue Kunst" in der Max-Joseph-Straße 7 in München eröffnet. 1933 war der Betrieb in die Fürstenstraße übersiedelt. Im berühmten Leuchtenberg-Palais am Odeonplatz 4 hatte Weinmüller im Jahr 1936 mit seinen Kunstauktionen begonnen. In dem seinem Ansuchen um die „Arisierung" der Firma Kende beigelegten Lebenslauf bezeichnete er dieses Versteigerungshaus als das „größte Kunstauktionshaus in Süddeutschland". Seinen eigenen Angaben zufolge hatte der 1886 im kleinen Ort Faistenhaar im Bezirk München geborene Weinmüller neben seiner Tätigkeit als Kunsthändler und Auktionator als Sachverständiger der Reichsdevisenstelle in Berlin, der Reichskammer der bildenden Künste, der Handelskammer München sowie des Landesfinanzamtes und der Landesgerichte München fungiert und seit 1931 offiziell der NSDAP angehört. Bis 1933 war er Vorsitzender des Antiquitätenhändlerverbandes gewesen, nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland im Jahr 1933 schließlich Beauftragter der Reichsleitung für den gesamten deutschen Kunst- und Antiquitätenhandel geworden. Er hatte maßgeblich am Aufbau der Reichskammer der bildenden Künste und an der Eingliederung des Kunsthandels in diese mitgewirkt und war Reichsgeschäftsführer sowie Vorsitzender des Bundes(verbandes) des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels (BdKA) gewesen.

Unerwähnt blieb im Lebenslauf die Tatsache, dass Weinmüller bereits 1935 das Münchner Auktionshaus Hugo Helbing, das führende Versteigerungsinstitut in München, „arisiert" hatte. Wie Max Heiss, Referent beim Landeskulturwalter für den Gau München – Oberbayern (Landesleitung der Reichskammer der Bildenden Künste), 1940 feststellte, war Weinmüller dank seiner Beziehungen zu führenden NS-Funktionären (unter anderem zu einem Beamten des Münchner Polizeipräsidiums) und infolge der Ausschaltung der Juden auch aus dieser Branche in München, der Stadt der großen Kunstauktionen, im Versteigerungsgewerbe praktisch ohne Konkurrenz tätig.10 

Weinmüller brachte bei seinen Bemühungen um die „Arisierung" des Auktionshauses S. Kende in Wien auch ein Gutachten des erwähnten Max Heiss von der Reichskulturkammer, Außenstelle München, bei. Heiss bestätigte, dass Weinmüller „als tüchtiger Fachmann auf dem Gebiete des Altkunsthandels und speziell in Büchern und Graphik" gelte, und bezeichnete es als begrüßenswert, wenn „ein tüchtiger Fachmann aus dem Altreich, der die Kammergesetzgebung und die Versteigerungsverordnungen" kenne, die Leitung der Firma S. Kende übernehmen würde, da dadurch „die ordnungsgemäße Weiterführung des Betriebes im Sinne des Reichskulturkammergesetzes garantiert" wäre.11 

Ende Juni 1938 bat Weinmüller das „Kulturamt der NSDAP, Abteilung für bildende Kunst" in Wien – die Außenstelle Wien der Reichskammer der bildenden Künste -, um Abgabe eines Gutachtens an die VVSt. Landesleiter der Reichskammer mit Sitz im Künstlerhaus war der akademische Maler Prof. Leopold Blauensteiner. Wie aus einem von der Reichskulturkammer ausgestellten Bescheid hervorgeht, lagen von dieser Seite gegen eine Übertragung der Firma S. Kende an Weinmüller „in fachlicher Beziehung (…) keine Bedenken" vor. Es wurde jedoch – abweichend von Weinmüllers eigener Darstellung - darauf hingewiesen, „dass eine Gruppe von Wiener Geschäftsleuten gleichfalls die Absicht" habe, „das Geschäft Kende käuflich zu erwerben". Folglich wurde vorgeschlagen, vor einer endgültigen Entscheidung das Ansuchen dieser Gruppe abzuwarten - „allerdings unter der Voraussetzung, dass dieses Ansuchen in kürzester Zeit eingebracht wird".12 

Dies scheint nicht der Fall gewesen zu sein, denn Anfang Juli 1938 erteilte die VVSt dem von Weinmüller als Rechtsvertreter beauftragten, auch für die Gestapo tätigen NS-Anwalt Stephan Lehner die Genehmigung, mit der Firma S. Kende wegen eines Ankaufs zu verhandeln – wobei diese Genehmigung keinerlei Vorkaufsrecht für Weinmüller einschloss. Die Kunstkommission der VVSt, der unter anderem der Wiener Kunsthistoriker und ehemalige Direktor beziehungsweise Vizedirektor des Kunstgewerbemuseums Hermann von Trenkwald (1866-1942)13  angehörte, stimmte der Erwerbung der Firma durch Weinmüller allerdings erst zu, nachdem sich dieser bereit erklärt hatte, auch die Passiva zu übernehmen.

Am 16. August 1938 erhielt Weinmüller von der VVSt die Genehmigung zur Übernahme der Firma S. Kende zu einem Kaufpreis von RM 24.000. Das Geld sollte in Raten auf ein Sperrkonto der Österreichischen Kreditanstalt - Wiener Bankverein, lautend auf den Namen Melanie Kende, eingezahlt werden. Dr. Gerhard Eder von der VVSt hatte sich zwar für eine Genehmigung im Sinne des Gutachtens der Kunstkommission ausgesprochen, gleichzeitig jedoch für die Vorschreibung einer „Arisierungsgebühr" „in ordentlichem Ausmaß (…), auf keinen Fall (…) weniger als RM 10.000," plädiert, „da es sich in diesem Falle um einen schwerreichen Kunsthändler aus München" handle und außerdem die VVSt „im Gegensatz zum Gutachten der kommissarischen Aufsichtsperson" das Unternehmen mit mindestens RM 40.000 bewertet habe.14  Schließlich wurde die „Arisierungsgebühr", auch „Entjudungsauflage" genannt, mit RM 8.000 bemessen.15 

Am 19. November 1938 wurden Adolph und Marie Weinmüller (vermutlich Adolphs Ehefrau) - „beide Kunsthändler in Wien" - als Gesellschafter der OHG im Handelsregister eingetragen, gleichzeitig Melanie und Herbert Kende gelöscht. Die abgeänderte Firmenbezeichnung lautete nunmehr „S. Kende Nachfolger. Adolph Weinmüller & Co. Wiener Kunstversteigerungshaus", ab 6. Dezember 1938 dann „Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller & Co." Im Dezember 1940 ging die Firma auf Adoph Weinmüller als Alleininhaber über; der Firmenwortlaut wurde auf „Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller" abgeändert.16 

Die Übernahme des Auktionshauses durch Weinmüller war allerdings nicht friktionsfrei vonstatten gegangen. So hatte die Zunft der Wiener Beratungs- und Vermittlungsgewerbe den Unterbevollmächtigten für das Versteigerungsgewerbe in Österreich in der Reichskammer der bildenden Künste, Gilbert von Schiviz, um eine Stellungnahme gebeten. Von Schiviz, selbst Kunsthändler (Artaria & Co., 1., Kohlmarkt 9), hatte in einem entsprechenden Schreiben vom 23. September 1938 an die Wiener Zweigstelle der Reichskammer ins Treffen geführt, dass es in Wien fünf „arische" Versteigerer gebe und somit von vornherein jeder lokale Bedarf fehle, ebenso „jede Notwendigkeit, ein jüdisches Auktionshaus zu arisieren":

„Es kann nicht im Sinne der Schutzverordnungen für die Ostmark liegen, an Stelle des jüdischen Kapitals [Unterstreichung im Original], welches die arischen Berufskollegen seit Jahren an den Rand der Vernichtung gebracht hat, nun das Kapital der Berufskollegen treten zu lassen, welche durch den Aufschwung des Altreiches auf wirtschaftlich und geldlich gefestigtem Boden stehen. Dadurch würden die bestehenden Firmen der Ostmark der Gefährdung, ja der Vernichtung ihrer Existenz neuerlich preisgegeben werden."

Von Schiviz, der vor der Vorbildwirkung eines derartigen Schrittes und den Folgen – der „gänzlichen Vernichtung bodenständiger Firmen" - warnte17 , erhielt volle Zustimmung durch den Leiter der Fachgruppe „Versteigerer" in der Reichsgruppe Handel in Berlin. In einem Schreiben vom 27. Oktober 1938 an die VVSt in Wien argumentierte dieser, dass „vom rein nationalsozialistischen Standpunkt (…) der Aufbau der Ostmark derzeit" das höchste Ziel sein solle:

„Das Versteigerungsgewerbe, welches vor der Rückkehr ins Reich in der Ostmark zu 85 – 90 Prozent in jüdischen Händen lag, hat darunter bisher sehr zu leiden gehabt. Nachdem die Juden aus dem Gewerbe zum Großteil schon ausgeschieden sind und noch ausscheiden müssen, bleiben ca. 4 – 5 arische Versteigerer übrig. Es ist nun meine höchste Pflicht, diesen 4 -5 Versteigerern ein Existenzminimum zu sichern und nicht durch Errichtung von Filialgeschäften durch Altreichsdeutsche über den leichten Weg der Arisierung neue Schwierigkeiten während des Aufbaues in den Weg zu legen. Durch die immer wieder bei mir einlaufenden Berichte veranlasst, habe ich mich entschlossen, ohne erkannt zu sein, eine Informationsreise nach Wien zu unternehmen, und [ich] habe hier selbst festgestellt, dass die Lage weit schlimmer ist, als mir berichtet wurde."

Weinmüllers Vorgehen sei keinesfalls zu billigen; stattdessen sei „im Interesse der Sache in erster Linie an Liquidierung und nicht an Arisierung zu denken, denn nur jene schafft für die verbleibenden arischen Firmen einen gesunden Stand, der Aussicht auf Lebensfähigkeit hat". Er verwies auch auf die „Arisierungsbestimmungen" der „Ostmark", wonach Filialgründungen durch Erwerbung jüdischer Unternehmungen untersagt seien, und gab „vom allgemein wirtschaftlichen Standpunkt aus" zu bedenken, dass Wien mit seinen zwei Millionen Einwohnern über mehr Geschäfte verfüge als Berlin mit seiner doppelt so großen Bevölkerung und es außerdem das Dorotheum als Versteigerungshaus gebe. Folglich sei es der „natürlichste Weg", die große Anzahl der Geschäfte durch Auflösung der jüdischen Firmen auf einen wirtschaftlich tragbaren Stand zu verringern. Weinmüller besitze ein gut gehendes und existenzfähiges Unternehmen in München, und es sei für ihn absolut nicht notwendig, durch eine Expansion in die „Ostmark" „Partei- und Volksgenossen in ihrem kargen Verdienst zu schmälern". Auch Weinmüllers Behauptung, der einzige rein „arische" Kunstversteigerer in München zu sein, entspreche nicht den Tatsachen.18 

Aus einem von Trenkwald von der Kunstkommission der VVSt verfassten Schreiben an die NSDAP, Reichsleitung München, von Ende Februar 1939 geht hervor, dass Weinmüller, der ja bereits im August 1938 die Genehmigung der VVSt zur Übernahme der Firma S. Kende erhalten und bereits für Mitte März 1939 wieder eine Kunstversteigerung ausgeschrieben hatte, trotz der Querschüsse aus Wien und Berlin zum Zug kam. Von entscheidender Bedeutung scheinen dafür zwei von Trenkwald erwähnte Faktoren gewesen zu sein: das erwähnte, von Max Heiss aus München verfasste Empfehlungsschreiben, vor allem aber die Tatsache, dass Weinmüllers Ansuchen von der Kanzlei des Führerstellvertreters, Reichsminister Rudolf Hess, unterstützt worden war und diese auch gegen die von Schiviz vorgebrachten Bedenken gegen Weinmüllers Art des Geschäftsabschlusses „scharf Stellung genommen" hatte.19 

1940 wurde ein Teil der aus den Beständen der Firma S. Kende übernommenen Kunstobjekte – es handelte sich vor allem um graphische Blätter, Kupferstiche, Lithographien und Aquarelle – vom Kustos der Albertina Dr. Heinrich Leporini geschätzt. Im selben und im darauf folgenden Jahr wurde das Gros des ehemaligen Lagerbestandes verkauft, und zwar zumeist auf dem Versteigerungsweg im Dorotheum.

Geschäftsinhaber in Abwesenheit

Wie polizeiliche Ermittlungen in der Nachkriegszeit ergaben, war Weinmüller nach der „Arisierung" des Auktionshauses S. Kende in der Rotenturmstraße 14 zwar seit Mitte September 1938 in einer Wohnung im selben Haus gemeldet gewesen, hatte jedoch seinen tatsächlichen Wohnsitz in München gehabt. „Er kam nur ein- bis zweimal im Jahr nach Wien, um den Geschäftsgang der Firma zu überprüfen. Im Hause ist Weinmüller nicht bekannt", hieß es in einem Bericht der Polizeidirektion Wien vom 4. August 1947.20  In einem Erhebungsbericht von Anfang 1946 wurde festgehalten, dass Weinmüller nur zu Auktionen nach Wien gekommen sei und auch dann nie in der Rotenturmstraße, sondern in einem Hotel gewohnt habe.

Er war, wie aus einem Schreiben der Firmenbuchhalterin von Ende Mai 1941 hervorgeht, während des Krieges „im Auftrage der Geheimen Staatspolizei" auch im damaligen „Protektorat Böhmen und Mähren" tätig, während „der Geschäftsführer Dr. Franz Kieslinger im Auftrag des Reichsmarschalls Göring in den Niederlanden die Kunstschätze zu sichten" habe.21 

Der Kunstexperte Franz Kieslinger (1891-1955), der ab September 1938 als Geschäftsführer der „arisierten" Firma S. Kende fungierte, war zuvor Mitglied des Instituts für österreichische Geschichtsforschung und als Experte beim Wiener Dorotheum tätig gewesen. Zu seinen Spezialgebieten gehörten die Geschichte der österreichischen Glasmalerei und die mittelalterliche Kunst. Er wurde nach dem „Anschluss" von Blauensteiner zum beeideten Schätzmeister für ältere Kunst ernannt. Wie zahlreiche seiner Kollegen aus den Bereichen des Kunsthandels und der Museen war Kieslinger maßgeblich an der systematischen Erfassung jüdischen Kunstbesitzes beteiligt. Während der Jahre der NS-Herrschaft zählte er zu den aktivsten Schätzmeistern. Nach seinem Eintritt bei Weinmüller fand das Gros der von Kieslinger durchgeführten Schätzungen zugunsten des Auktionshauses Weinmüller statt.

Im Frühjahr 1940 folgte Kieslinger dem zuvor in der Reichsstatthalterei in Wien, Abteilung III, für kulturelle Belange zuständigen Staatssekretär Kajetan Mühlmann nach Holland. Der aus Salzburg stammende Kunsthistoriker Mühlmann, ein enger persönlicher Freund von Reichsstatthalter Arthur Seyss-Inquart, war zuvor im besetzten Polen mit dem Raub von Kunst- und Kulturgütern befasst gewesen. Nur einen Tag nach der Kapitulation der Niederlande, am 16. Mai 1940, wurde Mühlmann von Seyss-Inquart nach Den Haag berufen und dort mit derselben Aufgabe wie in Polen betraut. Franz Kieslinger wurde Mitarbeiter der neu geschaffenen „Dienststelle Mühlmann" in Holland. Er wurde ferner von Seyss-Inquart zum „Sammelverwalter" für die aus „feindlichem Besitz" beschlagnahmten Kunstobjekte ernannt. Nach der Inventarisierung wurde der Verkauf der Kunstwerke in die Wege geleitet. Neben den höchsten NS-Funktionären wurden die deutschen Auktionshäuser Lange und Weinmüller Hauptabnehmer der von der „Dienststelle Mühlmann" zusammengetragenen Kunstschätze, aber auch das Wiener Dorotheum wurde beliefert. Es ist davon auszugehen, dass aus Holland stammende Kunst- und Kulturgüter auch in der Wiener Zweigstelle des Auktionshauses Weinmüller in großem Rahmen zu Versteigerung gelangt sind.22 

„Verfallenes Judenvermögen"

Wie aus einer Meldung der Polizeidirektion Wien aus dem Jahr 1947 hervorgeht, ließ sich nach dem Krieg nicht mehr genau feststellen, wie viele der als Kaufpreis für die Firma S. Kende vereinbarten 48 Monatsraten von je RM 500 tatsächlich bezahlt worden waren und welchen Betrag Melanie Kende wirklich bekommen hatte.23  Weinmüller behauptete, an Melanie Kende Zahlungen in der Höhe von RM 15.000 geleistet und rund RM 4.200 für Forderungen der Angesellten und verschiedener Parteien ausgegeben sowie rund RM 4.200 an das Finanzamt abgeführt zu haben, womit praktisch der gesamte Kaufpreis beglichen worden sei.

Gemäß einem Schreiben der Abwicklungsstelle der VVSt an den Oberfinanzpräsidenten für Wien und Niederdonau vom 11. März 1943 war eine Restzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von rund RM 4.200 auf ein Verwahrungskonto der VVSt eingegangen. Da Melanie Kende jedoch im November 1939 nach Amerika geflüchtet war, hatte die VVSt den Betrag als „verfallenes Judenvermögen" im Sinne der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 zu Gunsten des „Deutschen Reiches" auf das Postsparkassenkonto Nr. 51 des Oberfinanzpräsidenten in Wien überwiesen.

Aktenmäßig belegt ist, dass Melanie Kende während ihrer letzten Monate in Wien bei der VVSt um die Freigabe der Monatsraten angesucht hat, die Weinmüller vereinbarungsgemäß auf das Sperrkonto hätte einzahlen sollen. Kende argumentierte, dass sie völlig mittellos dastehe und auch für die „arische" Erzieherin ihrer Kinder, Dora Antonie Born, die sie bereits seit 36 Jahren befürsorge, und die Tochter Ilse Maria Freud zu sorgen habe. Ihr Sohn Herbert Kende war offenbar bereits 1938 in die USA geflüchtet.

Öffentliche Verwaltung zu Kriegsende

Mit einem Schreiben des Magistratischen Bezirksamts Wien I., Referat für die Wiederaufnahme der Arbeit, wurde bereits am 27. April 1945 Maria Englisch, geborene Kulmann (Jahrgang 1890), die seit 1938 Buchhalterin, später Sekretärin des Auktionshauses Weinmüller gewesen war, als verantwortliche Geschäftsführerin eingesetzt. Mittels Dekret des Staatsamts für Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr vom 17. Juli 1945 wurde sie zur öffentlichen Verwalterin des in Besitz eines Nationalsozialisten befindlichen Betriebes bestellt und am 10. August 1945 ins Handelsregister eingetragen. Ihr Gatte, Richard Englisch, gehörte dem Unternehmen als Angestellter und Buchhalter an. Gemäß seinen Angaben hatte das Geschäft bei Übernahme der öffentlichen Verwaltung einen Schuldenstand von S 30.000 aufgewiesen.

Die vertriebenen Firmeninhaber, Melanie und Herbert Kende, hatten nach ihrer Flucht in die Vereinigten Staaten die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. Folglich stellte die US-Militärbehörde die Wiener Firma sicher und bestätigte Englisch mit Dekret vom 12. September 1946 in ihrer Funktion als Verwalterin.

Die Firmenräume, besonders die als Magazine und Werkstätten genutzten Lokalitäten, waren durch Bombentreffer während des Krieges stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Im Zuge der Befreiung Wiens im April 1945 wurde die Geschäftstätigkeit für kurze Zeit unterbrochen, weil die Geschäftsräume durch Angehörige der sowjetischen Streitkräfte genutzt worden waren. Während in den Monaten nach Kriegsende nur gelegentliche Verkäufe von Kommissions- und Eigenwaren durchgeführt werden konnten, fanden 1946 bereits wieder drei Kunstauktionen statt, die einen Bruttoertrag von rund S 130.000 einbrachten, 1947 vier weitere Auktionen.

Rückstellung des Betriebes

Melanie und Herbert Kende brachten am 21. Mai 1947 bei der Rückstellungskommission des Landesgerichts für Zivilrechtssachen in Wien den Antrag auf Restitution der „arisierten" Firma und Ausfolgung der Erträgnisse ein. Die Bestellung von Maria Englisch zur öffentlichen Verwalterin wurde mit einem Schreiben des Bundesministeriums für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung (BMVS) vom 28. Juni 1947 über Auftrag des Headquarters Vienna Area Command Military Government Section Legal & Property Control der US-Armee vom 27. Mai 1947 außer Kraft gesetzt, gleichzeitig wurde Englisch angewiesen, die Verwaltungsgeschäfte vorläufig weiterzuführen. Per Bescheid der Magistratsabteilung (MA) 69 vom 12. Februar 1948 wurde eine Überprüfung der Geschäftsgebarung der Firma angeordnet. Wie der Buchprüfer in seinem Bericht ausführte, schuldete das Münchner Stammhaus Weinmüller der Wiener Firma zu Beginn der öffentlichen Verwaltung rund S 351.000 aus gegenseitigen Lieferungen und Verrechnungen, während das Kapitalkonto Weinmüller der Wiener Firma einen Habensaldo von rund S 319.000 aufwies. Das aus den Gewinnen der Jahre 1945 bis 1947 gebildete neue Kapital der Firma betrug rund S 66.000. Englisch, die seit April 1945 auch in Weinmüllers Wohnung in der Rotenturmstraße 14 lebte, wurde bescheinigt, sie habe „die Führung der ihr anvertrauten Firma mit Umsicht, Interesse und guten Erfolgen besorgt. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der anlässlich der Übernahme der öffentlichen Verwaltung durch Frau Englisch laut Bilanz zum 30. April 1945 bestehende Kapitalfehlbetrag von S 31.403,92 nicht nur aufgeholt, sondern (…) in ein berichtigtes Kapitalguthaben von S 65.869,24 umgewandelt wurde."24 

War während der ersten Nachkriegsjahre die Wiener Magistratsabteilung 69 als Aufsichtsbehörde für das öffentlich verwaltete Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller zuständig gewesen, so ging diese Kompetenz Ende Mai 1948 an das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung (BMVS) über, weil es sich um ausländisches Vermögen handelte.

Aufgrund eines am 15. März 1948 ergangenen und ab 20. August rechtskräftigen Teilerkenntnisses der Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien war das Vermögen der „arisierten" Firma S. Kende im damaligen Umfang und Zustand zurückzustellen und die auf Weinmüller lautende Konzessionsberechtigung zugunsten der Antragsteller zurückzulegen. Per Bescheid des BMVS vom 13. September 1948 wurde die öffentliche Verwaltung aufgehoben und Maria Englisch abberufen. Die Geschäfte sollten unverzüglich an Melanie und Herbert Alexander Kende - zu Handen des Rechtsanwalts Dr. Ludwig Draxler - übergeben werden. Im Juni 1948 fand im Auktionshaus bereits wieder eine gut besuchte und erfolgreiche Kunst- und Bücherversteigerung statt.

Am 5. November 1948 wurde der Firmenwortlaut neuerlich abgeändert und lautete nun wieder „S. Kende". Die Firma bestand bis Jänner 1951 als OHG mit Herbert Alexander und Melanie Kende als Gesellschaftern und Maria Englisch als Prokuristin, danach war sie als „Kunstauktionshaus Kende Ges. m. b .H." im Wiener Handelsregister eingetragen. Laut Gesellschaftsvertrag vom 14. November 1950 hatten Melanie und Herbert Alexander Kende in Anrechnung auf ihre Stammeinlagen je zur Hälfte das von ihnen in der Rotenturmstraße 14 unter der Firma „S. Kende" betriebene Unternehmen im bilanzmäßigen Wert von S 35.000 in die Ges.m.b.H eingebracht. Die „Kunstauktionshaus Kende Ges. m. b H." bestand bis Mitte der 1950er Jahre: Am 17. Oktober 1955 wurde sie aus dem Handelsregister gelöscht.

Die Familie Kende hatte inzwischen in New York ein erfolgreiches Unternehmen der gleichen Art, die „Kende Galleries", aufgebaut. Dort wurden beispielsweise im März 1949 Kunstgegenstände aus dem Nachlass des aus Wien vertriebenen und 1944 in New York City verstorbenen Sammlers Oscar Bondy mit einem Gesamterlös von über 88.000 US-Dollar versteigert.25 

Ungeschoren entkommen

Gemäß einem Bericht der Polizeidirektion Wien von Juli 1947 war Adolph Weinmüller kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee nach München geflüchtet und hielt sich, wie vermutet wurde, nach wie vor dort auf. Noch im selben Jahr wurde gegen ihn vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien ein Verfahren gemäß § 6 Kriegsverbrechergesetz, also wegen so genannter „missbräuchlicher Bereicherung" im Zusammenhang mit der „Arisierung" der Firma S. Kende im Jahr 1938 eingeleitet. Gleichzeitig wurde Weinmüller im staatspolizeilichen Fahndungsblatt steckbrieflich ausgeschrieben. Zu einem Urteilsspruch kam es nie, denn das Verfahren wurde 1955 eingestellt.

Weinmüller starb drei Jahre später, 1958, im 72. Lebensjahr in München. Wie aus einem Nachruf in der Kunstzeitschrift „Die Weltkunst" hervorgeht, hatte er bald nach dem Krieg seine Karriere in Deutschland unbeschadet fortgesetzt: Bereits 1948 hatte er seine Kunstversteigerungen „mit amerikanischer Lizenz (…) wieder beginnen" können – zuerst im Bayerischen Hof, ab 1949 an einem neuen, repräsentativen Platz: im Palais Almeida in der Brienner Straße. „Zwei- bis dreimal jährlich rief er hierhin die Kunstinteressenten, die Sammler von überall her zu seinen im echtesten Sinne Münchener Auktionen. Mit größtem Fleiß und untadeliger Akribie sind die 71 Auktionskataloge gestaltet, die Weinmüller mit seinen Mitarbeitern herausgebracht hat." Während in dem nicht namentlich gezeichneten Nachruf jeder Hinweis auf Weinmüllers Rolle als „Ariseur" fehlt, fand der Verfasser überschwängliche Worte der Anerkennung für das berufliche Wirken des Verstorbenen. Weinmüller sei ein Mann gewesen, „dessen Wort etwas galt, eine farbige Persönlichkeit, in dessen [sic!] Beurteilung man jedes Vertrauen setzen durfte, ein knorriger Charakter, der aber mit tiefem Ernst die Verpflichtung seines Amtes, seiner Aufgabe fühlte. Urbild altbayerischer Zuverlässigkeit und immer etwas besessen von der ihm angestammten Liebe zum künstlerischen Wesen und Gegenstand; so hat er über den Tod hinaus Ruf und Solidarität seines Auktionshauses in der Empfänglichkeit aller, die auf seinen Auktionen Heimrecht hatten, verankert, und so wird die Lücke, die sein Tod in das Münchener Kunstleben gerissen hat, durch die nachlebende Erinnerung ausgefüllt werden."

Für die Zeitschrift „Die Weltkunst", hieß es in dem Nachruf weiter, sei Weinmüller ein besonderer Freund gewesen, der ihr beratend und helfend immer zur Seite gestanden sei. Sein „Hingang" sei „in ganz unmittelbarer Weise ein unersetzlicher Verlust".26 

  •  1 Als Quellen für diesen Beitrag dienten, wo nicht anders angegeben, folgende Akten: Wirtschaftskammer Österreich, Wien, Registerblatt I für Einzel- und Gesellschaftsfirmen, S. Kende; Wiener Stadt- und Landesarchiv (WrStLA), Magistratsabteilung (M. Abt.) 119, A 25 (Öffentliche Verwalter), Schachtel 221, Zl. 3256 (Weinmüller) sowie A 12, Schachtel 21, Zl. 515 (Weinmüller); WrStLA, M. Abt. 119, A 41 (Anmeldung entzogener Vermögen), 1. Bezirk, Zl. 280 (Firma S. Kende); Strafsache gegen Adolph Weinmüller vor dem Landesgericht für Strafsachen (LG St) Wien, Vg 8 e Vr 313 / 55, 15 St 9422 / 55; Österreichisches Staatsarchiv / Archiv der Republik (ÖStA / AdR), 0 6, Vermögensverkehrsstelle (VVSt), St. 706, Ktn. 583, S. Kende / Weinmüller; ÖStA / AdR, 0 6, Finanzlandesdirektion (FLD), Zl. 5484 (Melanie Kende); Magistrat Wien, M. Abt. 63, Zentralgewerberegister, Generalkatasterblätter: S. Kende; Samuel Kende; Melanie Kende; Adolph Weinmüller.

  •  Ein Projekt mit dem Titel „Die jüdischen Kunst- und Antiquitätenhandlungen im Wien der Zwischenkriegszeit", eingereicht von Gabriele Anderl, wurde 2004 von der Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien gefördert. Unter den nicht unproblematischen Begriff „jüdischer Betrieb" werden dabei jene Unternehmen subsumiert, deren Besitzer nach 1938 vom NS-Regime auf Basis der Nürnberger Gesetze verfolgt worden sind.

  • 2 Sophie Lillie, Was einmal war. Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens, Wien 2003, S. 580 ff.

  •  3 Lillie, Was einmal war, S. 994. Die über das Auktionshaus Weinmüller vom Kunstgewerbemuseum erworbenen Objekte wurden erst gemäß dem Kunstrückgabegesetz von 1998 restituiert.

  •  4 Lillie, Was einmal war, S. 1209 und 1212; Gabriele Anderl, „Kostbarkeiten, gemischt mit Trödel …" Die „Abwicklung" jüdischer Kunst- und Antiquitätenhandlungen in Wien während der NS-Zeit, in: Verena Pawlowsky / Harald Wendelin (Hrsg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe – Österreich von 1938 bis heute, Wien 2006, S. 42 ff.

  •  5 Zu den Hausversteigerungen siehe Alexandra Caruso, Raub in geordneten Verhältnissen, in: Gabriele Anderl / Alexandra Caruso (Hrsg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck – Wien – Bozen 2005, S. 90 ff.

  •  6 Zu den Leihgebern hatte etwa Rudolf Bittmann gehört, der das Aquarell „Der Rathausplatz mit dem Rathaus in Brüssel" zur Verfügung gestellt hatte. Das Bild war offenbar bis 1938 nicht an den Besitzer retourniert worden; es verschwand im Zuge der „Arisierung" des Auktionshauses S. Kende. Siehe dazu Sophie Lillie, Was einmal war, S. 172 ff.

  •  7 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, von Rechtsanwalt (RA) Dr. Stephan Lehner erstelltes Gedächtnisprotokoll über eine mündlich getroffene Vereinbarung zwischen Adolph Weinmüller und der prot. Firma S. Kende, 13.5.1938.

  •  8 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Gesuch von Adolph Weinmüller, vertreten durch RA Dr. Stephan Lehner, um Genehmigung des Erwerbes der prot. Firma S. Kende, gerichtet an die Reichsstatthalterei, Österreichische Landesregierung, Wien, 15.5.1938.

  •  9 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Lebenslauf von Adolph Weinmüller, 31.5.1938; Nachruf auf Adolph Weinmüller in: Die Weltkunst, Jg. 28, 1958, Heft 8, S. 6. Für die Hilfe bei meinen Recherchen über Weinmüllers Tätigkeit in Deutschland danke ich Frau Ulrike Grammbitter und Herrn Hinterberger vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München sowie Frau Regine Sonntag von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München (Neue Deutsche Biographie, Historische Kommission).

  •  10 Jonathan Petropoulos, The Faustian Bargain. The Art World in Nazi Germany, London 2001, S. 66 und S. 296, FN 9 und 10.

  •  11 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Der Landeskulturwalter, Gau München – Oberbayern, Landesleiter für bildende Künste, an RA Dr. Stephan Lehner, Wien, 22.6.1938.

  •  12 ÖStA / AdR, 0 6, St. 706, Schreiben mit Stampiglie des „Kommissarischen Leiters aller Institutionen für Bildende Kunst", gez. von Baurat h. c. Marcel Kammerer, geschäftsführender Stellvertreter, o. D.

  •  13 Trenkwald verfasste Mitte 1939 ein Elaborat mit dem Titel „Verwertung des in nichtarischem Besitz befindlichen Kunst- und Kulturgutes", das mit der Feststellung begann: „Den Juden ist das in ihrem Besitz befindliche Kunst- und Kulturgut, an dem ihre Rasse schaffend nie beteiligt war, zu entziehen und in arische Hände zu bringen." Zit. bei Theodor Brückler (Hrsg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich 1938 bis heute, Wien – Köln – Weimar 1999, S. 190.

  •  14 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, internes Schreiben der VVSt, Dr. Eder an Pg. von Meissl, Betreff: Galerie Kende, 9.8.1939.

  •  15 Die „Entjudungsauflage" oder „Arisierungsgebühr" war eine dem Käufer zusätzlich zum Kaufpreis vorgeschriebene Gebühr, die in die staatlichen Kassen floss.

  •  16 Die Konzessionsberechtigung lautete gemäß Konzessionsurkunde vom 8. November 1942 (gewerbsmäßiger Verkauf beweglicher Sachen im Wege öffentlicher Versteigerung) und die darin enthaltende Gewerbeberechtigung laut Gewerbeschein vom 20.1.1941 (Einzelhandel mit Ölgemälden, Aquarellen und Kunstgegenständen) und vom 19.6.1941(Verschleiß von alten und neuen Kupferstichen und Lithographien) auf Adolph Weinmüller als Alleininhaber.

  •  17 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Gilbert von Schiviz, Wien, an die Reichskammer der bildenden Künste, Wien, 23.9.1938.

  •  18 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, der Leiter der Fachgruppe „Versteigerer" in der Reichsgruppe Handel (Unterschrift unleserlich), Berlin, an die VVSt, Wien, 27.10.1938

  •  19 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Dr. Trenkwald, Kunstkommission der VVSt, an die NDSAP, Reichsleitung München, 24.2.1939, Betreff: Fa. S. Kende Wien, Übernahme durch Adolph Weinmüller.

  •  20 Berichte der Polizeidirektion Wien, 17.7.1947 und 4.8.1947, LG St Wien, Vr 313 / 55 (5502 / 47), Bl. 43 f. und 53.

  •  21 ÖStA / AdR, 0 6, VVSt, St. 706, Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller, gez. Kulmann (Buchhalterin), an die Abwicklungsstelle der VVSt, 24.5.1941.

  •  22 Zu Mühlmann und zur Dienststelle Mühlmann siehe Petropoulos, The Faustian Bargain, S. 170 ff., Gerard Aalders, Geraubt! Die Enteignung jüdischen Besitzes im Zweiten Weltkrieg, Köln 2000, S. 91 und 113 ff., sowie Gert Kerschbaumer, Meister des Verwirrens. Die Geschäfte des Kunsthändlers Friedrich Welz, Wien 2000, S. 50 ff. Zu Franz Kieslinger siehe Caruso, Raub, S. 90 ff. Aalders verweist auf die Parallelen, aber auch die Unterschiede in Mühlmanns Tätigkeit in Polen auf der einen und in den Niederlanden auf der anderen Seite. In Holland wurde ein großer Teil der requirierten Kunst- und Kulturobjekte käuflich erworben, wobei jedoch fast immer direkter oder indirekter Druck im Spiel war.

  •  23 „Ob der Kaufpreis und (…) [die] Entjudungsauflage (…) bezahlt worden sind, kann mangels entsprechender Unterlagen nicht mehr festgestellt werden", heißt es in dem Bericht über die von Karl Ziegler 1948 durchgeführte Prüfung beim Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller. WrStLA, M. Abt. 119, A 12, Nr. 515, Mappe 21, Dr. jur. Karl Ziegler, Steuerberater und Vereidigter Buchprüfer sowie ständig beeideter gerichtlicher Buchsachverständiger, Wien, Bericht über die im Auftrage des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 60, durchgeführte Prüfung bei der Firma Wiener Kunstversteigerungshaus Adolph Weinmüller, öffentliche Verwaltung Maria Englisch, Wien 1., Rotenturmstraße 14, 12.5.1948.

  •  24 Ebenda.

  •  25 Lillie, Was einmal war, S. 245.

  •  26 Nachruf auf Adolph Weinmüller in: Die Weltkunst, Jg. 28, 1958, Heft 8, S. 6.